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Bericht

Richard Wagner
'Tristan und Isolde'

Theater Regensburg
Repertoirevorstellung
29.11.2014
 

 
 

'Musik für vier Füße'


In das schmucke, eigentlich vierrangige, Regensburger Theater einzutreten, ist immer wieder eine Freude, solange der Vorhang geschlossen bleibt. Dies zumindest gilt für die ’Tristan’-Produktion und die am 29.11.2014 besuchte Vorstellung.

Nach dem Einführungsvortrag der die Produktion begleitenden Dramaturgin Christina Schmidt, die den Inhalt des Werkes und seine philosophischen Hintergründe rhetorisch ungeschickt und sprachlich unvorteilhaft dem gutwilligen Publikum nahezubringen versuchte, studierte man den Besetzungszettel. Gute Namen findet man dort, aber auch eine Bemerkung, die in der Theaterwelt  einmalig ist:

Zitat
Die Lautstärke der Vorstellungen von Theater Regensburg überschreitet 85 dB.
Zitatende


Was will uns die Regensburger Theaterleitung damit sagen?

1. Dass der Regensburger Theaterraum für ein solches Stück mit dieser Orchesterbesetzung nicht geeignet ist -
oder
2. dass keine baulichen Maßnahmen mehr möglich sind (Bayreuther-Orchesterabdeckung), die Lautstärke zu verteilen -
oder
3. dass der Dirigent nicht fähig ist, sein Orchester, das erwiesenermaßen aus sehr guten Musikern besteht, so differenziert zu leiten, dass die Sängerstimmen nicht zugedeckt und der Zuhörer nicht durch Überlautstärke gequält wird?

Leider beschränkte sich der Orchesterleiter auch noch auf mechanisches Taktschlagen, und hetzte z.B. die schön singende Brangäne brutal durch ihre wundervollen Phrasen, die sie eigentlich der jeweiligen Stimmung der Szene angepasst singen sollte. Von Gesangsbögen scheint der GMD noch nichts gehört zu haben.

Wenn man Dara Hobbs als Isolde engagiert, die man schon in Minden stimmlich, musikalisch und sprachlich außerordentlich gut geschult kennenlernte und sie zwingt, sich an diesem sinnlosen Glaskasten entlang zu quetschen und auf dessen Deckel ihre entscheidenden Äußerungen zu singen, wobei sie sich teils hinkauern muss und wenn sie steht, ihre Töne gegen die obere Abdeckung der Bühne und den oberen Vorhang singt, hält man das für eine außerordentliche Unverfrorenheit.

Wenn der Orchesterleiter den Heldenbariton von Adam Kruzel, der eine herausragende Künstlerpersönlichkeit des Ensembles ist, mit seinem Lärm so peinigt, dann ergreift den Zuhörer ohnmächtige Wut, dem zuhören zu müssen.

Schlimmer geht es noch dem Tristan, der z.B. bei seinen großen Ausbrüchen im dritten Akt völlig im Tetsuro Ban’schen Orchesterlärm untergeht, so dass die Bühne zu einem Überlebenscamp disqualifiziert wird.

Wenn der schönsingende junge Hirt, als so eine Art Todesbote zu den Klängen des wundervoll geblasenen Englischhorn-Solos mit einer Doppelflöte über die Bühne schleicht, graust es jeden Instrumentenkundigen.

Ein gutwilliges, ratloses Publikum applaudierte dennoch Musikern und Sängern.
 

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Wozu das beleuchtbare Glaspodium mit dem aufgesetzten Schaukasten, der zum Verständnis des Stückes in keiner Form beiträgt?
Der ist nur hinderlich und zeigt, dass sich Anfänger an dem Meisterwerk Richard Wagners vergreifen durften.

Was soll das Verdoppeln der Figuren in dem Schaukasten?
Was soll deren kindisches Mimen, wenn das Geschehen - trotz mangelhafter Personenführung - durch gesungenen Text und eingeblendete Übertitel festzustellen ist?

Es soll wohl auch den Allerdümmsten aufklären, dass es sich um eine Liebesgeschichte handelt, zumal wenn man in St. Pauli-Porno-Manier auch noch eine unbekleidete gemimte Isolde und einen minimal bekleideten Tristan so tun lässt, als ob sie es miteinander täten.
 

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Wo waren während der Probenzeit die musikalischen Assistenten, die üblicherweise aus allen Ecken des Zuschauerraumes zu berichten haben, wie sich das Verhältnis von Bühne und Orchester darstellt?

Wo waren die szenischen Assistenten und vor allen Dingen die die Produktion begleitende Dramaturgin Christina Schmidt, die - auch hier sei es angeführt - üblicherweise aus allen Ecken des Zuschauerraumes - vor allem der Ränge – dem Regieteam zu berichten haben, wie die Sicht auf die Darsteller ist?

Wie ist es möglich, dass das Theater beim Kauf von Karten für den dritten Rang für die 'Tristan'-Produktion darauf hinweist, dass von diesen Plätzen eine Sichtbehinderung im zweiten Akt besteht, da man die Darsteller der Titelrollen nicht in Gänze sehen könne?

Die Aussage ist insofern falsch, als auch im ersten und dritten Aufzug von Tristan und Isolde auf dem Deckel des Glaskastens nur die unteren Teile der Beine sichtbar sind, es sei denn, sie sitzen oder kauern auf dem Deckel in sängerisch unbequemen Stellungen.

Die Sichtbehinderung sei bei der Generalprobe festgestellt worden und dann die Weisung ergangen, die Plätze im dritten Rang vergünstigt abzugeben.
Es bedeutet, dass die Theaterleitung nicht willens oder nicht in der Lage war, einzugreifen, um die Szene auch noch nach der Generalprobe so zu verändern, dass alle Zuschauer das Geschehen auf der Bühne uneingeschränkt einsehen können.

Oder scheute man eine ähnliche Situation, die sich aus dem Jahr 2000 in Dresden nach der Konwitschny’schen ’Csárdásfürstin’ vom 29. Dezember 1999 ergab?
Der Vorgang ist nicht vergleichbar, denn es wurde dort nach der Premiere geändert. Beim Regensburger ’Tristan’ wäre es sehr wohl möglich gewesen, beim Feststellen des Fehlers anlässlich der Generalprobe, Umstellungen vorzunehmen, ohne das Urheberrecht zu tangieren.

 

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Fazit:

Das Eingeständnis – proklamiert durch die Theaterkasse, es gebe Sichteinschränkungen für das Publikum im dritten Rang -  wogegen seitens der Theaterleitung nichts rechtzeitig unternommen wurde – sowie der schriftliche Hinweis auf dem verteilten Besetzungszettel, es werde vom Orchester übermäßiger Lärm verursacht, dokumentiert doch wohl eindeutig die Qualifikation der Theaterleitung.

Das Sichtmanko - eine Qualitätseinbuße in Bezug auf das Theater Regensburg - wird durch die reduzierten Preise für das Publikum kompensiert, was aber geschieht, wenn ein weniger Wohlwollender den Texthinweis in Bezug auf den Tetsuro Ban’schen Lärm zum Anlass nimmt, um Regressansprüche wegen erlittener Hörschäden zu stellen?

Sollten diese Vorgänge die Stadt nicht dazu anregen, schon jetzt nach einer neuen Führungsmannschaft Ausschau zuhalten, um nicht aus Zeitgründen dann notgedrungen die Verträge verlängern zu müssen?

Es trägt auch nicht zum Ansehen eines Hauses bei, wenn durch eine überhöhte Anzahl von Vorstellungen eine Ausbeutung des Ensembles betrieben wird und man nur Platzausnutzung und Gewinnstreben in den Vordergrund stellt.

Der Artikel im Regensburger Wochenblatt vom 30.10.2014

'Er ist ein Typ, den Männer bewundern …'
wirft ein spezielles Licht auf den Regensburger Theaterleiter, was hier nicht weiter behandelt werden soll.
Rückfragen in Bonn oder an Stätten seines früheren Wirkens hätten der Findungskommission Einblick verschafft.