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Abschiedsrede

Richard Wagner Verband Hannover

12.10.2014
 

 
 

Gesetze -
Zensur -
Freiheit -
political correctness -
Terror


Was haben Gesetze und Freiheit - Zensur und Terror mit Richard Wagner zu tun?

Er lebte in einer Zeit, in der von 'Gott gesandte' Kaiser und Könige und Fürsten die Gesetze machten, eine freie Meinungsäußerung lebensgefährlich war und jeder weiß, dass Richard Wagner ein politisch Verfolgter war. Trotzdem achtete er Gesetze, vor allem die, die seinen Beruf betrafen:
Die Gesetze der Harmonielehre, die Gesetze zum Aufbau eines Musikdramas.

Er war so schlau, seine Werke in mythische Zeiten oder in ein erträumtes Mittelalter zu versetzen, litt also nicht unter der Zensur wie sein italienischer Kollege und Zeitgenosse Giuseppe Verdi.
Sehr intensiv hat er sich mit germanischem Stammesrecht, dem flandrischen Recht, der Hierarchie der Götterwelt und ihren Rechten befasst, aber am Ende sollte bei ihm Mitleid und Liebe siegen - natürlich leider zu Lasten der Frauen - und das geht auch nicht ohne Rechtsordnung.

Revolutionen, der Erste und der Zweite Weltkrieg haben der westlichen Welt eine freiheitliche Rechtsordnung gebracht, die aber immer gefährdet ist durch Gleichgültigkeit, Gewohnheit, political correctness und im Gegenzug hereinbrechende totalitäre, religiöse Terrorsysteme.

Fast weltweit werden die 1948 proklamierten Menschenrechte anerkannt, die zu lesen sich immer wieder lohnt.

Was hat das mit Kunst zu tun?

Richard Wagner, Richard Strauss und einige Zeitgenossen hatten das seit 300 Jahren gültige tonale System so ausgedehnt, dass es folgerichtig von Arnold Schönberg abgeschafft wurde, indem er die 12 Halbtöne für gleichberechtigt erklärte.
Jeder Komponist experimentierte, um sein eigenes Kompositionssystem zu erstellen.
Im Gegenzug erleben wir die Pop-Musik, die in ihrer primitiven Tonalität die Massen beherrscht.

In der bildenden Kunst ist es genauso. Wenn ein heutiger so genannter Künstler behauptet, das, was er da zusammenschmeißt ist 'Kunst', dann ist das 'Kunst'.
Dies hörte ich kürzlich in einer Ausstellung in Hamburg.

Was hat das mit dem Musiktheater zu tun?

Den dauernd missverstandenen und in falschem Zusammenhang zitierten Satz Richard Wagners:
'Kinder macht Neues', der in einem Brief an Liszt vom 8. September 1852 gerichtet war - er bezieht sich auf Berlioz, den er kritisiert, er solle besser ein neues Werk zu schreiben, statt jahrelang an seinem Benvenuto Cellini herumzubasteln - nahm eine Gruppe von Theatermachern, Redakteuren, Dramaturgen, die seit Ende der Siebziger sich breit machen als Legitimation, vornehmlich Werke Richard Wagners umzukrempeln, auf den Kopf zu stellen, Falsches überzustülpen und jedes Bühnenstück nur noch als Rohstoff für ihre wirren Ideen, privaten Probleme und Mätzchen zu benutzen.
Gestützt von der gelangweilten und erlebnisgierigen Journaille, erfreut durch das Buh-Geschrei des Publikums - 'Na, endlich haben wir unseren Skandal, der uns bekannt macht' - werden sie von den Intendanten gehätschelt, erhalten Honorare von Zig-Tausenden, während die Solisten auf der Bühne jährlich zum Abschuss freigegeben werden oder nur noch Stückverträge bekommen.

Was hat das mit Bayreuth und den Richard Wagner Verbänden zu tun?

Ein Verband äußerte sich 2008 anlässlich eines völlig verunglückten Holländer – Peter Konwitschny war damals Chefregisseur in Leipzig:

Zitat
Leipziger Erklärung der Richard Wagner Verbände
der neuen Bundesländer und Berlins
[...]
Die versammelten Richard Wagner Verbände einigten sich
darauf, ein verstärktes Augenmerk auf die Verantwortung
der Intendanzen gegenüber dem Werk Richard Wagners
und der Interpretation durch die Regisseure zu legen.

Zitatende

Trotzdem gab es weiterhin von Jahr zu Jahr miserablere Vorstellungen, die in Bayreuth damit zusammenhingen, dass der Begriff ’Werkstatt Bayreuth’ um sich griff.

Dieter-David Scholz - Musikjournalist, Rezensent und „Spezialist“ in Sachen Musiktheater im Allgemeinen und Richard Wagner im Besonderen - schrieb 2010 in einem Artikel für die 'Deutsche Welle':

Wolfgang Wagner habe 'mit seinem Werkstattgedanken den künstlerischen Niedergang der Festspiele' eingeleitet.

Wenn in einer 'Werkstatt' kein Meister mehr tätig ist, sondern nur Praktikanten, wildgewordene Egomanen, dann sind die Ergebnisse entsprechend.

Der Wagner-Interpret Barrie Kosky, der hier in Hannover den 'Ring' in den Sand setzte (ein Hauptsponsor meinte mir gegenüber, wenn wir das gewusst hätten, was dabei herauskam, hätten wir unser Geld dafür nicht gegeben), steht vor der Tür, dazu Jonathan Meese, dessen Geschmiere und seine Hitler-Gruß-Performance für die 'Diktatur der Kunst' stehen, wird sich im Festspielhaus breit machen.

Hinzu kam der Kongress in Graz, wohin ich, um den erkrankten Gunnar Lundin, dessen Systematik und Formalismus ich schätzen lernt, gerne zu entlasten für teures Geld flog, der beschämend ablief.
Dem gewählten Vorstand gelingt hoffentlich ein Neuanfang.

Mitgliedern des RWV-Hannover liegt Kunst am Herzen, die hin und wieder zu den Veranstaltungen kommen, die Reisen mitgemacht haben, es genossen, wenn ich meine Berichte verlas, die anfangs humorvoll, dann satirisch, schließlich wegen unerträglicher Vorstellungen - siehe Bremen 'Rienzi', 'Tannhäuser' als billiger Krimi usw. aufgegeben wurden.

Es gibt Meinungsfreiheit, die ihre Grenze hat, wenn jemand beleidigt und diffamiert wird - das ist eine Straftat.

Es gibt Religionsfreiheit, die erlaubt, dass jeder an irgendetwas glauben darf - oder auch nicht.

Gesetze regeln das Zusammenleben und die Freiheit hat da ihre Grenze wo einem Mitmenschen Schaden zugefügt wird.
Mord, Totschlag, Diebstahl, Betrug sind Straftaten!

Die Zensur ist überwunden!
Joseph Beuys hat verkündet: 'Jeder Mensch ist ein Künstler!
Also, wenn ich behaupte: 'Das ist Kunst, dann ist das Kunst'!

Das ist die Freiheit der Kunst!

Immerhin wies Frau Märtson anlässlich des 'Holländer' in Würzburg’ am 22. September 2002 - damals war sie noch nicht RWVI-Präsidentin - darauf hin, dass es in Bezug auf 'Freiheit' Grenzen gebe.

Bewirkt hat das nichts.

Gäste kamen und Gäste gingen -
- in Bayreuth erschien jemand, der kein Wort deutsch sprach und
  inszenierte -
- einer, der ein paar Operetten gemacht hatte das Publikum in
  Bremen wollte ihn lynchen (ich war dabei) und inszenierte -
- ein Schriftsteller inszenierte -
- ein Performer, der Städte beschimpfte: 'Ich mach dich fertig
  Regensburg' (ich war dabei) und inszenierte -
- dann der Chef der Volksbühne
- wie meinte Claus Peymann, Intendant des Berliner Ensembles
  kürzlich:
  "Castorf zertrümmert noch, der hat noch nicht gemerkt, dass es in
   die andere Richtung geht“.

Der ließ für viel Geld in Bayreuth ein bombastisches Bühnenbild der amerikanischen 'route 66' bauen, beklagte sich, dass in der Musik alles ordentlich sei, er brauche Chaos - und inszenierte.

Kritiker warten auf den Skandal und sagen wie Detlef Brandenburg in der letzten Ausgabe des intendantengebundenen Fachjournals ’Die Deutsche Bühne’ in Bezug auf den Regisseur der jetzigen ’Meistersinger’ in Bremen:
'Ich bin gespannt, was er aus dem Stück macht?!

Fragt man Juristen, rennt man gegen eine Gummiwand aus political correctness:
'Das ist die Freiheit der Kunst!'

Lehrer/Innen schämen sich mit ihren Schülern, mit denen sie die Werke im Unterricht besprochen haben, ins Theater zu gehen, wo dann Hamlet über Apfelsinenkisten balanciert oder sich im Rindenmulch wälzt wie an Ostermayers Schaubühne in Berlin oder Ferdinand von Walter in Schillers ’Kabale und Liebe’ am Deutschen Theater in Berlin an Steigeisen die Wände hochklettert.

Was hinterlassen wir mit solchen Inszenierungen auf den deutschen Bühnen den folgenden Generationen und wie soll unter solchen Umständen eine Integration von Asylanten und Flüchtlingen funktionieren?
Was für ein Bild bekommen diese nun nach Deutschland strömenden Menschen von uns?

Auf dem Theater sehen sie Chaos, Täuschung, Irreführung.
Die großen Werke der Theaterliteratur werden lächerlich gemacht, dekonstruiert und zertrümmert, zu Tode experimentiert wie arme Laborkaninchen - von den gequälten Sängern und Darstellern ganz zu schweigen.
Und wir lassen das zu, stellen dafür Steuergelder bereit.

Damit schafft sich Deutschland langfristig doch ab.

So wie alle Freiheit Grenzen dort hat, wo sie zum Schaden wird, sollte auch der Betrug im Namen der Freiheit der Kunst eine Grenze haben.

Das Werk Richard Wagners ist gedanklich so reich, dass es mit wechselnden technischen Mitteln aus dem Stück heraus - ohne Unsinniges drauf zu klatschen, unendlich weitgefächert interpretiert werden kann.

Aber mit echt deutscher Lust an der Selbstzerstörung lassen wir zu, dass das weltweit abgelehnte 'german trash theater' wie eine Pest- oder Ebola-Epidemie eine Spur der Zerstörung kultureller Werte hinterlässt.



Es hat mir Freude gemacht, für das 'Hundertjährige' des RWV-Hannover ein erstklassiges Liebhaber-Orchester, zwei Chöre, ein schönes Programm, einen guten Sopran - Betsy Horne - den wunderbaren Albrecht Pöhl, eine sinnvolle Moderation und den großen NDR-Sendesaal aus dem Hut zu zaubern.

Es hat mir Freude gemacht, Ihnen bei unseren 'Jour fixes' Persönlichkeiten aus dem Musik- und Theaterleben herbeizuschaffen.

Es hat mir Freude gemacht, Ihnen zusammen mit jungen Künstlern die Instrumente im Orchester Richard Wagners vorzustellen.

Es hat mir Freude gemacht, die Stipendiaten für Bayreuth herauszusuchen - diesen Sack Flöhe zu bändigen - und jedes Jahr ein schönes Konzertprogramm zu liefern.

Es hat mir Freude gemacht, 2013 'Ein Fest für Richard Wagner' zu gestalten, die Programme zu erfinden, den NDR weichzuklopfen, dass die Radio-Philharmonie mit ihrem fabelhaften Chefdirigenten Gullberg-Jensen das von mir erfundene Programm spielt, zusammen mit Christian Schütte die Sponsoren weichzuklopfen, die Engagements von Stargast Camilla Nylund, dem Mädchenchor und Männerstimmen zu engagieren, unseren ehemaligen Stipendiaten Mareike Bielenberg, Stephanie Rüther, Daniel Eggert - dem NDR zu empfehlen und Proben zu machen.

Es hat mir Freude gemacht, ein Programmheft mit Beiträgen namhafter Künstler wie Camilla Nylund, René Kollo, Cornelius Meister, Bernd Weikl und Hans-Peter Lehmann für das Fest für Richard Wagner zu gestalten.

Es hat mir Freude gemacht, Wissenschaftler für unser Symposium zu interessieren, die Hochschule einzubinden, zu bearbeiten, ein Theater für den Lohengrin zu interessieren, ein Ensemble zusammenfinden, Proben zu leiten, Werbung zu initiieren und das alles unter den Augen des Schatzmeisters.
Aber es ging finanziell völlig glatt aus und es wurde ein Überschuss erwirtschaftet.

Dann war ich mit in Bayreuth und erlebte zwar eine muntere Stipendiatenschar, unter anderem einen Herheim-Parsifal - der gedanklich und handwerklich beeindruckend - mit den Intentionen des Bühnenweihfestspiels Richard-Wagners aber überhaupt nichts zu tun hatte.

Laurenz Lütteken, Professor für Musikwissenschaft an der Universität Zürich bemerkte am 24. September 2014 – also vor drei Wochen – in einem Artikel, den mir letzte Woche Christian Schütte ans Herz legte:

Nach ihm handelt es sich ’beim Regietheater’um einen Prozess der fortwährenden szenischen Destabilisierung, dessen Grenzen nach etwas mehr als einer Generation weitgehend erodiert sind.’
und weiter:
’Die Erarbeitung einer schwierigen Partie sei heute von einer solchen Flut szenischer Extravaganzen überschattet, dass die Aufführung nicht selten Schaden oder sogar Schiffbruch durch immer schwerer erträgliche Last entgleister Bildwelten erleidet.
Was sollen die Pappschachteln im Hause von Kapitän Daland in Bayreuth?
Was die Fäkalienhebeanlage im Tannhäuser von Bayreuth –

Entspricht das der Maßgabe in den Satzungen der meisten RW-Vereine, sich für Bayreuth einzusetzen?
Oder was ist damit gemeint?

Im Protokoll der Sitzung des RWVI vom 9. November 2011 hieß es

Zitat:
Ganz deutlich stellt Frau Märtson allerdings dar, dass der RWVI
den Bayreuther Festspielleiterinnen nicht sagen wird, was sie zu tun haben und was zu lassen!
Es wäre anmaßend, wenn wir als RWVI in die künstlerischen Belange der Festspiele eingreifen würden!

Zitatende

Ist das so?
Was ist die Konsequenz?

Politiker sind auf den Plan gerufen und es wird gespart.
Sparten werden abgeschafft, Theater werden geschlossen.
Gerade droht Ministerpräsident Erwin Sellering von Mecklenburg-Vorpommern mit Theaterauflassungen.

Da muss man doch wohl dem Präsidenten von Hohenhau vom Bund der Steuerzahler und nun auch den Rechnungshöfen Recht geben, die feststellen, wenn die Theater – auch Bayreuth - das so machen wollen, dann sollen sie die Finanzen selber regeln, aber nicht öffentliche Gelder unter Missachtung des vom Gesetzgeber vorgegebenen Bildungsauftrages verschwenden.

Die Landesregierung in Stuttgart ist durch ein Gutachten des Rechnungshofes aufgefordert, unten am Fuß der Leiter anzufangen.
500 Studienplätze und 50 Professoren-Stellen an Musikhochschulen sollen – allein nur in Baden-Württemberg - aufgegeben werden, da durch Kürzungen der Budgets und damit Fehlen von Planstellen bei Theatern, Kirchen und sonstigen Institutionen die Absolventen nach Jahren des Studiums keine Anstellung finden und somit in die Arbeitslosigkeit – und damit wieder zu Lasten des Steuerzahlers - ausgebildet werden.

In diesen Strudel der Vernichtung deutschen Kulturgutes möchte ich nicht hineingezogen werden und da den von mir beschriebenen Vorgängen seitens des RWV Hannover in Bezug auf die Produktion von Werken Richard Wagners – wo auch immer - nichts entgegengestellt wird --- verabschiede ich mich und ich werde mich - selbst wenn mir Mitleidende in den Ohren liegen, ich solle mich an die Spitze einer Gegenbewegung stellen, diesem Wunsch nicht nachkommen, denn RW-Vereine lieben ja ’modische Inszenierungen’.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
 

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Es gilt das gesprochene Wort.