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Bericht

Wiederaufnahme

Giuseppe Verdi
'Falstaff'

Nds. Staatsoper Hannover
12.03.2016
 

 
 

'Brilliante Musik in optischer Scheußlichkeit'


Die Intendanz der Staatsoper Hannover, von der zuständigen Ministerin kürzlich in ihren Verträgen bis 2019 - wohl mehr aus Bequemlichkeit, doch nicht etwa, wie angegeben, aus künstlerischen und wirtschaftlichen Gründen, verlängert, hat einen Riss durch die Abteilungen des Hauses zu verantworten.

Ein hochqualifiziertes Sängerensemble und ein erstklassiges Orchester sind Bühnenbildern von nicht mehr zu überbietenden Geschmacklosigkeit ausgeliefert.

Was sollen im 'Falstaff' die schreiend-grellen Graffiti, die bis hinauf in den Bühnenhimmel die Augen peinigen und gegen die kein Darsteller anspielen kann.

- Ist es Dada-Nonsense?
- Ein Kunstraum im Sinne von Anna Viebrock?
- Ist es ein aufdringliches Manga?
- Ist es Street-Art?

Meinetwegen- wo es hingehört, aber nicht als aufdringliches Geschmiere zur Korrektur von Shakespeare, Boito und Verdi.

Zudem ist es nicht praktikabel, denn die Umbaupausen mit mehr als einer Minute sind zu lang und zerreißen die Vorstellung.

Ungereimtheiten wie
- die Hubplattform zum 'Wohnraum' von Falstaff im Keller oder auf
  dem Dach,
- die Klappe in der Wand als Durchreiche für den Wirt, damit er den
  Wein kredenzen kann,
- der Wandschirm im Hause des Mr. Ford, hinter dem auch der Dümmste  sofort das Liebespaar entdecken würde, ein Chor von lebenserfahrenen Darstellern aber endlos lange ohne sinnvolle Aktionen braucht.
All' das beweist, wie viel Geld die Staatsoper für uninspirierte Bühnenbilder vergeudet.

Tapfer agiert das Ensemble trotz dieses Umfelds in bester Spiellaune, gut studiert und frisch probiert.

Allen voran Stefan Adam als Falstaff, der Rolle seines Lebens. Mit der rechten Leibesfülle, klugem Humor und einer Prachtstimme, die in jeder Lage und Abstufung Verdis Orchesterfluten meistert.

Sein Widerpart als eifersüchtiger Ehemann der angeschmachteten Alice ist Brian Davis, eine elegante Erscheinung, ein kerniger Bariton mit echter Italianità, so dass das Duett-Duell der beiden eine genussvolle Freude war.

Dorothea Maria Marx führte mit leuchtender Höhe und leichtfüßiger Energie die lustigen Weiber an.
Silvia Bertrani als charmant aufdringliche Mrs. Quickly beherrschte virtuos die schwere Kunst der Altistin zwischen Brust und Kopfstimmen zu wechseln, ohne an Wohlklang zu verlieren - bravissima!

Hannah-Larissa Naujoks war eine jugendlich-charmante Meg Page, die Maestro Verdi leider nicht mit einer Einzelszene bedacht hat. Da ich Rolle selber gesungen habe, ist wohl eine Beschwerde im Sinne aller hübschen Mezzo-Soprane angebracht.

Als Nanetta beglückte uns Athanasia Zöhrer mit einer wahren Zauberstimme, perfekt geführt bis in höchste Höhen. Im Spiel ein lebhaftes junges Mädchen.
Man freut sich schon auf eine Wiederhören und -sehen in einer anderen Partie.

Neben dieser Nanetta müsste es einen lyrischen Tenor mit Schmelz und Zärtlichkeit in der Stimme geben. 
Es ist natürlich unfair, hat man Fritz Wunderlich als Fenton im Ohr.

Ganz privat habe ich mich über die darstellerische und stimmliche Entwicklung von Daniel Eggert gefreut, den ich an der Musikhochschule aus einem doppelt besetzten Figaro-Ensemble als Bartolo herauspickte, die er jetzt auf das Erfreulichste rechtfertigt. Weiter so und viel Glück!

Die musikalische Leitung lag in den flinken Händen von Ira Levin, der das Werk wirklich beherrscht, das Orchester in allen Schattierungen brillieren ließ und mit den Sängern aufmerksam koordinierte.

Der Applaus war für alle verdient und herzlich.
 

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Diese musikalisch und darstellerisch beglückende Vorstellung hatte mehr Publikum verdient!
Der dritte Rang von vornherein geschlossen.
Angeblich waren 600 Karten verkauft, wobei aber weniger als 500 Menschen in Parkett, 1. und 2. Rang saßen.
Es stellt sich die Frage, nach welchem Modus hier die Auslastung berechnet wird!

Im Wochenblatt wird angekündigt, dass vor die Oper ein Müllplatz kommen soll.
Das wird die Herren der Intendanz freuen, denn so brauchen sie sich nicht vom Anblick des Mülls vor der Oper zum Anblick des Mülls auf der Bühne umzugewöhnen.
 

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