Zur Meinungsfreiheit westlicher Gesellschaften 
zählt das Recht zur missverständlichen Überzeichnung.
   
04.01.2010 - dradio.de

 


Kulturkalender


27. Februar 1888

Geburtstag von
Lotte Lehmann
 

  Sie war neben der Jeritza eine der berühmtesten Sängerinnen des 20. Jahrhunderts, sie war, so wie diese, Ariadne, sie war Marietta, sie war Turandot - neben ihr als Kalaf   d e r   Tenor, mit dem Lohengrin als 19-Jährigem in Brünn beginnend und 1934 als Canio in Wien seine Karriere beendend - Leo Slezak, der die Lehmann wie folgt charakterisierte:

„Sie besaß das Geheimnis, das einzige Geheimnis,
das wir haben: Herz.
Ein Ton, der aus dem Herzen kommt,
geht dem Hörer zu Herzen,
vielleicht weiß er nicht einmal,
was eigentlich ihm solche Freude bereitet,
was ihn so zufrieden und glücklich macht.“

Göring verlangte von ihr, sich dem NS-Kulturbetrieb zur Verfügung zu stellen. Als sie sich weigerte, wurde sie auf die Liste der Musik-Bolschewisten der NS-Kulturgemeinde gesetzt und so blieb ihr ab 1938 auch die Wiener Staatsoper verschlossen.

Nach dem Anschluss Österreichs verließ sie Europa, sang bis 1951 an der Met und unterrichtete bis zu ihrem Tod 1976 in St. Barbara, Kalifornien u.a. Grace Bumbry und Marylin Horne.

In Perleberg wird jährlich die Lotte-Lehmann-Woche ausgerichtet.


http://www.lotte-lehmann-woche.de/

 

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Lotte Lehmann charakterisierte sich nicht als exakte Künstlerin, sie gehe auf die Bühne und lebe die Rolle, dabei sei es ihr nicht so wichtig, mal eine falsche Note zu singen, der Ausdruck sei maßgeblich.

Dass sie dabei auch ohne Rücksicht auf sich gesungen hat, die Technik schon mehr Nebensache war, zeigte sich dann durch die Abnutzungserscheinungen.

Ihre Fidelio-Leonore von 1927 an der Wiener Staatsoper muss durch den Ausdruck von Angst, Mut, Verzweiflung, Kraft, die sie bis ins Finale mit der 'namenlosen Freude' vermitteln konnte, fulminant gewesen sein.

Die Unruhe in der Agathen-Arie, die Sehnsucht nach dem Geliebten, seien von ihr so anrührend und 'die jagenden Pulse' so jubelnd dargeboten worden, dass die Interpretation der Rolle alle überzeugte.

Bruno Walter hatte mit ihr die Isolde studiert, Clemens Krauss schon für Wien Termine gemacht und doch hörte sie auf die Warnungen der Kollegen Leo Slezak und Lauritz Melchior und ließ es sein - zu ihrem eigenen großen Bedauern.

Aber sie war eine Sängerin für die Partien Marschallin, Komponist, Ariadne, Mimi, Tosca, Butterfly - aber eben keine schwere Wagner-Heroine. Was sie sich gönnte, waren Sieglinde und Evchen.

Ganz aus ließ sie Mozart - sie hielt sich selber für eine zu wenig ausgeprägte 'Belcantistin'.


 

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Um 'Missverständnisse' zu vermeiden:

Als Zeitungs- / Theater-Abonnent und Abnehmer von voll bezahlten Eintrittskarten aus dem freien Verkauf verstehe ich diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der Kritik willen, sondern als Hinweis auf - nach meiner Auffassung -
Geglücktes oder Misslungenes.

Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und Satire.

Hierfür nehme ich den Kunstvorbehalt nach Artikel 5, Grundgesetz, in Anspruch.

Marie-Louise Gilles