|
|
Zitat aus der HAZ vom 28. Januar 2017
Von Ronald Meyer-ArIt
Relevanzverstärker
gesucht
Das kann man fast alles unterschreiben: Die neue Intendanz
für die Oper soll das Haus „künstlerisch anspruchsvoll und
repräsentativ leiten". Und sie soll „Freude am Musiktheater
verbreiten". Das fordert die Bürgerintiative
Opernintendanz", die sich mit dem Ziel gegründet hat, die
Wahl des neuen Opernintendanten in ihrem Sinne zu
beeinflussen. Die Mitglieder fordern auch ‚respektvollen
Umgang mit den Werten unserer Theaterkultur: Ihren Aufruf
schließen sie mit den Worten: „Für die Zukunft unserer
Oper!" und ‚Damit Hannover wieder glänzt!'
Die Frage wäre, ob eine Opernintendanz, die den
„respektvollen Umgang mit den Werten unserer Theaterkultur"
ins Zentrum ihrer Anstrengungen stellt, es wirklich schaffen
könnte, die Oper zum Glänzen zu bringen. Solch eine
Intendanz stünde für ein Theater von gestern, das keine
Strahlkraft besitzt, sondern gemütlich vor sich hin funzelt.
Die Oper darf kein Theatermuseum sein. Man braucht als
Leiter keinen Museumswärter. Schon gar nicht nach Michael
Klügl und Lars-Ole Walburg, die Oper und Schauspiel auf ihre
eigene (manchmal unbequeme) Art vorangebracht haben.
Bei der Wahl der Intendanten für Oper und Schauspiel kommt
es darauf an, jemanden zu finden, der das Wagnis liebt und
die Herausforderung, der leidenschaftlich ist und kühn, und
der weiß, dass das Theater eine Institution des steten
Wandels ist. Es kommt nicht darauf an, jemanden zu
installieren, der das Geschäft so verwaltet, dass sich
keiner gestört fühlt. Mit 61 Millionen Euro werden Oper und
Schauspiel in Hannover jedes Jahr vom Land gefördert. Das
Geld sollte zu mehr gut sein als allein zur Bewahrung der
Hochkultur. Es sollte auch dazu dienen, Gold zu schürfen und
Neuland zu betreten. Theater ist ein Experimentierfeld und
ein Ort, an dem das Scheitern gefeiert werden darf. Insofern
muss jemand kommen, der das Scheitern nicht fürchtet. Einen
Allesrichtigmacher wird es als Intendanten sowieso nicht
geben. Und einen Patriarchen auch nicht.
Die
oder der Neue muss Vernetzer, Ermöglicher, Visionär sein.
Sie oder er muss uns mitnehmen auf eine Reise ins
Unbekannte. Und nicht nur uns, die wir ohnehin an Bord sind.
Er muss neue Zuschauer gewinnen, die Jungen, die
Skeptischen und die, die neu sind im Land. Das Theater ist
heute nicht mehr so wichtig wie früher. Also müsste der neue
Chef, die neue Chefin vor allem ein Relevanzverstärker sein.
Das kann keiner allein. Das schafft nur ein Teamspieler.
Zitatende
|
Bemerkungen zu o.a. Artikel
Es freut mich,
dass die HAZ dem Thema ’Opernintendanz’ in der Ausgabe vom Sa.
28.1.2017 so viel Raum einräumte.
Mit aller Entschiedenheit muss ich widersprechen, dass von mir ein
Theater von gestern gewünscht wird, das keine Strahlkraft besitzt,
sondern gemütlich vor sich hinfunzelt.
Opernfreunde, die das Überstülpen privater Probleme der Regisseure,
die meist vom Schauspiel kommen, über die Meisterwerke der
Musiktheaterliteratur ablehnen, sind keine 'senilen Trottel'.
’Der Freischütz’, ’Rusalka’, jetzt gerade ’Die verkaufte Braut’,
’Werther’, ’Macht des Schicksals’, die ’NVA-Tosca’, in der das Te
Deum singende junge Pioniere der DDR mit Schildern ’Viva il re’
herumlaufen - dokumentieren inszenatorische Mätzchen am
Bildungsauftrag vorbei zu Lasten des Steuerzahlers.
Dies alles unter der Leitung des Herrn Dr. Klügl, dessen Vertrag ja
gerade von der Grünen-Ministerin mit Hinweis auf dessen
künstlerische und wirtschaftliche Qualitäten verlängert wurde.
Dass Produktionen nicht die Bedürfnisse des Publikums in Hannover
treffen, zeigen die schwachen Auslastungszahlen, der oft
geschlossene dritte Rang, das Verschenken von Karten nach der Devise
’buy one, get one free’, vorzeitiges Absetzen der Produktionen
mangels Publikum – und dabei spielt das Haus ja überhaupt nur an 20
von 30 Tagen im Monat. Der Apparat läuft aber unter Volldampf ’ohne
Passagiere’, sprich Zuschauer/Zuhörer weiter.
Die Kapelle an Bord der Titanic spielte auch noch, obwohl den
Menschen das Wasser ’bis zum Hals’ stand.
Läuft das unter ’gute wirtschaftliche Unternehmensführung’?
Das ehemalige Publikum der Nds. Staatsoper Hannover trifft sich
heute im Cinemaxx zu Übertragungen aus der Met und Covent Garden.
Für die Besetzung der Planstelle der Opernleitung ab 2019 hat eine
öffentliche Ausschreibung zu erfolgen. Es geht nicht an, dass der
künstlerische Stil und die wirtschaftliche Leistungskraft der Oper
der Landeshauptstadt mit Wahl der Intendanz von einer Juristin und
einem früheren Verwaltungsangestellten vom Theater Ulm in
irgendeinem Hinterzimmer entschieden wird.
Die Bevölkerung verlangt Transparenz.
|