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Der fliegende Holländer
Oper von Richard Wagner
Romantische Oper in drei
Aufzügen WWV 63 (1843 / 60)
Dichtung vom Komponisten nach
Heinrich Heines
Aus den Memoiren des Herrn von
Schnabelewopski (1834)
Auf dem Spielplan seit der
Premiere der Inszenierung
am 11. Februar 2017
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Das Meer: aufgepeitschte Wellen,
sprühende Gischt, brausender
Wind, ein Klang von Abenteuer;
der Mensch auf seinen Schiffen,
jederzeit der Katastrophe des
Schiffbruchs in der
unbezähmbaren Naturgewalt der
See ausgesetzt. Der Holländer:
Er hat sich in die Stürme
geworfen, Flauten und
unberechenbaren Luftströmen
getrotzt, um seine Ziele in den
fernen Häfen der Welt zu
erreichen – und im Moment
größter Not, in der jeder
vernünftige Mensch die Segel
gestrichen hätte und umgekehrt
wäre, hat er sich über das
menschlich Mögliche erhoben, das
Schicksal, die Natur und Gott
herausgefordert. Der Lohn für
seine Hybris ist ein Fluch, der
es ihm nur noch alle sieben
Jahre gestattet, an Land zu
gehen und Erlösung zu suchen.
Nur eine Frau, die ihm auf ewig
Treue schwört, kann ihn von
seiner Unbill befreien. Bis
dahin trägt er den unsteten
Rhythmus des Meeres, den Klang
der Katastrophe – womöglich bis
ans Ende aller Tage – in sich.
Senta: könnte sie die Erlösung
des Holländers sein? Der Klang
ihrer Sehnsucht entspringt dem
endlosen Rattern der Spinnräder
– an Land, bei den Frauen, die
auf die Heimkehr ihrer
seefahrenden Männer warten, auf
Geschenke aus fernen Landen.
Obsessiv träumt sich Senta einen
Mann wie den Holländer herbei,
der diesem monotonen Rauschen
der Räder ein eigenes,
gewaltiges Rauschen
entgegensetzen kann – einen
Mann, wie es der Förster Erik
niemals sein kann: Seine
Liebesbekundungen gegenüber
Senta, die diese einst wohl
erwiderte, sind wie ein lauer
Wind über Wiesen und Wälder.
Sieben Jahre sind seit dem
letzten Landgang des Holländers
verstrichen. Das Schicksal führt
ihn mit Sentas Vater Daland
zusammen. Dieser – ganz
Geschäftsmann – wittert seine
Chance auf Reichtümer, wenn er
Senta zur Heirat mit dem
Unbekannten bewegen kann. Und
tatsächlich: als sich der
Holländer und Senta begegnen,
tritt zum ersten Mal Stille in
die Herzen der beiden Suchenden.
Doch ist es der stille Einklang
zweier Herzen, die ihre
Bestimmung gefunden haben – oder
die unheilvolle Stille im Auge
des Sturms, dem Unheil folgen
wird?
Das Tosen der Wellen, der durch
die Segel heulende Wind: All
dies ist in der Ouvertüre zu
Richard Wagners Der fliegende
Holländer zu hören – fast zu
spüren –, wenn die Hörner des
Orchesters ihr Signal in die
tremolierenden Streicherwogen
hinausrufen. Wagner selbst war
wenige Jahre vor Entstehen der
Oper knapp einem Unglück
entkommen bei seiner Überfahrt
von Riga via England nach Paris:
»Diese Seefahrt wird mir ewig
unvergeßlich bleiben; sie
dauerte drei und eine halbe
Woche und war reich an Unfällen.
Dreimal litten wir von
heftigstem Sturme, und einmal
sah sich der Kapitän genöthigt,
in einem norwegischen Hafen
einzulaufen. Die Durchfahrt
durch die norwegischen Scheeren
machte einen wunderbaren
Eindruck auf meine Fantasie; die
Sage vom fliegenden Holländer,
wie ich sie aus dem Munde der
Matrosen bestätigt erhielt,
gewann in mir eine bestimmte,
eigenthümliche Farbe, die ihr
nur die von mir erlebten
Seeabenteuer verleihen konnten.«
Zitatende
Textentnahme 26. August 2018
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Der fliegende Holländer
Repertoirevorstellung Nds. Staatsoper
Hannover –
26. März 2017
Charles Baudelaire,
Richard Wagner et Tannhauser (1861)
Der Gedanke, einen Unglücklichen
gerade um dieses seines Unglücks
willen zu lieben, ist so groß, daß
er nur in einem völlig reinen und
unbefangenen Herzen Raum finden
kann; und es ist wahrlich ein
schöner Einfall, die Erlösung eines
Verdammten für die leidenschaftliche
Selbstaufopferung eines jungen
Mädchens aufzusparen. Das ganze
Drama ist mit sicherer Hand klar und
unmittelbar aufgebaut, jede Szene
steht an richtiger Stelle, die
Gestalt der Senta zeigt eine so
übernatürlich romantische Größe, daß
sie im gleichen Maße zu bezaubern
wie Furcht einzuflößen vermag. Die
schlichte Einfachheit der Dichtung
trägt wesentlich zu ihrem Eindruck
bei. Alles ist auf das Beste
überlegt, klar ausgedrückt und von
wohlberechneter Wirkung. Die
Ouvertüre, die man anlässlich des
Konzertes im Italienischen Theater
zu hören bekam, ist
schaurig-geheimnisvoll wie das Meer
mit seinen Stürmen und Nebeln
selbst.
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Und was macht die Intendanz der
Niedersächsischen Staatsoper Hannover
daraus?
Ein
'Junge, komm bald wieder!'
Es ist ihr wieder mal gelungen, mit
Hilfe eines Teams aus dem
'Regisseurstheater' - unter Aufsicht des
Theaterdirektors - eine große
romantische Oper zu albernem
Entertainment zu degradieren.
Das Staatsorchester unter der wachsamen
Leitung von Mark Rohde, der am Vormittag
engagiert und kompetent für die
Uraufführung der Oper 'Lot' geworben
hatte, führte bei dieser
Nachmittagsvorstellung dem Publikum im
gut durch Besucherorganisationen
gefüllten Haus die Schicksale der
Personen um den Verfemten und die
unermesslichen Kräfte der Natur vor.
(Die sonst so prachtvollen Hörner hatten
aber keinen guten Tag - also: “Gute
Besserung!“)
Vorbereitet durch die Einführung des
munter plaudernden Dramaturgen
Christopher Baumann, der nach
Informationen über das Leben Richard
Wagners, grausiger Erfahrung gestützten
Inspiration zum Werk, uns allen einen
assoziationsreichen Abend wünschte,
fordere ich nun auch Sie zum munteren
Assoziieren auf.
Die Ouvertüre wird vor geschlossenem
Vorhang gespielt.
Wenn dieser sich dann hebt, sehen wir
zunächst nichts, denn die Bühne ist
dunkel.
Für die Nr. 1 erscheint eine Gruppe –
wohl Männer – aus dem Hintergrund, mit
Taschenlampen in der Gegend
herumfuchtelnd, um dann einen von hinten
auftretenden schlanken Mann mit kleinem
Rollkoffer anzuleuchten.
Es ist der Handlungsreisende Daland,
früher bei Richard Wagner ein
norwegischer Kapitän,
Sandwike ist's! Genau
kenn' ich die Bucht,
der hierher mit seinem
Schiff vom Sturm abgetrieben wurde.
Die Taschenlampenleuchter lenken den
Schein auf einen Menschen oben an der
Reling, der behauptet
Wir haben sich’ren Grund.
worauf der
Handlungsreisende, der vorher den
Jüngling links oben fragend mahnte,
…. Die Wache nimmst du
wohl für mich?
Der Chor ist inzwischen
nach links abgegangen.
Der Handlungsreisende -
Tobias Schabel
ist dieser, er singt schön und agiert
keck und flinkfüßig als ein so ganz
anderer Daland als die sonst üblichen
Bass-Schwergewichte. Es ist überzeugend
- also warum nicht - folgt mit seinem
Rollkoffer auch nach links.
Die Bühne wird nun
stärker erhellt.
Man sieht ein monströses Bauwerk.
Assoziiere:
- Die Lobby eines Urlauberschiffs?
- Eine Shopping-Mall, wie das
Programmheft berichtet?
- Die Bauruine einer Pleitefirma?
In der Mitte prangt eine mit feinem
Edelstahl umkleideter Treppenlauf,
dahinter eine Rolltreppe, die aber
offensichtlich nicht funktioniert, denn
die sie Betretenden müssen ganz normal
Stiegen steigen.
Dicke Säulen ragen auf, das Monstrum
wohl ein Schiffsrumpf, der auf Land
gestrandet ist und hier rechts im Dreck
eines Ufers endete. Wie aber soll von
hier aus die Weiterfahrt Dalands
gelingen?
Der erste Stock mit der
Geländerumrandung ist abgebrochen, links
steht eine blonde Schaufensterpuppe, am
Ende des Abbruchs liegt rechts eine tote
Kuh, die, wie mir meine empfindsame Nase
sagt, bald heftig stinken wird.
Rechts unten 'an Land' ein weißer
Container, der wohl ein Wohnhaus oder
das Büro der Zollabfertigung sein soll.
Unter der Rolltreppe in der Mitte führt
eine Stiege auf die Unterbühne in den
Bauch des Schiffes oder in den Keller
des Kaufhauses.
Die Werkstätten der Staatsoper haben wie
immer - man erinnere sich nur an die zum
Stück nicht passende, aber handwerklich
hervorragende Bühnen-Einrichtung bei 'Rusalka'
- ausgezeichnete Arbeit geleistet, aber
wir müssen wohl noch fleißig
assoziieren, um irgendeinen Sinn in
diesem teuren Bühnenbild zu entdecken.
An der oberen Reling des Monsterbaus
torkelt eine spastisch zuckende Gestalt
-
Pawel Brozek
- und macht sich in
sexuellem Überdruck an der
Schaufensterpuppe zu schaffen, dann darf
der arme Kerl in verdreckter Pennerkluft
das bezaubernde Lied des Steuermanns
Mit Gewitter und Sturm
aus fernem Meer
singen. Eigentlich soll
ein hübscher junger Tenor damit die
Herzen zum Schmelzen bringen, so wie es
Fritz Wunderlich einst tat, aber wir
sind ja im Regisseurstheater, da muss
man sich möglichst beschränkt geben.
Die Bühne wird ’immer lichter’
beleuchtet.
Finstere Schattengestalten nahen sich
von hinten und bleiben in der Mitte
unter dem Vorbau stehen.
Im portugiesischen Kostüm aus Vasco da
Gamas Zeit tritt der Held des Abends
auf: ’Der fliegende Holländer'.
Mit perfekt geführter Stimme singt
Stefan Adam,
seinen mordsschweren Monolog, die Nr. 2
Die Frist ist um
und erfreut unsere Ohren
darüber hinaus während der ganzen
Vorstellung.
Mitten in der Holländer-Arie beginnen
die finsteren Gestalten aus der Mitte
und über die Rolltreppe nach links unten
abzugehen. Sie tragen Allerlei, alte
Waffen und Kostüme, einer hat das Geweih
des Jägers Herne aus dem Falstaff auf
dem Kopf – sie stören den
Gesamteindruck, der hier tatsächlich
einmal gelungen sein könnte.
Für das
Nur eine Hoffnung soll
mir bleiben
steigt der Holländer die Rolltreppe
hinauf und geht einmal um die Reling
herum, kurz vor der toten Kuh rechts
bleibt er stehen, um am Ende der Arie
linksrumdrehend die Rolltreppe wieder
herunterzusteigen.
Szene, Duett und Chor- Nr. 3
Die Bühne verdunkelt sich und links die
Szene hinter Rollos erhellt sich dafür.
Toller Regieeinfall. Als der Holländer
dem Vater Daland aufzeigt
Die seltensten Schätze
sollst du sehn;
kostbare Perlen edelsten Gestein
rennt der nach links über die Bühne und
singt der beleuchteten Rollos ansichtig
werdend mit großem Echauffement
Wie! Ist’s möglich! Diese
Schätze!
Worauf der Holländer
einwirft
Doch, was du siehst, ist nur der
kleinste Teil
von dem, was meines Schiffes Raum
verschließt …
Die beiden Männer werden – die
Rolltreppe nach Vorgabe des Regisseur
Mottls rauf- und runterlaufend – und
nach Vorgabe Richard Wagners zum Ende
der Nr. 3
Weit komm ich her,
verwehrt bei Sturm und Wetter
[…]
Ja! Dem Mann mit Gut und hohem Sinn
gab froh ich Haus und Tochter dahin
handelseinig: Tochter
gegen Piratenschätze. Die beiden planen
die Heimfahrt, der Wind steht günstig.
So jedenfalls meldet der Steuermann,
jetzt wohl wieder bei Sinnen:
Südwind! Südwind!
Ach, lieber Südwind blas noch mehr!
Für die Matrosen zum Ende des ersten
Aufzugs stellt die Choreografin
Anastasiya Bobrykowa
den Herrenchor auf den Befehl
Frisch! Jungen, greifet
an!
in Reihen mit Schaufeln in der Hand für
das
Mit Gewitter und Sturm
aus fernem Meer
auf. Heißt das:
- sie schaufeln das gestrandete Schiff
frei oder
- sie werden gleich zur ’Internationale’
wechseln?
Oder sind es die armen ’Moorsoldaten und
ziehen mit dem Spaten ins Moor!’
Schaufel hoch, Schaufel runter, Schritt
links, Schritt rechts – alles im Takt,
dabei wird wie immer prächtig gesungen,
während ich assoziiere was mein
Normal-Gehirn hergibt. Dann noch ein
paar Spatenstiche in den Dreck der Küste
vor dem Wohncontainer rechts.
Oben hampelt der Steuermann-Tenor herum,
schlingt sich einem Musselinschleier um
den Hals hebt den Arm zum Gruß.
Der Vorhang fällt.
Keine Pause, denn die Gefahr besteht,
dass etliche der Zuschauer das Weite
suchen, es finden und nicht mehr
wiederkommen.
Also nahtloser Übergang.
Vorhang hoch für den Damenchor.
Der Monsterbau bleibt auch für den
zweiten Akt stehen. Bei Richard Wagner
wären wir jetzt für die Nr. 4 in der
Spinnstube, dem angenehm heimeligen
Kontrast zu rauer Welt der Seeleute.
Aber wieder schlägt das
Regisseurstheater zu und wohldressiert
traben die Chordamen mit Schrittchen und
Knickschen, in Pelzmäntel gehüllt - da
hingen wohl noch viele in den
Kühlhäusern der pleitegegangenen
Pelzhäuser - jede eine große
Einkaufstüte schwenkend, auf den Köpfen
einheitsblonde Perücken, in Kreisen
herum und singen dazu vom Rädchen, vom
Fädchen und vom Spinnen.
Es ist zu blöd!
Das Programmheft – und das braucht das
Publikum mit der vor der Vorstellung
notwendigen Lektüre, um zu erkennen, was
dieses kostenträchtige Bühnenbild
überhaupt darstellt.
Nochmal: Dies soll angeblich das Innere
eines Kaufhauses darstellen, neudeutsch
eine ’shopping-mall’, der verderbliche
Tempel westlicher Konsumsucht, und ich
assoziiere:
daher der Bühnenaufbau mit Rolltreppe,
die nicht funktioniert.
Und noch mal: Es könnte natürlich auch
auf einem der großen Kreuzfahrtschiffe
der Shopping-Bereich sein, in welchem
sich die Chordamen einkleideten, in Pelz
und Fummel.
Da hampeln und trippeln sie nun herum,
der Musik folgend, schwingen ihre
Einkaufstüten.
…. Man weiß ja, was ein
Jäger gilt!
Beim komponierten Lachen knicken sie
alle devot zusammen.
Warum? Nichts steht darüber im
Programmheft und auch der wonnige
Dramaturg verschwieg des Inszenators
Gedankengänge.
Seitlich vor der Rolltreppe steht links
ein Bänkchen mit der Figur des
holzbeinigen Piraten aus der
'Schatzinsel'. Neben ihm hockt eine
schwarz-gothic vermummte Gestalt, die
Kapuze vor das Gesicht mit
Reißverschluss gezogen, den sie, o
welche Offenbarung, zum Singen für –
noch immer die Nr. 4 - das
Traft ihr das Schiff im
Meere an
öffnet.
Ich assoziiere:
- pubertierendes Mädchen,
Hormonschwierigkeiten, lebensverneinend,
aha, schwarze Klamotten im ’gothic-style’.
Frau Mary in hellblau mit blondem Zopf
und Haushaltsbuch,
Julie-Marie Sundal,
klingt hübsch, hat aber keine Chance
gegen die pelzbemäntelten Damen, die
sich unter den Baldachin zurückziehen,
stehen und warten - wahrscheinlich, um
bald die Klamotten aus den Einkaufstüten
auszuprobieren.
Senta stürzt nach vorne, hockt sich an
das ’Gestade’ -
Karine Babajanyan
– singt jugendlich und fein nuanciert
ihre Ballade, rennt zurück zum Bänkchen,
die Hand zärtlich auf dem Holzbein der
dort positionierten Piraten-Holz-Puppe
positionierend.
Die Chordamen kommen beim
Vor Anker alle sieben
Jahr
nach links vorne, ziehen ihre Pelzmäntel
aus, lassen sie auf den Bühnenboden
fallen und heben zum frommen Gebet die
Arme in die Luft um das
Ach! Wo weilt sie, die
dir Gottes Engel einst könne zeigen?
zu unterstreichen.
Oder wie? Oder was?
Inzwischen ist eine männliche Gestalt
links herangeschlichen, einen Kanister
auf dem Rücken, die mit einer langen
Spritze die Ränder der Säulen und den
Boden besprüht - und ich assoziiere:
Ein Kammerjäger zur Vertilgung von
Kakerlaken und sonstigem Ungeziefer.
Beim
Senta! Senta! Willst du mich verderben
entreißt dieser
Kammerjäger den Chordamen die Pelzmäntel
und wirft sie auf den Boden.
Die Damen klauben dann beim
Sie sind daheim
und im turbulenten Ensemble:
Das Schiffsvolk kommt mit
leerem Magen,
um das
Bleib Senta! Bleib nur
einen Augenblick
nicht zu stören, die Mäntel auf und
enteilen schnurstracks in ihre Kabinen,
wohl um die vorhin gekauften Sachen aus
der schiffseigenen Mode-Boutique
anzuziehen.
Als der Kammerjäger dann
mit dem
Der Vater kommt
anfängt zu singen, stellt sich heraus,
dass es Erik ist. Bei Richard Wagner von
Beruf Jäger, ein ehrlicher Naturbursche
als wohlbedachter Kontrast zum
schicksalsbeladenen Holländer.
Erich Laporte
singt kernig und kraftvoll seine sehr
unangenehme hoch angelegte Partie. -
Hochachtung! - Dann stürzt er hinaus,
wohl an die frische Luft nach der ich
mich auch sehne.
Im Regisseurstheater von
Bernd Mottl - sein Urahn Felix Mottl
dreht sich im Grabe um - und der Jäger
Erik wird zum Kammerjäger
umfunktioniert.
Blöder geht's nimmer.
Das war daneben wie in Bremen beim
’Rienzi’ mit dem Saugbläser in der Regie
der Wagner-Urenkelin. Seitdem heißt es
bei der Benutzung dieses Gartengeräts in
meinem Haus: “Nimm doch den Rienzi!“
Unauffällig sind Daland und der
Holländer auf die Szene gekommen und -
ach! - vertan vom Regisseurstheater ist
der von Richard Wagner geplante Moment,
wo neben dem alten Bild der echte
Holländer auftritt, so dass Senta bei
seinem Erscheinen ihren Schrei ausstößt.
Der charmante Tobias Schabel preist als
Daland den reichen holländischen
Schwiegersohn in spe an, muss aber
mangels
Sieh dieses Band, sieh
diese Spange!
mit dem Knopf an der
Manschette seines Hemdes vorlieb nehmen.
Die Tochter zerrt Vater Daland die
Gummistiefel von den Beinen, drauf putzt
der seine Schuhe, die er im Koffer mit
sich führte.
Senta hat sich inzwischen ihrer
Gothic-Kluft entledigt und sieht im
schwarzen spitzenbesetzten Unterrock
recht attraktiv aus.
Da während des Zwiegesangs der Nr. 6 mit
Wie aus der Ferne längst
vergangner Zeiten
zwischen Holländer und Senta und beim
Terzett Daland, Holländer, Senta
Verzeiht! Mein Volk hält
draußen sich nicht mehr
kein inszenatorischer Unfug – bis auf
das einfältige Rolltreppe rauf,
Rolltreppe runter, mal Senta, mal
Holländer oben am Geländer und Sentas
Kerzchen Aufstellen auf der rechten
Seite. rings um den Holländer herum -
passiert, freut man sich, welch
vorzügliches Ensemble und welch
stimmgewaltigen Chor die Staatsoper
Hannover doch hat, mit dem man
großartiges Theater machen könnte.
Der Vorhang fällt schnell.
Für den eigentlich dritten Aufzug
erscheint der Chor für sein
Steuermann! Laß die
Wacht!
adrett gekleidet in Matrosenanzügen und
putzigen Matrosenkleidchen, das scheinen
die Klamotten zu sein, die der Damenchor
in der ’Spinnstube’ in den Einkaufstüren
mit sich führte.
Wäre der Ort dieser Inszenesetzung nicht
die Niedersächsische Staatsoper
Hannover, sondern ein Musicaltheater in
Hamburg an der Reeperbahn, könnte man
seine Freude haben, denn die
’show-moves’ sind professionell
einstudiert, rechtes Bein, linkes Bein,
rechter Arm, linker Arm und rundherum,
das ist nicht schwer.
Jetzt wünscht man sich, das Freddy Quinn
unter allgemeinem Schunkeln:
"Junge, komm bald wieder"
singt.
Körbe mit Baguettes werden aus dem
Bühnenhimmel heruntergelassen und
Schnapsflaschen verteilt.
Eigentlich folgte jetzt eine der
grandiosesten Chorszenen der
Opernliteratur zwischen den Matrosen und
dem Geisterchor auf dem Holländerschiff.
Zur Erinnerung:
Die konzertante Aufführung im Kuppelsaal
am Tage der Bundestagswahl 2013 wo
Gänsehaut einem über den Rücken
rieselte.
Wenn es szenisch so kommt wie jetzt in
Hannovers Staatsoper zu Lasten der
Steuerzahler, dann besser und
werkgetreuer in einer konzertanten
Aufführung.
Dem hochbezahlten Team des
Regisseurtheaters aber fällt nur der
Auftritt eines Statisten von rechts ein,
der die Rolltreppe mit einer flammenden
Fackel hinauf rennt und die er in das
’Schiff’ oder in den Keller fallen
lässt, worauf ein bisschen rotes Licht
und etwas 'Qualm' auf der Treppe, aus
dem Unterbau erscheint.
Dies führte dann zur Überschrift in der
HAZ:
’Leichen im
Keller!’
Der verteilte hochprozentige Fusel tut
seine Wirkung, alle Choristen liegen
flach auf dem Bühnenboden und stehlen
sich dann doch torkelnd davon.
Auch Senta liegt im Dreck als Erik nun
in schwarzem kleidsamen Hemd und Hose
äußerst lebhaft agierend in der Nr. 8
mit Senta
Was muss ich hören
und mit seinem
Willst jenes Tags du
nicht dich mehr entsinnen
Senta wieder zu gewinnen sucht.
Die Kavatine gelingt, aber Senta bleibt
ablehnend. Trotzdem versteht der
Holländer die Situation falsch,
Verloren! Ach verloren!
Ewig verlornes Heil!
fühlt sich trotz Sentas
Was ich gelobte, halte
ich!
betrogen und beschließt
mit seinem Geisterschiff die nächste
Reise. Er steigt hierfür hinab auf die
Unterbühne, um Glut in die Kessel zu
bringen – oder wie oder was?
Senta folgt ihm.
Die Musik von Richard Wagner deutet
Erlösung an - (es wird in Hannover die
'Erlösungsfassung' gespielt.)
Der spastische Steuermann
hat inzwischen die Schaufensterpuppe in
eine verschleierte Muslima verkleidet
und schmust vorne rechts mit einer
weißen Taube oder sonstigem Vogel aus
dem Repertoire des Regisseurstheaters.
Das Publikum beklatscht die Leistung der
Solisten, des Chores und des Orchesters.
Viele haben sich nicht begeistert
gezeigt, wie ein Stück großer
Opernliteratur hier in Hannover wieder
einmal platt gemacht wurde.
Die anderen haben sich darüber amüsiert,
dass man doch so leicht - durch den
hannoverschen Theaterdirektor Klügl -
Spaß haben kann, und ich assoziiere,
dass die Couch eines Psychoanalytikers
der bessere Ort zur Aufarbeitung solch
wirren Unsinns ist, als die Nds.
Staatsoper Hannover. |