* Impressum *


'Eine Mitteilung an meine Freunde'

Ausgabe
Nr. 17
Nr. 5 - 2018


 

 
   
   

 


 

 

Einleitung

Die Rocker, hatten zuerst den Mut, auf die Notwendigkeit von Grenzen hinzuweisen und wurden von einem Millionenpublikum gehört.
Bravo!
Namhafte Stars der Szene gaben den ’Echo-Preis’ zurück, da sie sich mit den diffamierenden Texten der ’Provokationsexperten’ die Rapper Kollegah und Farid Bang nicht einverstanden erklären.

Es ist erstaunlich, mit welcher Präzision Wolfgang Niedecken und Peter Maffay Stellung bezogen. Campino – von der Gruppe ’Die toten Hosen’ - kritisierte die ’Echo-Macher’ auf der Bühne scharf, Wolfgang Niedecken hob die „menschenverachtende Brutalität der beiden Scheinmusikanten“ hervor und Peter Maffay schrieb
:
Zitat
„Es ist ein Mangel an Sensibilität auszumachen, der nicht erträglich ist. Deswegen gehören in diese verantwortlichen Positionen Leute, die sich dieser Verantwortung bewusst sind und sie nicht an einen so genannten Ethikrat weiterdelegieren, der auf Tauchstation geht.
Zitatende

Beim ’Echo’ zeige sich die fatale Mischung aus:
„Dummheit, Feigheit und fachlicher Inkompetenz.“ (Zitiert aus HAZ – 17. April 2018, Seite 25)

Der Autor des Artikels, Imre Grimm, bemerkt noch, dass der Protestler inzwischen kein Rufer in der Wüste mehr ist.
In der Musikszene herrscht Aufruhr.
Auch Kollegen der Klassik gaben ihre Auszeichnungen zurück.
Dani Levy und Daniel Barenboim.
Christian Thielemann argumentierte in der Wochenzeitschrift ’Die Zeit’:
Zitat
Kunstfreiheit und das künstlerische Mittel der Provokation entbänden zu keiner Zeit von Verantwortung und den Regeln des guten Geschmackes.
Zitatende

Aber wir, die Freunde der Theaterkunst und der Oper fragen, rufen, schreien protestieren, schreiben Artikel und Bücher, wenden uns an Minister, politische Parteien, Kulturräte aller Art, reichen Klagen ein und es geschieht:
Nichts!
Das Zertrümmern und Verhöhnen unserer Meisterwerke geht weiter unter dem Deckmantel ’Freiheit der Kunst`.

Die Berichterstattung jubelt, wenn eine Aufführung ’spektakulär’ ist und sei sie noch so idiotisch am Stück vorbei, finanziert aus öffentlichen Geldern unter Missachtung des Bildungsauftrages.
Das Publikum hofft immer wieder auf Einsicht und Besserung in Treue zu seinem Theater oder es bleibt weg und trifft sich im Cinemaxx bei den Übertragungen aus London und der Met in New York.

Wann geht das Publikum endgültig auf die Barrikaden?
Wo ist der Siegfried, der den widerwärtigen Drachen namens ’Regisseurstheater’ tötet?

ML Gilles

 

 

 

 

      

 

 


 

 
 



 

Kalenderblätter 
 

 

 

 

 

 

 

August von Kotzebue
... am 03. Mai 1761 geboren

Am 23. März 1819 ermordete der Jenaer Theologiestudent und Burschenschaftler Karl Ludwig Sand den populären Dichter in dessen Haus in Mannheim.

Mit diesem Mord war dem Staat die Möglichkeit gegeben, noch stärker als bereits seit dem Ende des Wiener Kongresses praktiziert - durch Zensur - wieder vor-napoleonische Verhältnisse in Europa herzustellen.
Kotzebue war Diplomat und Dramatiker, Theaterleiter - er schrieb an die 300 Werke, darunter Komödien und Tragödien, Rührstücke und Sittengemälde, Parodien, Possen und Schwänke und von denen brachte Goethe ein Großteil in Weimar auf die Bühne.

Neben Iffland war er der produktivste Schriftsteller seiner Zeit. Auch verfasste er neben den Theaterstücken Lebens- und Reisebeschreibungen.
Mit seinen Werken versorgte er die Bevölkerung mit populärer Literatur.
Einige von ihnen wurden vertont - z.B. 'Die Kleinstädter' – und vom Theater Regensburg aufgeführt.

http://www.telezeitung-online.de/
Damals_in_Regensburg_11.11.2005_Kommentar_'Die_Kleinstaedter'-a.htm

Die auf die Ermordung Kotzebues folgenden 'Karlsbader Beschlüsse' vom August 1819 führten zu stärkeren Kontrollen der Bevölkerung. Sie sollten eine Liberalisierung und Demokratisierung verhindern helfen.
Kotzebue war selber ein Gegner jeder Art von Bewegung - ob studentischer, ob nationaler, nicht einmal sportlicher Umtriebe.

Zwar war der Tod Kotzebues einer der Auslöser verstärkter Repressalien, aber es kamen auch antisemitische Agitationen Anfang August 1819 hinzu.
Christliche Zünfte, Handwerker, Bauern, Kaufleute sahen in der sich nach Napoleon ausbreitenden Liberalisierung und der Gleichberechtigung von Juden und Christen eine Gefahr für die eigenen Privilegien.
 

           

 

 

 

 

 

 


Hans Pfitzner
... am 05. Mai 1869 geboren

Noch 1918 hatte sich Thomas Mann für einen Eintritt der Allgemeinheit in den 'Hans-Pfitzner-Verein für deutsche Tonkunst' verwendet - bereits ein Jahr später musste er feststellen, dass der Komponist sich zum 'Undemokraten' gewandelt hatte, da er behauptete, dem Trend der Zeit folgend, das deutsche Volk sei nach dem Ersten Weltkrieg von russisch-jüdischen Vertretern verführt worden.Pfitzner meinte, Deutschland - vornehmlich vor der 12-Ton-Musik - schützen zu müssen, womit Alban Berg wie Arnold Schönberg gemeint waren.

Aber auch in der Musikliteratur sah er den jüdischen Einfluss kommen, einer seiner Hauptgegner war Paul Bekker, Kritiker, tätig bei namhaften Zeitungen.

In seinen gesammelten Schriften formulierte er Gedanken, die sich die Nationalsozialisten zu eigen machten.

Nach der Machtübernahme der Nazis war Pfitzner daran beteiligt, dass Thomas Manns am 13. Februar 1933 gehaltener Festvortrag 'Leiden und Größe Richard Wagners' vor der Richard Wagner-Vereinigung Amsterdam, dort als Hetzkampagne gegen den deutschen Komponisten ausgelegt wurde.

'Wir lassen uns solche Herabsetzung unseres großen deutschen Musikgenies von keinem Menschen gefallen' - meinte Pfitzner.

Thomas Mann ging daraufhin von Amsterdam aus direkt ins Exil, ohne nach München zurückgekehrt zu sein.

Pfitzner war ein den Nazis willkommener Fürsprecher, dafür wurde er gelobt, gefördert und geehrt. Er erhielt den Goethe-Preis der Stadt Frankfurt, die Brahms-Medaille von Hamburg, den Beethoven-Preis und den Ehrenring der Stadt Wien - selbstverständlich stand er auch auf der Liste der Gottbegnadeten.

Er setzte sich auch für die Übernahme des Reichskanzler- und des Reichspräsidentenamtes in einer Person, nämlich mit Adolf Hitler, ein. Er glaube an den Führer, der den heißen Wunsch der Deutschen nach Eintracht erfüllt habe.

Noch am 2. Dezember 1944 wurde in Krakau seine Hymne auf den übel beleumundeten 'Polenschlächter Hans Frank' als 'Krakauer Begrüßung' uraufgeführt

Nach dem Krieg distanzierte er sich nicht vom Nazi-Regime - sondern er kritisierte, mit welcher 'Plumpheit' sich Hitler der Vernichtung der Juden gewidmet hatte.

           

 

     

 

 

05. Mai 2016

Repertoirevorstellung


Niederbayerische Erstaufführung

Richard Wagner

'Tristan und Isolde'

Auszug aus den Bemerkungen

eines Vollzahlers zur szenischen Umsetzung

[…]
Und nun das Wunder von Passau, Straubing, Landshut (das imaginäre ’Kloster Kaltenthal’
aus der TV-Serie ’Um Himmels Willen’ liegt in der Nähe) und so stehen alle soeben
Hingeschiedenen wieder auf, umringen Isolde und lauschen dem, was sie mit hoch erhobenen
Armen singt
... nur diese Weise, die so wundervoll und leise ...

Es werden - (es ist nicht zu fassen) - gefüllte Gläser von den Servierwägelchen den wieder
Lebenden auf der Bühne gereicht, die kräftig zulangen.
In der Projektion fällt ein Tropfen auf ein Blatt, Knospen öffnen sich an einem Ostbaumzweig,
der sich zu einem Baby im Kinderwagen entwickelt.

Bei  ... ertrinken,
versinken ---
unbewusst ---
höchste Lust! ...

stehen alle Protagonisten weißgewandet - in so einer Art von Raumanzügen, ohne Helm allerdings - an der Rampe, heben die Gläser
und denken sich möglicherweise:
“H o c h   d i e   T a s s e n“ und   “P r o s t   M a h l z e i t“

Das Publikum, die reichen Gäubodenbauern, jubeln, als hätte der FC Landshut die Fußballweltmeisterschaft gewonnen.

Und der zuständige Intendant überlegt, bei solch einem Erfolg:
Was mach ich als nächstes, wie kann ich das, was bei den Zuschauern so ankommt, noch
toppen?“

Und es gelingt ihm, ein neues Ziel anzustreben, denn nun wird auch in Niederbayern der ’Ring’ aufgeführt.
Warum nicht? Minden brachte jetzt eine Produktion des Werkes auf die Bühne.

Die stimmt allerdings.
Bei Passau. Straubing und Landshut weiß man nicht, welcher Firlefanz da gezeigt werden wird.

Die andere Masche ist doch das Verschränken von Werken mit- und ineinander, http://www.telezeitung-online.de/
Thema_des_Tages_3._Mai_2016_%27Iphigenie%27.htm


Da böte sich doch für den Tristan im Niederbayerischen Landestheater am Ende des dritten Aufzugs die Verbindung mit der 'Fledermaus' an:
'Champagner hat's verschuldet - tralalerlalala!'

Am Tristan versuchte sich jüngst www.telezeitung-online.de/
Bemerkungen_zu_'Tristan_und_Isolde'_29.11.2014_Theater_RBG_final.htm
,
 

die Metropole der Oberpfalz, und
http://www.telezeitung-online.de/Bemerkungen_zu_'Tristan_und_Isolde'_im_'Staatstheater_Braunschweig'.htm
 

die Stadt im ehemaligen Zonenrandgebiet, heute die mit der Atomuhr und dem LBA.
Aber was war das gegen
www.telezeitung-online.de/Thema_des_Tages_05._Mai_2016_'Tristan_in_LA'.htm?

Die Ehrenvorsitzende des Richard-Wagner-Vereins Hannover wäre wohl entzückt, sähe sie diese Produktion, liebt sie doch 'modische Inszenierungen' und trägt sie doch damit zum Niedergang der Theaterkultur nach Kräften bei.

Anlässlich der außerordentlichen Delegiertenversammlung
www.telezeitung-online.de/Thema_des_Tages_-_RW-International-Graz_2014.htm

des Richard-Wagner-Verbandes International e. V. am Sonntag, 09.10.11 in Frankfurt am Main hing sie doch den RW-Vereinen einen Maulkorb um.

 
     
 

 
     

 

Helene Weigel
   ... am 12. Mai 1900 geboren

1929 gab sie Kurse in Sprech- und Atemtechnik an der marxistischen Arbeiterschule in den Räumen eines Fabrikgebäudes in Berlin-Kreuzberg.

Die Gruppe gefiel ihr selber so gut, dass sie meinte, auch Brecht, mit dem sie verheiratet ist, müsste die jungen Leute kennenlernen. Auch Hanns Eisler vertrat die Meinung, doch Brecht war nicht interessiert.

1931 wurde eine Brecht-Revue vorbereitet, die sich die Reichtagswahlen vom September 1930 zum Thema wählte.
Diese von den Nazis so genannte 'demokratische Veranstaltung' hatte zum Ergebnis, dass Hitler mehr als die Hälfte der Stimmen aus dem Lager der Mittelschicht, der durch nach dem Ersten Weltkrieg veramten Handwerker, Bauern und Angesellten erhielt.

Gerade diese Gruppe von Wählern wollte die Weigel aufrütteln und den Leuten zeigen, dass eine Einheitsfront gegen die Nazis gebildet werden müsse. Lieder wie 'Die Ballade vom §218', 'Das Solidaritätslied' und 'Das Lied vom SA-Mann' steuerte Brecht bei. Die Kompositionen stammten von Kurt Weill, Friedrich Hollaender, Hanns Eisler.

Vorgetragen wurden sie unter Kontrolle der Polizei von Laien wie von Berufsschauspielern wie Lotte Lenya, Ernst Busch, Helene Weigel und der Tänzerin Valeska Gert unter dem Titel 'Wir sind ja soooo zufrieden' nur viermal in Räumen über die Stadt verteilt, aber mit bis zu 1200 Zuschauern, wie am 17. November 1931 im Berliner Bachsaal in der Lützowstraße 76.

Trotz politischer Repressalien spielte man weiter.

Die Kontrollbehörden schoben allerlei Hinderungsgründe vor, die sich den Abend über permanent veränderten, so dass die Vorstellung nur schleppend voranging.

Mal sollten die Darsteller nicht spielen, sondern nur Text sprechen - dann wurden zuviel Gänge und Gesten gemacht, die aus feuerpolizeilichen Gründen abgelehnt wurden. Dann setzten sich die Vortragenden vor den Vorhang und lasen das Stück. Auch das war noch zu viel - die Veranstaltung war zwar genehmigt, sollte aber doch nicht stattfinden.

'Die Mutter' sollte in Moabit gegeben werden, die Weigel in der Hauptrolle, neben ihr als Pelagea Wlassowa - Margarete Steffin.

Diese Margarete Steffin war eine der vielen amourösen Seitenarabesken der Ehe Brecht / Weigel, unter der die Weigel litt.
Aber es war nicht die einzige Frau, die seinem Charme verfiel - obwohl Brecht wahrlich nicht schön war, schüchtern und dazu noch ungepflegt wirkte. Irgendetwas musste an ihm dran sein, dass es auch noch eine Elisabeth Hauptmann, eine Ruth Berlau geben konnte, die als 'Entourage' mit auf der Flucht vor den Nazis durch Europa zogen.

Es ist zu bewundern, dass Helene Weigel diese Kränkungen über Jahre aushielt und zu Brecht stand, auf sich lud, seine Kinder aufzuziehen, Häuser/Wohnungen einzurichten und wieder weiterzuziehen über Land und Meer und auf der Bühne zu stehen, um Bertolt Brecht zu propagieren und letztlich durchzusetzen.

Klemens von Metternich
   ... am 15. Mai 1773 geboren

Sein Name wird zwangsläufig mit der Restauration von 1815 in Verbindung gebracht.

Zurück mit allem - vor die Zeit Napoleons - war die Devise.
Metternich war derjenige, der sich vornehmlich um ein Zurückdrängen jeglicher Art von Liberalisierung und Demokratisierung in Europa bemühte.

Die Karlsbader Beschlüsse von 1819 mit ihren Zensur- und Kontroll-Regelungen nach dem Mord am Theaterdichter und Diplomaten August von Kotzebue gaben dem Staat die Möglichkeit, 'Erregungen' in ihren Anfängen zu erkennen und abzustellen.

Metternich gelang es, den Willen Russlands, nach Westen vorzudringen, abzumildern - er verhinderte auch die Einverleibung von Sachsen durch Preußen – und, das besiegte Napoleonische Frankreich wurde geschont.

Wichtig war ihm, ein Gleichgewicht zu schaffen und dies alles unter der Führung eines starken Österreich zu regeln.

Er selber war durch eine strenge Schule in Straßburg gegangen, österreichischer Diplomat geworden und so daran interessiert, für sein Gastland, Regelungen zu finden und günstige Ausgangspositionen zu schaffen.
Der Kongress zur Neuordnung Europas fand somit auch in Wien statt.

Die politischen Erhebungen von 1830 minderten seinen Einfluss, mit den Aufständen von 1848 verlor er ihn gänzlich, trat zurück, ging nach Großbritannien ins Exil - reiste aber bereist 1851 wieder nach Wien, wo er 1859 starb.

Thomas Bernhard nimmt Metternich in seinen 'Theatermacher' auf und bemerkt mit Bezug auf die Geburtsstadt Metternichs Koblenz, er habe etwas 'koblenzisches' gehabt.
In der dritten Szene mit seinem Sohn Ferruccio lässt Bruscon als Regieanweisung für sein Schauspiel 'Das Rad der Geschichte' gleich am Beginn sagen:

'Wenn Metternich auftritt
kann Lady Churchill ohne weiteres
noch den Hut aufhaben
er fällt ihr erst vom Kopf
wenn er sich gesetzt hat'


oder einige Zeilen weiter:

'Sie setzt ihn gleich wieder auf
Metternich ist in Verlegenheit
weil er natürlich an Zar Nikoslaus denkt'

Rudolf Zollner, der einstmalige Oberspielleiter Schauspiel am Oberpfälzer Metropol-Theater Regensburg spielte den Bruscon an der Württembergischen Landesbühne Esslingen als 'die Poppenborg' dort noch maßgeblich an der Spielplangestaltung mitwirkte.

'Annie Get Your Gun'
   ... am 16. Mai 1946 uraufgeführt

„Alles was du kannst, das kann ich viel besser“ - diesen Song aus dem Irving-Berlin-Musical gaben Giulietta Simionato und Ettore Bastianini beim Ball des Prinzen Orlofsky in der Einspielung der 'Fledermaus' unter Karajan zum Besten.
Das Musical lief in seiner Urfassung 1147 mal am Broadway und 1304 mal in London.
Nach der Volksoper in Wien spielte das Theater des Westens in Berlin nach.
Heidi Brühl war die Annie und Robert Trehy der Frank Butler.

Die deutsche Fassung erarbeitete Marcel Prawy, der Jura und nebenbei Musik studiert hatte.

Aus dem Elternhaus erhielt er außerdem eine exzellente kulturelle Bildung.
Die Studien erwiesen sich als nützlich für seine spätere Karriere.

Der Überfall Nazideutschlands auf Österreich im März 1938 änderte Prawys Schicksal. Wie die meisten seiner jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger stand er vor dem drohenden Schicksal der Vernichtung.

Er floh nach Frankreich, wurde dort vom Vichy-Regime interniert, das Juden bedenkenlos an Nazischergen auslieferte.

Auch der Tenor Jan Kiepura emigrierte nach Frankreich.
Er konnte Prawy mit den ihm zur Verfügung stehenden Beziehungen aus dem Internierungslager holen.

Danach gingen Kiepura, dessen Frau Marta Eggerth und Prawy ins amerikanische Exil.

Kiepura wurde an der Metropolitan State Opera New York mit offenen Armen empfangen und
Prawy war viele Jahre sein Sekretär.

Nach dem Krieg war Marcel Prawy derjenige, der das Musical im deutschsprachigen Raum etablierte.

Ein weiteres der von Prawy protegierten Stücke ist 'Kiss me Kate'.
 


 

 

 

 

















 Birgit Nilsson
vor  100 Jahren, am 17. Mai 1918, geboren

Ganz am Anfang war sie Agathe. Bald entwickelte sich zur Heldin. Sie wurde zur Einzigartigen, sie war Isolde, Brünnhilde und die aufbegehrende Elektra, die herrische Turandot und - ganz zum Schluss - noch die Färberin in ’Die Frau ohne Schatten’.

Mit Donna Anna oder Tosca hatte sie es nicht so - beide sentimentalen Figuren passten nicht recht zu ihr - irgendwie wirkte es merkwürdig, wenn ein hochdramatischer Sopran mit der Ausstrahlung, die Welt umspannen zu wollen - auf Sentimentalität machte.

Im Endjahr des ersten Weltkrieges wurde sie auf einem Bauernhof in Südschweden geboren, spielte früh auf einem kleinen – Einoktaven-Klavier - lernte mühelos, tat sich aber schwer mit anderen sie umgebenden Musikern, da sie über das absolute Gehör verfügte. Im Zuge der sich wandelnden Orchesterstimmung musste sie sich zwischen San Franzisko und Wien ständig umstellen.
Die Anfänge waren mühsam, da sie an die falschen Lehrer geriet. Ein Stipendium half da wenig, ein Lehrerwechsel brachte nicht den gewünschten Erfolg.
Ein Einspringen für eine erkrankte Kollegin ermöglichte ihr die Lady Macbeth und Leo Blech, der sie aufgrund einer nicht perfekten Agathe nicht mehr als dreimal die Rolle singen ließ, korrigierte sich aber nach der gelungenen ’Lady-Vorstellung’ und empfahl sie nach Bayreuth.
Ab 1948 am königlichen Opernhaus in Stockholm und bei Gastspielen die Senta, Marschallin, Lisa in ’Pique Dame’, Donna Anna, Sieglinde und Siegfried-Brünnhilde, Tosca, Aida, Isolde, Amelia und Salome.

In Bayreuth fing sie mit der Ortlinde in der ’Walküre’ an und stand Anfang der 1950-er Jahre neben der Varnay und der Mödl in Bayreuth auf der Bühne.

Sie kam zur Elsa, während die beiden Kolleginnen dort schon Brünnhilde und Isolde sangen. War dann aber diejenige, die bis zum Ende von Wieland und darüber hinaus bis 1970 dort in Oberfranken die schweren Wagner-Partien interpretierte.
Das waren damals und dort noch F e s t – spiele in Bayreuth, wovon man heute nicht mehr reden kann.

Die Auffassungen über ihr Singen gingen auseinander, die einen vermissten bei ihr das Farbenspektrum der Flagstad oder Helen Traubel.
Andere wieder meinten, dass sie schrill sang und dass kein besonders geformter oder menschlicher Klang herauskam – so die Ludwig, die, nach eigener Aussage, gerne Primadonna geworden wäre, wofür es aber nicht langte.
Mit anderen Worten: ’Neidhammelei’?

Sie war allein mit ihrem Repertoire einzigartig, sie erfüllte alle dramatischen Rollen bis eben zur ’Färberein’ in späten Jahren.

Am Dienstag 04. Mai 1982. 20:00 verabschiedete Birgit Nilsson sich mit einem
Konzert in der Alten Oper in Frankfurt.

1. Siegfried-Idyll / Richard Wagner
2. Götterdämmerung. „Starke Scheite schichtet mir dort“/ Richard Wagner
3. Tristan und Isolde. „Wie lachend sie mir Lieder singen“ / Richard Wagner
4. Tristan und Isolde. Vorspiel / Richard Wagner
5. Tristan und Isolde. „Mild und leise“ - Isoldes Liebestod / Richard Wagner
Sie sang unter der Leitung von Uwe Mund große Szenen, als Zugabe die ’Rufe’ aus der ’Walküre’.
Aus ihrem Vermögen, das alle zwei Jahre 1 Million Dollar an Zinsen abwirft, stiftete sie einen Preis, der an aktive Musiker verliehen wird.
 

 

 

 

 

Peter Zadek
 
... am 19. Mai 1926 geboren

Kurt Hübner war sein Promotor - er holte den gerade aus der Emigration nach Deutschland zurückgekehrten Jungregisseur nach Ulm und nahm ihn mit nach Bremen.

Intendanzen übernahm Zadek in Bochum und in Hamburg wie auch Berlin.

Die 60-er Jahre im Bremer Theater am Goetheplatz waren mit Wilfried Minks als Regisseur und Bühnenbildner und Peter Stein wie mit den DarstellerInnen Edith Clever, Jutta Lampe, Bruno Ganz herausragend.

Der Beginn der Zeiten des Amusements hatte begonnen.
Peter Zadek orientierte sich - von England kommend - am angloamerikanischen Unterhaltungstheater.
Beispiel: seine Revue nach Fallada auch in Regensburg.


http://www.telezeitung-online.de/Kritik_'Kleiner_Mann_was_nun'_Repertoire_28.04.2007.htm

'Die Räuber' kamen 1966 in Zadeks Regie in Bremen heraus - Edith Clever war Amalia, Bruno Ganz Franz Moor - es ging dem Regisseur darum, das Standard-Klassikerpublikum zu provozieren.
Er stellte die Räuber vor einen Rundhorizont mit einer Comic-Collage und ließ sie in Horrorfilm- und Western-Kostümen auftreten.

Er meinte, auch bei Schiller seien die Personen nicht der Realität entnommen, sondern sie wären Kolosse der damaligen Zeit und nur so dem Publikum des 18. Jahrhunderts näher zu bringen gewesen.

Die Übertragung von Regieanweisungen unter Benutzung des Repertoires der Schauerfilme der 60-er Jahre betonte das Grelle, die Exaltation von Schillers Jugendwerk, das nicht der Realität entspreche - die Orte, die Figuren nur Träger von Ideen.

Höchst problematisch, die da beginnende Tendenz der Verschiebung des Tragischen ins Komödiantische - um des Gags willen wie jetzt an Ostermeiers Schaubühne beschrieben unter
www.telezeitung-online.de/Kritik_'Kabale_und_Liebe_-_Schaubuehne_Berlin_01.11.09_final.htm


und am DT
www.telezeitung-online.de/
Bemerkungen_zu_'Kabale_und_Liebe'_Deutsches_Theater_Berlin_4.4.2010
_rev._30.4.2016.htm


oder in Hannover
http://www.telezeitung-online.de/
Bemerkungen_zu_Kabale_und_Liebe_Staatsschauspiel_Hannover_08.09.2017.htm

wie auch bei Peymann – das Stück von ihm selber auf unerträgliche Weise verulkt - im Theater am Schiffbauerdamm.
Die Darsteller und erst recht das Publikum wollen ernst genommen werden, auch in seiner Sympathie für Klassik - es fühlt sich verletzt, wenn die Werke aus lauter krampfhafter Effekthascherei auf den Kopf gestellt werden und krampfhaft angeblich Neues gemacht wird, nur damit sich das jeweilige Haus, der Regisseur, der Intendant zu Lasten des Steuerzahlers unter Außerachtlassung des Bildungsauftrages 'einen Namen machen'.

 

B 

Leo Slezak
 ... am 01. Juni 1946 gestorben

Bis in seine letzten Tage schrieb er seinem Sohn Walter nach Hollywood.
Der letzte Brief ist auf den 18. Mai 1946 datiert.
 

Walter Slezak hatte in Amerika Karriere gemacht, drehte Filme und verdiente gutes Geld, lebte auf einer eigenen Farm, während der Vater in seinem Haus am Tegernsee sich nur mühsam am Leben halten konnte.

Tochter Margarete war bei ihm und sein Schwiegersohn, der ihn mit dem Rollwagerl durch den Ort schob, wo er Lebensmittel zusammenschnorrte.

Er, der immer gut gelebt und gegessen hatte - auch um seine 1,95 Meter Körper-Gesamthöhe für die anstrengenden Rollen 'in Schwung' zu halten.

Als Statist begann er am Stadttheater in Brünn, sang die Chorstellen, die ihm im Gedächtnis geblieben waren, mit. Adolf Robinson, der in der Vorstellung des  'Bajazzo' den Tonio sang, wurde sein Lehrer.

Mit 19 Jahren debütierte er in Brünn mit dem ’Lohengrin’. Damals glückte noch nicht alles so, wie es sich der Lehrer vorstellte.

Schon sehr bald holte ihn die Lindenoper nach Berlin. Da hatte er nicht viel zu singen, wurde übersehen - allenfalls als Adolar in Webers 'Euryanthe' durfte er auftreten.

Breslau war die nächste Station, da kam er zum Einsatz und bei einem Gastspiel von Theodor Reichmann von der Wiener Staatsoper als Hans Sachs sang Slezak den Walter von Stolzing.

Reichmann empfahl ihn dem Direktor der Wiener Staatsoper, Gustav Mahler, der ihn zu einem Gastspiel auf Anstellung einlud. Allein wie Wahl der Rollen, die er anbot, war schon eine Staatsangelegenheit.
Er suchte den Arnold in Rossinis 'Wilhelm Tell' aus, sang alles, auch die hohen Cis.
Als zweite Rolle den Radames und als dritte den Walter, den er ja schon in Breslau gesungen hatte.

Der Erfolg war groß, die Anstellung sicher und so sang Leo Slezak - unterbrochen von vielen Gastspielen weltweit - bis zum Jahr 1934 an der Wiener Staatsoper.

In dem Jahr verabschiedete er sich dort mit dem Canio im 'Bajazzo', der Oper, in der er damals in Brünn als Statist Aufmerksamkeit bei seinem späteren Lehrer, Adolf Robinson, der damals den Tonio sang, erlangte.

Leo Slezak war ein humorvoller Mensch, der sich durch seine komödiantischen Talente sehr gut im neuen Medium ’Film’ zeigen konnte.
Da waren die Titel:
'Freut euch des Lebens'
'Die vier Gesellen'
'Die Herren vom Maxim'
'Golowin geht durch die Stadt'
'Es war eine rauschende Ballnacht'
'Münchhausen'

Seine Bücher
’Meine sämtlichen Werke’
’Der Wortbruch’
’Der Rückfall’
’Mein Lebensmärchen’

verstärkten seine Popularität, so dass sich viele Fans auch heute noch gern an den großen Sänger, Filmschauspieler und Autor erinnern.

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-44419897.html

Leo Slezak sang die großen Partien des Tenorfachs - deutsches Fach vom Tamino oder das italienische Fach bis hin zum 'Otello'.

Für das französische Fach ließ er sich speziell von Jean de Reske in Paris ausbilden.

Aufgrund dieser Vielfalt bei der Möglichkeit der Besetzung von Rollen, wurde Caruso gewarnt als Slezak in New York sein Engagement an der Metropolitan Opera antrat:

“Caruso hüte dich, Slezak kommt!“

Neben den großen Opernpartien interpretierte Leo Slezak gerne und mit viel Erfolg weltweit vornehmlich aus seinem Repertoire 'Das 'Deutsche Lied'.

     

 

 

Thomas Langhoff
  ... am 03. Juni 1963 zurückgetreten

Thomas Langhoff wurde 1901 in Berlin als eines von vier Kindern des Kaufmanns Gustav Langhoff geboren, in Freiburg im Breisgau besuchte er das Gymnasium.

Nach Beendigung des Ersten Weltkriegs war er Statist am Königsberger Theater. Dort sah man ihn schon bald in ersten Nebenrollen - ohne jede Schauspielausbildung.

Ab 1923 spielte er am Thalia Theater Hamburg und in Wiesbaden. Dann bei Louise Dumont und Gustav Lindemann an den Städtischen Bühnen Düsseldorf und ab September 1932 bis 28. Februar 1933 dort unter Walter Bruno Iltz.

Langhoff engagierte sich in dieser Zeit intensiv für die KPD, war der künstlerische Leiter der 1930 gegründeten Agitprop-Truppe 'Nordwest-ran', die u. a. auf Gewerkschaftsveranstaltungen auftrat.
Langhoff war auch Mitglied der Düsseldorfer Gruppe Assoziation revolutionärer bildender Künstler, kurz 'ASSO'.

Ab 28. Februar 1933 war Langhoff 13 Monate in Haft und Konzentrationslagern. Er konnte in die Schweiz fliehen und wurde an das Schauspielhaus Zürich als Regisseur und Schauspieler engagiert.

Langhoff war Gründungsmitglied der Bewegung Freies Deutschland in der Schweiz.


1945 kehrte Langhoff nach Deutschland zurück, wurde Generalintendant des Düsseldorfer Schauspielhauses.

1946 übernahm er das Deutsche Theater in Ost-Berlin von Gustav von Wangenheim, dort feierte er auch Erfolge als Regisseur.

In der Kulturpolitik der DDR spielte er eine wichtige Rolle, z.B. als Mitglied der Akademie der Künste.

1956 wurde er Präsident des DDR-Zentrums des Internationalen Theaterinstituts der UNESCO.

Doch schon bald kam es zu ersten Auseinandersetzung mit der Kulturkommission des ZK der SED. Man warf ihm, in Bezug auf die Spielpläne, mangelnde Umsetzung des Sozialistischen Realismus vor.

1963 trat er im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung um das von ihm inszenierte Stück 'Die Sorgen und die Macht' von Peter Hacks zurück, Wolfgang Heinz wurde sein Nachfolger.

©
heerrufer.de

 

 

 



Fortsetzung von Seite 24, Heft Nr. 16 / Ausgabe 4 / 2018

Lohengrin
Die Quellen - Literarische und historische Grundlagen

PROSAENTWURF

In der Prosafassung der ersten Szene spricht der ’Marschall’ nur vom Gerichtstag, um ’zu richten und Recht zu sprechen dem, dem Recht gebührt’. Während in der Text-Dichtung sehr viel differenzierter die Aussage getroffen wird, dass nicht nach Landesrecht – also nicht nach den Regeln des 'Lex Frisionum' - sondern nach übergeordnetem ’Reiches Recht’ geurteilt werden soll.

Er fordert Friedrich auf, ihm vom Stande der Angelegenheiten des Brabantischen Fürstenhauses Rechenschaft zu geben. –Graf Friedrich tritt vor
»pp. Herr, als der Herzog von Brabant zum Sterben kam, hinterließ er zwei Kinder: Elsam u. Gottfried; als seinem nächsten Verwandten übergab er mir die Pflege des Landes während der allzugroßen Jugend Gottfried's: ich wahrte seiner Jugend gleich einem Kleinod, wer seinem Leben zu nahe getreten, dem hätte ich mit meinem eigenen wohlgewehrt; doch wer hätte glauben können, daß in seiner eigenen Schwester ihm eine Todfeindin erwachsen? Hört, was ich jetzt klagen muß! Lustwandelnd gingen beide, Gottfried u. Elsam in den Wald; die Schändliche verlockte ihn wohl in dessen tiefste Ferne, denn als wir alle ihrer Heimkehr wegen besorgt schon lange geharrt, kam endlich Elsam allein zurück, mit verstellter Sorge nach dem Bruder suchend, der ihr im Wald, als sie sich zufällig von einander entfernt, entschwunden - wie sie sagte. Als wir vergebens rastlos u. lange geforscht, doch des Vermißten keine Spur gefunden, als ich sie drohend denn befragte - da ergriff sie Zagen u. Zittern, die uns die gräßlichste Schuld ersehen ließ, die ich im Streit auf Leben u. Tod nun gegen alle Welt erhärten will. Herr, da ergriff mich Abscheu vor der Magd, u. war mir ihre Hand vom Vater gleich zugesagt, so verschmähte ich sie u. vermählte mich mit Ortruden, deren Adel keinem weicht, da sie wie Du, mein Kaiser, einem alten
fürstlichen Geschlecht der Sachsen, die vormals hier schon geherrscht, entsprossen.

Dieser, über die Zustände in Brabant berichtende, Friedrich von Telramunt ist eine Figur, die in Quellen Erwähnung findet und von den Erzählern als Held in verschiedenen Schlachten gezeigt wird so auch “der zu Stockholm in Schweden einen Drachen getötet hatte”.
Die Gründe, warum zunächst der Name Telramunt mit scharfem ’t’ am Ende geschrieben wird, während der Name später mit weichem ’d’ endet, lässt sich nicht klar erforschen.
Gleiches gilt für die Schreibweise der brabantischen Herzogstochter, die nach der Quelle “Els oder Elsam” genannt wurde.
(Grimm, Jacob, Deutsche Sagen, Stuttgart, 1961, S. 134

In der Prosafassung wird der Name mit Elsam angegeben, wie er auch in der Sagensammlung von Jacob Grimm verwendet wird, der in der Text-Dichtung dann aus unbekannten Gründen von RW in ’Elsa’ umgewandelt wurde.
Ebenfalls nicht nachvollziehbar ist die Quelle für den Namen 'Ortrude' und auch hier die spätere Umwandlung in 'Ortrud'.
Der Name Ortrud als solcher ist offensichtlich eine Erfindung Richard Wagners – wie auch die Senta im ’Holländer’ auf ihn zurückgeht. Jedenfalls hat die Forschung bisher keine Hinweise gefunden, die eine Ableitung aus anderen Quellen zulassen.

Ortrud besteht aus zwei Elementen:
1. Ort = germanisch Spitze des Speeres, der Lanze
2. Drude oder Trute, Trude = mdh. Zauberin, Unholdin, aber auch Eingeweihte, Priesterin.

Ortrud bedeutet also ’Speerspitzenkundige’.
Die Silbe ‘trud’, ‘traut’ ist auch heute noch in vielen Namen lebendig, z.B. Gertrud, die mit dem Speer vertraute, Rotraud: ahd. hrod = berühmt, berühmte Zauberin, Freundin.
(May, Martin: Die keltogermanischen Sprachen und ihr Verhältnis zu allen übrigen Sprachen, Leipzig o.J., Kluge, Friedrich: Ethymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, Berlin, New York 1975)

Ein von den Vorlagen abweichender Handlungsstrang ergibt sich bereits in der Prosafassung gegenüber den übrigen Quellen als die Figur des Bruders Gottfried hier eingefügt und darüber hinaus dieser angeblich von Elsa allein im Wald zurückgelassen wird, um damit den Thronfolger zu beseitigen und um gemeinsam mit einem Ehemann “gewiß, dass sie den Buhlen schon gewählt” die Herrschaft über Brabant antreten zu können.

Diese Anschuldigung des Brudermordes durch Telramund führt nun zur eigentlichen Klage gegen Elsa. Die Zurückweisung der Hand in der Text-Dichtung mit “die meine Hand voll Hochmut von sich stieß” und die Anklage wegen geheimer Buhlschaft kommt hier in der Prosafassung nicht zur Ausführung.

Eine weitere Abweichung von der Text-Dichtung ergibt sich dadurch, dass in der Prosafassung die Ausführungen zur Abstammung Ortruds gänzlich anders angelegt sind.

Wird in der Prosafassung noch von “einem alten fürstlichen Geschlecht der Sachsen, die vormals hier schon geherrscht” als Herkunftslinie für Ortrud gesprochen, so ist diese in der Text-Dichtung, die unmittelbar vor dem November 1845 abgeschlossen wird, in die Abstammung neu spezifiziert mit “Ortrud, Radbods, des Friesenfürsten Sproß”.

Fraglich ist, warum sich RW hier so vage ausdrückt, in dem er von 'einem alten fürstlichen Geschlecht der Sachsen spricht’. Es ist anzunehmen, dass er wusste, dass das Herrschaftsgebiet der Sachsen sich nicht bis Friesland in den Bereich der Scheldemündung ausgedehnt hatte und er durch die Verbindung zu Sachsen auch nur den Status von Ortrud in einen Herrschaftsbereich ohne Begründung in die Nähe von Heinrich I. bringen wollte.

Also erst in der Zeit zwischen Juli 1845 und November 1845 hat RW Kenntnis bekommen von einer Erzählung ’Radbod lässt sich nicht taufen’, die ebenfalls Teil der Grimmschen Sagen ist.

 

Radbot lässt sich nicht taufen

Als der heilige Wolfram den Friesen das Christentum predigte, brachte er endlich Radbot, ihren Herzog, dazu, daß er sich taufen lassen wollte. Radbot hatte schon einen Fuß in das Taufbecken gestellt, da fiel ihm ein, vorher zu fragen, wohin denn seine Vorfahren gekommen wären. Ob sie bei den Scharen der Seligen oder in der Hölle seien? St. Wolfram antwortete: »Sie waren Heiden und ihre Seelen sind verloren«. Da zog Radbot schnell den Fuß zurück und sprach: »Ihrer Gesellschaft mag ich mich nicht begeben; lieber will ich elend bei ihnen in der Hölle wohnen als herrlich ohne sie im Himmelreich.« So verhinderte der Teufel, daß Radbot nicht getauft wurde; denn er starb den dritten Tag darauf und fuhr dahin, wo seine Mannen waren.

Andere erzählen so: Radbot habe auf Wolframs Antwort, daß seine Vorfahren zur Hölle wären, weitergefragt, ob da der meiste Haufen sei. Wolfram sprach: »Ja, es steht zu befürchten, daß in der Hölle der meiste Haufen ist.« Da zog der Heide den Fuß aus der Taufe und sagte: »Wo der meiste Haufen ist, da will ich auch bleiben.«
(Soden von, Michael, Lohengrin, Frankfurt am Main, 1980)

Möglich ist allerdings auch, dass RW aus der von Alkuin verfassten Vita des Heiligen Willibrord die Missionspredigt Willibrords, gehalten 714 vor dem Friesenfürsten Radbod, entnommen hat.

Nicht ein Gott ist es, den du verehrst, sondern der Teufel, der dich, o König, in den schlimmsten Irrwahn verwickelt hat, um deine Seele dem ewigen Feuer zu übergeben. Denn es ist nämlich kein Gott außer dem Einen, der Himmel und Erde erschaffen hat, das Meer und alles, was darin ist. Wer diesen in wahrem Glauben verehrt, wird das ewige Leben haben. Das bezeuge ich dir heute als sein Diener, damit du dich von der Lügenhaftigkeit des alten Irrglaubens, den deine Vvorfahren anhingen, endlich abwendest und, glaubend an den einen allmächtigen Gott, unseren Herrn Jesus Christus, im quell des Lebens getauft, du alle deine Sünden abwäschst und, alle Bosheit und Ungerechtigkeit fortwerfend, du dann als neuer Mensch lebst in aller Nüchternheit, Gerechtigkeit und Heiligkeit. Dies tuend, wirst du mit Gott und seinen Heiligen die ewige Herrlichkeit besitzen. Wenn du aber mich, der ich dir den Weg des Heils zeige, verachtest, so wisse mit Sicherheit, dass du die ewige Pein und die Flammen der Hölle mit dem Teufel, dem du gehorchst, erleiden wirst.
(Padberg, von, Lutz E., Die Christianisierung Europas im Mittelalter, Vita sancti Willibrordi, Stuttgart, 1998)
 

Unter Benutzung dieser Quellen verlegte RW damit die Abstammung Ortruds mehr in das westliche Europa und hat sie direkt in Verbindung mit Friesland gebracht.

In beiden Fällen, Friesland und eben wie vorher in der Prosafassung vorgesehen, Sachsen, kann er auf der Basis des langjährigen Kampfes der Ur-Bevölkerung gegen die Christianisierung fußen und damit Ortrud eine singuläre Position in ihrem Kampf gegen die fragwürdige, naturferne und unrealistische Heilslehre aus den nah-östlichen Wüstengebieten einräumen.

In der Text-Dichtung spricht RW eindeutig von “des Friesenfürsten Spross” und meint damit eine Nachfahrin Radbods. Entgegen dieser Eindeutigkeit sind in der Forschung auch falsche Aussagen publiziert worden, als z.B. Hans-Joachim Bauer behauptet “in Lohengrin spricht Friedrich von Telramund von Radbod als Vater Ortruds”.
(Bauer, Hans-Joachim, Richard Wagner Lexikon, Bergisch Gladbach, 1988)


Zunächst einmal wird in der Text-Dichtung an keiner Stelle der Vater Ortruds erwähnt und von den geschichtlichen Abläufen käme Radbod als Vater nicht in Betracht, da Radbod bereits im Jahr 719 verstarb, der Lohengrin in der Form von Richard Wagner in Bezug auf die historischen Umstände des Ungarn-Krieges und die Anbindung an Heinrich I. um 933 angesiedelt sein muss.

Darum so führe ich nun Klage gegen Elsam von Brabant, die ich des Brudermordes schuldig erkenne: willst du ihr das Leben schenken, so sei sie doch ehrlos, schmachvoll, arm u. unbedeckt aus dieses Landes Marken verbannt. Dies Land doch spreche ich an für mich, da ich der nächste Verwandte des Herzoghauses bin, selbst wenn ich nicht erwäge, daß mein Weib dem ältesten Fürstenhause dieses Landes entstamme.« - Chor (in feierlichem Grauen) »Ha, schwere Schuld! Mit Grausen muß ich die Klage hören!« - D. Kaiser: »Du sprichst da eine fürchterliche Klage aus! Pp.« Seinen Zweifeln entgegenet Friedr. [Eine am Blattrande stehende, hieher gehörige Ergänzung besagt: Friedrich: Gott selbst zürnt dem Lande, in dem solche Unthat begangen. Elend u. Noth drückt es überall; vernichtet stehn die Staaten, Unheil u. Zwist spaltet die Edlen etc.«] dadurch, daß er Elsam als eine hochmüthige Träumerin schilt, die ihm, dem ihre Hand zugesagt, mit Abneigung behandelt habe; sobald sie nun ihres Bruders ledig, durfte sie sich als Herrin des Landes betrachten u. ihrer Meinung nach frei über ihre Hand verfügen: »gewiß, daß sie den Buhlen schon erwählt.« Der Kaiser befiehlt Elsam vor sein Gericht zu führen. Sie erscheint in ärmlicher Kleidung, von zwei Dienerinnen u. Knechten geleitet. - Chor - (Theilnahme u. Abscheu bei ihrem Anblick.) Der Kaiser befragt sie über die erhobene Anklage u. Schuld. Im vollsten Bewußtsein ihrer Unschuld antwortet sie nur wenig, beruft sich auf Gott, der sie schützen werde. Auf neues Fragen bestätigt sie den Vorgang wie ihn Friedrich erzählt; sie wisse nicht, was ihrem Bruder widerfahren u. nehme nur an, daß er durch einen jähen Sturz pp. verunglückt sei. " Was soll ich reden, ihr mächtgen Männer? Gott nur kann mir Fürsprache geben, auf den ich hoffe! Er wird mir den Retter senden, den er mir im Traum gezeigt.« - Chor. Verwunderung und gesteigerte Theilnahme. Erneuter Zweifel des Kaiser's. - Friedr.: »Mich irrt nicht ihr schwärmerischer Muth! Ich kann Euch einen Zeugen stellen; - auch ich war zweifelhaft der Unthat, und erst, als ich aus eines Zeugen Mund sie bestätigt erhielt, glaubt' ich daran.

In der Prosafassung gibt Telramund im ersten Akt vor “auch ich war zweifelhaft der Unthat, und erst, als ich aus eines Zeugen Mund sie bestätigt erhielt, glaubt’ ich dran”. Diese Aussage ist auch Bestandteil der Rede Telramunds vor dem König im ersten Akt der Text-Dichtung; mit “Glaubwürdig ward ihr Frevel mir bezeugt” und noch einmal im zweiten Akt wirft Telramund Ortrud vor, dass vom “wilden Schlosse aus die Untat habest du verüben sehn”.

Mein Stolz verbietet mir, den Zeugen zu nennen; Wer wagt es mir den Preis der Ehrenhaftigkeit in Zweifel zu stellen? « Er erinnert den Kaiser an die Dienste, die er ihm geleistet u. beruft sich auf seinen untadeligen Namen. Der Kaiser u. Alle bestätigen ihm dies, preisen seine Mannhaftigkeit u. hohe Tapferkeit: Der Kaiser: » Fürwahr, in keines andren Huth möchte ich Brabant wissen, als in der [Wagner schrieb versehentlicherweise »dem«.] Deinen; « Darum, so dünkt mich, die Sache sei reif, sie dem Gottesgericht zu übergeben.«

Vergleicht man die Aussage des Königs die später in der Text-Dichtung Verwendung findet: “Gott allein soll jetzt in dieser Sache noch entscheiden” mit der Aussage in der Prosafassung: “Darum so dünkt mich, die Sache sei reif, sie dem Gottesgericht zu übergeben” so lässt sich in Bezug auf die Hilflosigkeit - trotz Machtbefugnis - eine Parallele ziehen zu Kleist, wenn er den Dorfrichter Adam sagen lässt “im Haag bei der Synode anzufragen, ob Belzebub den Kruf zerbrochen”.
(Kleist, v. Heinrich, Der zerbrochne Krug, Elfter Auftritt, Zeile 1750).

Feierliche Anfrage an Friedrich, ob er bereit sei, seine Aussage im Gottesgericht, im Kampf auf Leben u. Tod, zu vertreten? Fried.: (feierlich) bejaht. Elsam wird ebenso befragt, ob sie bereit sei, ihre Unschuld der Vertheidigung durch einen Kämpfer im Gottesgericht zu überlassen? Elsam: »Mein Hirn ist so erfindungslos in Auffindung von Vertheidigungsgründen, daß ich immer nur eines zurufen kann: ich bin ohne Schuld! Den Schutz meiner Unschuld kann ich somit einzig nur Gott durch den » Wen wählst du dir zum Kämpen?« Friedr.: - »Verkämpfer, den er mir sende, überlassen! « Der Kaiser: nehmt jetzt den Namen ihres Buhlen. « Elsam: » Wo habe ich zu wählen? Wohl weiß ich, daß mir alle Edlen dieses Landes feind gesinnt sind, pp. ich muß des Kämpen harren, der sich mir aus freiem Willen anbietet!

Rufet ihn auf! Er muß sich mir stellen, er ist mir verheißen - ich biete ihm meine Hand, mich selbst, das Erbe meines Vater's, er sei hie Herr, ich seine Magd!« - Die Fürsten: »Ein hoher Preis durch Gott zu gewinnen wäre! Doch steht es um sie schlimm; wer möchte für sie gegen den stärksten Kämpfer streiten?« Der Kaiser befiehlt nun die Aufforderung ergehen zu lassen: Trompeter blasen nach den 4 Himmelsgegenden das Zeichen zur Aufforderung; der Marschalk stellt sich auf eine kleine Anhöhe u. ruft feierlich auf: - »wer sich für Elsam zum Kampfe im Gottesgericht stellen wolle, solle erscheinen! « - Langes Schweigen. Chor »ha, die Aufforderung verhallt! Keiner will sie beantworten! Schlimm steht es um sie! « Elsam's entstehende u. wachsende Angst! Friedrich: »seht, sie verzagt! pp. « Elsam: »oh laßt den Ruf noch einmal ertönen!« - Die Trompeter geben abermals die Zeichen. Langes Schweigen. - »Seht, Gott spricht sein Urtheil in düstrem Schweigen aus!« Elsam sinkt auf die Knie u. ruft den Himmel inbrünstig um Beistand an. –

Die am Höchsten stehenden erblicken in der Ferne eine wunderbare Erscheinung auf dem Wasser sich nahen. »Seht, was ist das? Welch seltsam Wunder! Ein Schwan, - ein Schwan zieht einen Nachen dort heran, in ihm ein Ritter - hoch aufgerichtet - wie glänzt sein Waffen-Schmuck! Seht, immer näher - an einer goldnen Kette zieht der Schwan! Ein Wunder! Ein Wunder! « Von allen Seiten wird die Theilnahme u. Neugier reger; Alles verläßt die Sitze u. eilt dem Ufer zu. Ein Schwan zieht einen Nachen heran, in welchem Lohengrin aufgerichtet steht, in glänzender Silber-Rüstung, den Helm auf dem Haupte, den Schild auf dem Rücken, ein kleines Horn an der Seite, auf sein Schwert gestützt. - Allgemeiner Ausbruch der höchsten Überraschung u. Verwunderung: Elsam in freudigster Begeisterung. (Ortrude in tödlichem Schrecken).

Hier handelt es sich wohl um eine Hilfe für die Sängerin, wenn bei der Ankunft Lohengrins Ortrud in der Prosafassung der Hinweis von “tödlichem Erschrecken” gegeben wird, um diesen darstellerischen Ausdruck stark zu zeichnen, während in der Regieanweisung der Text-Dichtung an gleicher Stelle relativiert und nur noch davon gesprochen wird, dass “Friedrich und Ortrud sind durch Schreck und Staunen gefesselt”. Dies ist an sich umso verständlicher als der Eindruck für den Zuschauer durch die Vertonung der Texte unterstrichen und verdeutlicht wird. Allerdings wird in der dritten Szene der Text-Dichtung der Regie-Hinweis gegeben: “Ortrud [...] gerät bei dem Anblick des Schwanes in tödlichen Schreck”. Warum RW hier für Ortrud noch einmal – und zwar unmittelbar der ersten Regieanweisung nachfolgend - verstärkend eingreift, da sie der Schwan nun schon bei dessen Eintreffen ’durch Schreck und Staunen gefesselt’ hat, ist nur als Steigerung nachzuvollziehen, zumal ein ’tödlicher Schreck’ im Sinnes des Wortes ja wohl hier schon das Ende der Rolle bedeuten müsste.

Begeisterte Begrüßung der wunderbaren Erscheinung. Als der Nachen in der Mitte dicht am Ufer hält - geht der laute Jubel in das gespannteste Schweigen über. Lohengrin, als er einen Fuß an das Land gesetzt hat, neigt sich zum Schwane: »Hab' Dank, mein lieber Schwan! Zieh durch die weite Fluth dahin zurück. woher du mich geholt! Sei treu in deinem Dienst u. mögst du dann mich glücklich wiedersehn!

Leb' wohl, leb' wohl, mein lieber Schwan!« Der Schwan wendet den Nachen u. schwimmt den Weg. den er kam, zurück: - Lohengrin sicht ihm eine Weile wehmütig nach. Alle drücken im äußersten Flüstern ihre hohe Verwunderung u. Rührung aus. - Lohengrin schreitet langsam und feierlich dem Vordergrunde zu, Alle machen ihm ehrfurchtsvoll Raum u. bewundern - ebenfalls flüsternd – seine Schönheit u. hohe Ritterlichkeit. Lohengrin senkt sich vor dem Kaiser auf ein Knie u. begrüßt ihn: »Heil Dir, Kaiser Heinrich! Gott geleite segenvoll Deine Waffen! Groß u. Ruhmreich soll Dein Name nie von der Erde schwinden.« D. Kaiser: »hab’ Dank! Erkenn’ ich richtig das Wunder, das dich hergebracht, so hat dich Gott gesandt!« - Lohengr: »ich bin gesandt für eine reine Magd zu kämpfen, der schwere Unbill angethan! Elsam von Brabant, zu deinem Kämpfer bin ich auserwählt! Willst du dich meinem Schutze anvertrau’n?« Elsam sinkt im Übermaß der Wonne zu seinen Füßen: »hier nimm mich hin, du Gottgesandter! Mein Herz, meine Seele, mein Leib sind dir geweiht!« - Lohengr. - »Wenn ich für dich im Gotteskampfe siege, willst du, dass ich dein Gatte sei?« Elsam: »Herr, mein Gut, mein Leben, meine Treue sagt’ ich dem zu, der für mich kämpfen wollte: Gebiete über meine Seele, sie ist dein!« Lohengr.: Elsam, soll ich dein Gatte sein, soll ich dein Land beschirmen u. immer bei dir weilen, so musst du eines mit geloben: Nie sollst du mich befragen, noch je zu wissen suchen, wer ich sei u. wo ich hergekommen!« - Elsam: » Nie will ich’s wissen!« - Lohengrin: »Hörst du, Elsam! Nie sollst du mich befragen pp. Willst du mir dies geloben.« Elsam: »mein Schirm, mein Engel, den mir Gott gesandt! So wie du an meine Unschuld glaubst, glaub’ ich an deine hohe Sendung! Unwerth wäre ich deines Schutzes, könnt’ ich dein Gebot nicht halten!« - Lohengrin - »Elsam, ich liebe dich!« Alles drückt flüsternd Staunen u. hohe Rührung aus. Lohengrin (in die Mitte tretend): »Vernehmet all’, Hohe, Fürsten u. Edel! Keusch, rein u. frei von aller Schuld ist Elsam von Brabant! Dir, Graf von Telramund, will ich durch Gottes Urtheil beweisen, dass dein Mund unreine Klage führte.« Die Brabanter zu Friedrich: »steht ab, ihr könnt nicht siegen!« Friedr: »Viel lieber Tod als Feigheit! - Welch Zauber dich auch hergeführt, Fremdling, der du so kühn erscheinst: ich trotze deinem hohen Muth. Lüge ist mir fremd! Drum nehme ich den Kampf auf wider dich u. hoffe kühn zu siegen!« Lohengr: »Eröffnet sei denn das Gottesgericht!«

Das Gottesurteil oder Kampfgericht war – vergleicht man es mit dem vorausschauenden Orakel – eine in der Frühzeit der Menschheit bereits bekannte Form der Befragung überirdischer Wesen oder irdischer Vorgänge.

Mangels Beweisen wurde auf nicht erklärbare Abläufe gefußt, um daraus eine Verurteilung ‚schuldig’ oder ‚nicht schuldig’ abzuleiten.

Es ging bei den mittelalterlichen Gerichtsverfahren weniger um die Klärung der Sachverhalte durch Indizien oder Zeugenbeweise, sondern um eine Beurteilung der Gesamtsituation und des Angeklagten in seiner Lage.

Bereits Tacitus schreibt in seiner Germania in Bezug auf das Orakel:
„[...] [Es gibt bei ihnen noch eine andere Beobachtung von Vorzeichen, mit der sie [...] zu erforschen suchen. Sie lassen einen (...)  mit einem ausgesuchten Streiter aus ihren eigenen Reihen [...] kämpfen; der Sieg des einen oder anderen wird als Vorentscheidung angesehen.“

„Die Reinigung eines Angeklagten durch den Zweikampf [...] ist noch in mehreren flandrischen Rechtsstatuen des zwölften Jahrhunderts vorgeschrieben. Im dreizehnten Jahrhundert verschwinden sowohl das Kampfgericht, (campghedinghe) als die Gottesurteile (Ordeele).

Während das Kampfgericht als Reinigungsmittel für Freie „[...] welches die Städtebewohner, also namentlich die Kaufleute, sehr fürchteten [...]“  galt, ist das Gottesurteil mit der Feuerprobe, dem schreiten über glühende Pflugschare, oder der Probe mit kalten und heißem Wasser „[...] eine Reinigung der Unfreien. [...]“
(Tacitus / Mauersberger, Arno, Germania, Wiesbaden, o. J.)

Später wurde der Zwang, sich diesen Wahrheitsfindungen zu stellen, reduziert und auch gänzlich aufgehoben. So befreite „[...] Heinrich I. die flandrischen Kaufleute vom Gerichtlichen Zweikampfe [...] und erlaubte ihnen, durch einen Eid absque vara sich zu reinigen.[...]“

In der weiteren Entwicklung „[...] hatten die Bürger das Privilegium, nur wenn sie wollten, den gerichtlichen Zweikampf zu bestehen [...]“ und später ging man noch weiter, indem man „[...] den gerichtlichen Zweikampf unter Strafen verbot.[...]“
(Warnkönig, Leopold August, Flandrische Rechtsgeschichte, Tübingen, 1842, Seiten 298/299)

Die auch von RW benutzte Literatur der flandrischen Rechtsgeschichte von Warnkönig wie auch die Rechtsalterthümer von Grimm trennen die aus der Überlieferung bekannten Begriffe Kampfgericht und Gottesurteil.

Es ist allenfalls aus dramaturgischen Gründen erklärbar, warum RW die beiden Begriffe zum Gottesgericht zusammenzog.

Betrachtet man die Gerichtsverfahren, so lassen sich in den meisten Fällen im Nachhinein die Vorgänge analysieren und auch darlegen, warum es zu diesem oder jenem Falle zum Ausgang dieser Untersuchung und somit zum ’Gottesurteil’ in dieser bestimmten Form zwangsläufig kommen musste.

„Die Tätigkeit Gottes ist im Gottesurteil überhaupt nicht zunächst eine strafende, das Gottesurteil ist ein Beweis, ein Zeugnis des allwissenden Gottes für die gerechte Sache, höchstens zugleich eine Art von Erkenntnis: allein regelmäßig folgt auf das judicum Dei erst noch nach Maßgabe desselben das Urtheil des menschlichen Richters mit Freisprechung oder Verdammung und im letzteren Falle tritt dann erst die Strafe ein.“
(Dahn, Felix, Studien zur Geschichte der germanischen Gottes-Urtheile, München 1857, S. 10)

Der Kaiser ordnet die feierliche Vorbereitung an. Feierliche Zubereitung u. Abgrenzung des Kampfplatzes. Einweihung desselben. Anrufung Gottes, dem Kampf zugegen sein zu wollen u. sein Urtheil auszusprechen. Hoffnung, Vertrauen. – Das Zeichen wird gegeben. Der Kampf beginnt, dauert einige Gänge. Friedrich stürzt überwunden zu Boden; Lohengrin setzt ihm das Schwert auf: »Durch Gott ist dein Leben mein! Ich schenke es dir, damit du u. dein Weib Gott kennen lernet!« Ausbruch des Jubels von allen Seiten. Lohengrin’s Preis ertönt begeistert, Elsam sinkt ihm entzückt an die Brust, der Kaiser segnet sie.[Hierzu am Blattrande die ergänzende Notiz: »?? Friedrich u. Ortrude ehrlos u. verbannt. – Der Kaiser will Lohengr. mit Brabant belehnen: er lehnt es ab u. will nur Schützer Brabant’s heißen.«.] Friedrich’s u. Ortruden’s Verzweiflung!

In der Prosafassung setzt Lohengrin nach dem Kampf Telramund am Ende des ersten Aktes “das Schwert auf”, schenkt ihm aber das Leben, “damit du u. dein Weib Gott erkennen lernest!” was in der Text-Dichtung in “mögst du der Reu’ es weihn!” umgewandelt wird. RW reduziert hier eine missionarische Botschaft Lohengrins auf eine rein menschliche Mahnung, enthebt damit die Situation einer pastoralen Peinlichkeit.

Die am Ende des ersten Aktes der Prosafassung am Blattrand angebrachte Notiz “Friedrich und Ortrude ehrlos u. verbannt” sowie “Der Kaiser will Lohengr. mit Brabant belehnen: er lehnt es ab u. will nur Schützer Brabant’s heißen.” Wird in der Text-Dichtung des zweiten Aktes aufgenommen mit “daß er den fremden, gottgesandten Mann, den Elsa zum Gemahle sich ersehnt, mit Land und Krone von Brabant belehnt. Doch will der Held nicht Herzog sein genannt - ihr sollt ihn heißen: Schützer von Brabant!”

Demnach lehnt Lohengrin Brabant als Lehen in der Text-Dichtung nicht ab, sondern nur die Titulierung ’Herzog von Brabant’. Warum RW hier endlich die Übernahme von Lehen ausnimmt ist nicht ersichtlich und nicht zu erforschen. Es kann angenommen werden, dass hier bereits eine Verbindung hergestellt werden soll zu der Aussage im dritten Akt, als Lohengrin auch ablehnt, mit in den Krieg gegen die Ungarn zu ziehen, was von den Quellen ausdrücklich gegensätzlich vorgegeben wird.

(Wird fortgesetzt)
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Die Frauenrollen in der neapolitanischen Oper
Fortsetzung von
Seite 28, Heft Nr. 16 / Ausgabe 4 / 2018

Stimmfach und Charakter - Die Theaterform Oper

3. Die neapolitanische Oper

Die Komponisten:

Leonardo Vinci

geb. wahrscheinlich 1696, gest. 1730 in Neapel,

wurde am 14. November 1708 als Convittore in das Conservatorio dei Poveri di Gesu Christi in Neapel aufgenommen, dessen Kapellmeister um diese Zeit und damit Lehrer Vincis, Gaetano Greco, war. Im Teatro dei Fiorentini in Neapel ging am 15. April 1719 Vincis erste Musikkomödie 'Lo Cecato fauzo' in Szene.

Dem Libretto kann man entnehmen, dass er Kapellmeister des Prinzen Sansevera war. Der große Erfolg bewirkte, daß Vinci rasch zum meist beschäftigten Hauskomponisten des Teatro dei Fiorentini wurde. Sein Ruf auf dem Gebiet der Commedia Musicale war schon gefestigt, als er am 4. November 1722 mit einer Opera Seria 'Publio Cornelio Scipione' hervortrat, die sich sofort durchsetzte und ihm auswärtige Opernaufträge aus Rom mit 'Semiramide' und Venedig mit 'Ifigenia in Tauride' einbrachte.

1725 führte Händel in London ein Pasticcio mit Arien Vinci's auf. In der Folge war Vinci der angesehendste neapolitanische Opernkomponist und wurde nach dem Tode A. Scarlattis außer der Reihe zum Provice maestro der königlichen Kapelle ernannt.

An Opern folgten

1725

La Rosmira fedele

Venedig

1725

II Trionfo di Camilla

Parma

1725 (Winter)

L'Astianette

Neapel

14. Jan. 1726

Didone abbandonata

Rom

1726

Siroe, Re di Persia

Venedig

1726

L'Asteria

Neapel

1726

Ernelinda

Neapel

1727

Gismondo, Re di Polonia

Rom

1727

La caduta dei Decemviri

Neapel

1728

Catone In Utica

Rom

hiervon Wiederaufführungen:

 

 

1729

 

Florenz

1730

 

Livorno

1747

 

Venedig

Frühjahr 1728

Medo

Parma

1728

als 'Medea riconoscinta'

Rom

1735

Wiederaufführung in

Wien

11. Dez. 1728

Flavio 011brio         

Neapel

06. Feb. 1729

Semiramide riconosciuta

Rom

1729

Alessandro nelle Indie

Rom

hiervon Wiederaufführungen:

 

 

1730

 

Rom

1735

 

München

28. Aug. 1729

Il Farnace

Neapel

04. Feb. 1730

L'Artaserse

Rom

hiervon Wiederaufführungen:

 

 

22. Okt. 1730

 

Neapel

19. Jun. 1731

 

Rom

Herbst 1731

 

Ferara


"Die Vertonung neapolitanischer Komödien war um 1730 eine Domäne zweitrangiger Komponisten.

Vinci's Erfolgsserie in diesem Genre war ohne Beispiel; sie hat wesentlich dazu beigetragen, das Ansehen der Gattung zu heben. Daß er zunächst ausschließlich als Komö­dienkomponist in Erscheinung trat, über die Komödie zur Oper kam und dann als Opernkomponist noch erfolgreicher wurde, verschafft Vinci eine Sonderstellung unter allen neapolitanischen Komponisten […]

Die Musikgeschichtsschreibung hat Vinci als den Meister eines 'dolce stil nuovo' und Erfinder der Arie mit obligater Begleitung angesehen […]

Bezeichnend für Vinci, namentlich im Gegensatz zu seinem Rivalen Leonardo Leo ist die Anspruchslosigkeit der Satztechnik. Die Melodie und damit die Singstimme hat die unumschränkte Herrschaft; die bevorzugte Stimmgattung wird anstelle des Alt der Sopran […]

Vinci hat offensichtlich schnell und mühelos komponiert die Ansprüche der Sänger und die Konventionen sind ihm kein Problem gewesen”.
Hucke, Helmut – Die neapolitanische Tradition in der Oper
in: Report of the 8th Congress New York 1961
in: MGG Bd. 13, S. 1663 – 1664

 

Johann Adolf Hasse

geb. 1699 in Bergedorf bei Hamburg, gest. 1783 in Venedig,

stammte aus einer Organisten-Familie, betätigte sich schon frühzeitig als Chorknabe und wurde 1718 Tenor an der Hamburger Oper. Schon 1719 ging er als Sänger und Kapellmeister nach Braunschweig, wo im Sommer desselben Jahres seine erste Oper 'Antioco' gespielt wurde, in der er selber die Titelrolle sang.

1722 wurde in Neapel zunächst Schüler von Nicola Porpora, danach von Allessandro Scarlatti, war aber weiterhin ‘Adolfo Hasse, detto il Sassone maestro di Capella di S. A. S. il duca di Brunswick’. Nach mehreren Opernerfolgen wurde Hasse 1727 Kapellmeister am Conservatorio degli lncurabili in Venedig, schrieb aber weiterhin Opern für Neapel, von 1730 ab, auch für venezianische Bühnen.

Im Mai oder Juni 1730 heiratete er die Sängerin Faustina Bordoni. Ein Jahr später wurde das Ehepaar nach Dresden eingeladen, wo man Hasse als Nachfolger für den verstorbenen Hofkapellmeister J.D. Heinichen in Aussicht genommen hatte.

Mit großem Erfolg wurde seine Oper 'Cleofide', in Anwesenheit von Johann Sebastian und Wilhelm Friedemann Bach, aufgeführt und Hasse wurde mit dem Titel 'Königlich Polnisch und Kurfürstlich Sächsischer Kapellmeister' ausgezeichnet.

Ab 1. Dez. 1733 stand das Ehepaar fest in sächsischen Diensten, nachdem beide in der Zwischenzeit teils einzeln, teils gemeinsam durch Opernaufführungen in den verschiedensten Städten Italiens (Rom, Turin, Venedig, Bologna, Neapel) ihren internationalen Ruf gefestigt hatten. Auch der Dresdner Hof ließ von nun an seinen Kapellmeister und seiner Prima donna in großzügigster Weise freie Hand. In den dreißig Jahren, die Hasse in sächsischen Diensten verbrachte, hat er durch immer wiederholte, monate- und jahrelange Aufenthalte in Italien seine dortigen Verbindungen aufrecht erhalten und seinen Ruhm als Beherrscher der italienischen Opernbühne weiter ausbreiten können.

Am 10. November 1734 wurde in London in dem gegen Händel gegründeten Opernunternhmen sein 'Artaserse' mit eingelegten Arien von R. Broschi aufgeführt.

Es folgten Aufenthalte in Wien, Venedig und anderen italienischen Städten, und der Meister führte gleichsam ein Doppelleben als fest angestellter deutscher Hofkapellmeister mit einem streng vorgeschriebenen Aufgabenkreis und als freier italienischer 'compositore scritturato', der von den verschiedenen Theaterleitungen Opernaufträge bekam. Bei Einladungen an die Höfe von Frankreich, Bayern und Preußen wurden sie beide ehrenvoll aufgenommen und Friedrich der Große, ein überzeugter Parteigänger der italienischen Oper, ließ seine Werke laufend in Berlin aufführen, und trotz der schlimmen Verhältnisse im 2. Schlesischen Krieg wurde anläßlich Friedrichs Aufenthalt in Dresden Hasses 'Arminio' gezeigt und täglich Kammermusik unter Mitwirkung des Meisters und Faustina gemacht.

Als in der jungen Regina Mingotti eine ernsthafte Rivalin für Faustina heranwuchs und 1748 Nicola Porpora als Gesangslehrer der vielseitig künstlerisch begabten Kronprinzessin Maria Antonia Walpurga (Kompositionen liegen in der Sächsischen Landesbibliothek) angestellt wurde, schien der Primat des Ehepaares Hasse vorübergehend zu schwanken, doch ging das Gastspiel der Nebenbuhlerin schon 1752 zu Ende.

Ab Ende 1760 knüpften sich enge Verbindungen zwischen dem Komponisten und dem Wiener Hof, nachdem im Sommer beim Beschuß seines Hauses die zum Stich vorbereitete Gesamtausgabe seiner Werke verbrannte.
Am 3. Aug. 1763 leitete er die Aufführung einer Neubearbeitung seiner Oper 'Siroe'.
Am 5. Oktober 1763, dem Todestag des Kurfürsten Friedrich August II., entließ man Hasse und Faustina.
Sie verließen Sachsen. Bis April 1773 wurde Wien ihre Heimat, wo sie bei Hof, in Musikerkreisen und durch die Freundschaft mit dem kaiserlichen Hofdichter P. Metastasio als Bewahrer der italienischen Operntradition in hohem Ansehen standen.

Anläßlich der Aufführung seiner letzten Oper 'Il Ruggiero' begegnete er dem jungen Mozart und soll über ihn gesagt haben:

“Dieser Junge wird uns alle vergessen lassen.”

1773 ließ er sich mit Faustina in Venedig nieder, ohne Amt zwar, aber mit reger Anteilnahme am musikalischen Leben der Stadt und jungen Musikern. Er starb am 16. Dezember 1783 und wurde  in der Kirche San Marcuota beigesetzt.

Neben zahlreichen geistlichen Werken schrieb er folgende Opern:
 

 

 

1721

Antioco

Braunschweig

 

 

1726

Il Seostrate

Neapel

 

 

1729

Tigrane

Neapel•

 

 

1730

Artaserse

 

13.

Nov.

1731

Cleofide

Dresden

 

 

1732

Cajo Fabricio

Rom

 

 

1732

Il Demetrio

Venedig

 

 

1733

Siroe, Re di Persia

Bologna

 

 

1735

La Ciemenza di Tito

Pesaro

17.

Jan.

1738

Tito Vespasiano

Dresden

18.

Jan.

1742

Lucio Papirio

Dresden

10.

Okt.

1743

Antigono

Dresden

26.

Dez.

1744

Semiramide reconosciuta

 

07.

Okt.

1745

Arminio

Dresden

07.

Okt.

1747

Leuclppo

Dresden

09.

Feb.

1748

Demofoonte

Dresden

12.

Jan.

1750

Attilio Regolo

Dresden

20.

Jan.

1751

II Ciro ricinoscluto

Dresden

05.

Feb.

1753

Solimano

Dresden

20.

Jan.

1755

Ezio

Dresden

16.

Feb.

1756

L'Olimpiade

Dresden

 

 

1760

Alcide al Birio

Wien

27.

Apr.

1762

II Trionfo di Clelia

Wien

 

 

1767

Partenope

Wien

 

 

1768

Piramo e Tisbe

Wien

16.

Okt.

1771

Ruggiero

Mailand


Wiederaufführungen

09. Sep.

1740

Artaserse

Dresden

Feb.

1751

 

Braunschweig

06. Nov.

1752

 

Lübeck

 

1738

Cleofide

Graz

 

1746

 

Wien

 

1777

 

Berlin

03. Aug.

1763

Sirlo, Re di Persia

Dresden

01. Nov.

1743

Tito Vespasiano

Berlin

24. Jan.

1766

Lucio Papirio

Berlin

31. Jan.

1748

Antigono

Braunschweig

Aug.

1748

Semiramide reconosciuta

Braunschweig

13. Mai

1747

Arminio

Wien

22. Aug.

1747

 

Braunschweig

 

1751

 

Dresden

 

1747

Leucippo

Braunschweig

 

1751

 

Dresden

19. Sep.

1754

 

Frankfurt

07. Jan.

1765

 

Berlin

 

1765

 

Braunschweig

Jan.

1750

Demofonte

Mannheim

Dez.

1775

Atilio Regolo

Berlin

11. Feb.

1752

II Ciro ricinosciuto

Stuttgart

 

1767

Partenope

Wien

18. Jul.

1775

Partenope

Berlin

 

1775

Piramo e Tisbe

Dresden

 

“Die Komponistenlaufbahn von Johann Adolf Hasse erstreckt sich über ein halbes Jahrhundert von 'Antioco' (Braunschweig 1721) bis zum 'Ruggiero' (Mailand 1771) und sie berührt natürlich alle wichtigen Opernzentren Europas. Sie vereinigt in sich Aspekte, deren mancher allein schon eine Musikerbiographie kennzeichnen könnte: der junge deutsche Musiker, der nach gründlicher Ausbildung zuhause und erster professionellen Bewährungsproben nach Italien geht, um sich im wahren Operngeschmack zu schulen; der neapolitanische Komponist, der sich mit Zähigkeit und Vielseitigkeit überregionales Ansehen gewinnt; der Maestro am Cembalo, der nach dem ersten gemeinsamen Opernerfolg seine Primadonna heiratet; der venezianische Konservatorilumsdirektor, dessen auswärtige Verpflichtungen Ihm wenig Zeit für sein Institut lassen; der Dresdner Hofkapellmeister, der Italienische Opernmusik am deutschen Hofe geradezu exklusiv präsentiert; der Altmeister, den in Wien die Kaiserliche Gunst als Bollwerk gegen moderne Geschmacksverirrung zu benützen sucht."
Strohm, Reinhard – Die italienische Oper im 18. Jahrhundert, Wilhelmshaven 1979, Seite 199

Er bekannte sich vorbehaltlos zum Geiste der Aufklärung und verstand es meisterhaft, in seiner neapolitanisch geprägten Kunst, barocke und empfindsame Züge zu verschmelzen.

Seine beiden Töchter Maria und Christina wurden von Zeitgenossen als ausgezeichnete Sängerinnen gerühmt, während über den Sohn Francesco nichts Näheres bekannt ist.

Er war der Abgott seines Zeitalters, dem er aus der Seele sprach, aber eben darum sank sein Ruhm auch völlig mit ihm, - trotz einzelner Wiederaufführungsversuche, - dahin.


"Göttlicher Hasse"

Wiederentdeckung eines Idols in Göttingen

'Divino Sassone' oder 'Deutscher König der italienischen Oper' hieß Johann Adolf Hasse, von 1731 bis 1756 Chef des Dresdner Musiklebens, Schöpfer von 65 großen Opern und elf Oratorien, verheiratet mit der berühmtesten Primadonna seiner Zeit, Faustina Bordoni. Er war das Idol seines Zeitalters, als Star geschätzt in Europa wie keiner neben ihm, ein der Aufklärung zugewendeter Musiker zwischen barockem und empfindsamen Stil.

Heute kennt Ihn keiner mehr, auch wenn in Polen Gesangsschüler mit einer Hasse-Arie geprüft werden. Die Stllwende, die zu Gluck und Mozart führte, ließ Hasse verkennen und für die Nachwelt untergehen. Die Wiederentdecker des 19. Jahrhunderts übergin­gen ihn vielleicht nur deshalb, weil seine Werke am Ende des Siebenjährigen Krieges verbrannt waren. Doch nun hat ein Nachfahre aus der Musikerfamilie Hasse, der Berli­ner Johann Friedrich Hasse, nach mühsamen Forschungen in verschiedenen Archiven Kopien entdeckt, von der Oper 'Attilio Regolo' eine sinnreiche Kurzfassung hergestellt und diese in Göttingen beim Händelfest vorstellen lassen.

Plötzlich können wir nachvollziehen, weshalb Hasse seinerzeit so beliebt war. Er ver­stand es, maßvoll-formvollendet zu komponieren, eindringliche Melodien für große Stimmen zu schreiben und nach der schematischen Opernform Händels eine schon psychologisch durchdachte Arienkunst zu formulieren, die mit individuailsiertem Aus­drucksgestalten auf Gluck und sogar auf den 'Figaro' vom Mozart vorauswies. Die ra­tionalistische Seria-Kunst fand bei ihm einen Höhepunkt, auch deshalb, weil er keinen geringeren als den Textdichter Metastasio zum Mitstreiter gewinnen konnte.

Der römische Feldherr Regolo, in Karthago gefangen, soll ausgetauscht werden. Aber er überzeugt seine Landsleute, seine Familie und schließlich noch seine Feinde, daß es ihm weit ehrenvoller ist, in Gefangenschaft zu sterben . als eine Mahnung an die Rö­mer, weiterzukämpfen, Schmach nicht zu dulden. Die Gedanken und Gefühle, die jene Entscheidung auslöste, hat Hasse kontrastreich-farbig im Nachzeichnen von Trauer und Trotz komponiert. in Göttingen atmetete man auf, horchte hin, wie erlöst von der ewigen Händelei, bei der man zwar immer einige schöne Details entdeckt, aber fast nie ein Ausgrabungsergebnis, wie das nun - ausgerechnet zum vierzigsten Jubiläum der Göttinger Händelgesellschaft - mit dieser Hasse-Oper geschah.

Wenn man die erheblichen technischer Anforderungen zu bewältigen versteht und gleichzeitig mit großen Stimmen aufwarten kann, steht einer Hasse-Renaissance nichts mehr im Wege.
Lewinski, Carles  – in ’Christ und Welt’ 23.7.1971

 

Giovanni Battista Pergolesi

geb. 1710 in Jesi (Marche), gest. 1736 in Pozzuoll bei Neapel,

sein Name, eigentlich Draghi, wie er im conservatorio dei Poveri di Gesu Christi in Neapel notiert ist‚ wo er studierte, ist aus seinem Geburtsort Jesi und der Heimat seiner Familie, Pergola, zusammengesetzt. Von schwächlicher Gesundheit und durch ein Beinlelden behindert, wurde seine musiche Begabung aber früh erkannt und von den adligen Herren G.P. Franciolini und P. Ghislieri gefördert. Er erhielt Geigenunterricht und erlernte die 'elementa musices' beim Domkapellmeister Francesco Santi, und der Marchese Cardolo Maria Pianetti schickte Pergolesi zum Studium nach Neapel, wo er vermutlich 1722 oder 1723 als Convittore ins Conservatorio eintrat.
In den Akten von 1729/30 figuriert er als Primgeiger einer wie üblich zu musikalischen Dienstleistungen ausgeschickten Schülergruppe und als Hilfslehrkraft. Seine Lehrer waren G. Greco, Leonardo Vinci, F. Duarte, B. Infantes und dessen Nachfolger für Streichinstrumente Domenico de Matteis. Zum Ende seiner Studienzeit wurde im Klosterhof von S. Agnello sein Dramma sacro 'La Conversione die San Guglielmo' aufgeführt und im gleichen Jahr erhielt er die scrittura für die Oper 'Salustina' im Teatro San Bartolomeo.

Im Jahr 1732 wird Pergolesi als Maestro die Capella des Pricipe die Stigilano genannt und am 28. September 1732 erfolgte die Aufführung seiner ersten Commedia musicaie 'Lo frate 'nnamorato' im Teatro dei Fiorentini aufgeführt, die ihm einen außergewöhnlichen Erfolg brachte. Wegen eines Erdbebens am 29. November 1732 wurden die Theater geschlossen und Bittgottesdienste abgehalten, zu denen er auch kirchenmusikalische Werke schrieb.
Zum Geburtstag der Kaiserin am 28. August 1733 erhielt Pergolesi seine zweite Scrittura für eine Opern seria 'Il Prigonier superbo', deren Aufführung sich zwar bis zum 4. September verzögerte, aber mit 'universal applauso' aufgenommen wurde, was sich besonders auf die Intermezzi bezieht, so daß noch mehrere Vorstellungen angesetzt wurden.
Im Karneval 1734 brachte das Teatro del Florentini eine Wiederaufführung des 'Lo frate 'nnamorato' mit einigen neuen Arien Pergolesis heraus, und am 25. Oktober 1734 gelangte seine letzte Opera seria für Neapel 'Adriano in Siria' mit den lntermezzi 'Urletta e Tracollo' auf die Bühne, die aber wenig Anklang fanden. Da sich Pergolesis Dienstherr, der Principe Colonna Stigliano aus politischen Gründen nach Rom begab, widmete der Komponist sich dort vorwiegend der Kirchenmusik, die ihm großes Ansehen und 1735 den Auftrag für die Oper 'Olimpiade' einbrachte. Sein auf den 19. August 1735 datierter musikalischer Scherz 'Coi Cappucini di Pozzuoli' läßt daraus schließen, daß er in diesem vielbesuchten Badeort Linderung suchte. Er verstarb dort. Im Convent der Franziskaner und wurde er am 17. März 1736 bei der Kathedrale beerdigt.

“Pergolesi ist bereits zu Lebzeiten außergewöhnlich erfolgreich gewesen und hat sich offenbar stets tatkräftiger Gönner erfreut. Kein zweiter neapolitanischer Komponist sei­ner Zeit hat so schnell wie er die Scrittura einer Opera seria erhalten, und mit der Ste­tigkeit, mit der dann Auftrag für Auftrag folgt, findet sonst nur in den kometenhaften Karrieren von Vinci und Hasse Parallelen.. Königin Maria Amalia von Neapel erläuterte 1738 ihren Befehl, 'La Serva padrona' und 'Livietta e Tracolio' neben Intermezzi lebender Komponisten im kleinen Theater im königlichen Hofgarten aufzuführen, mit den Worten "Questo autore è difonto, ma fu nomo grande", und der Präsident de Brosses nennt Pergolesi bereits 1739 "mon auteur d'affection' und 'mon panore favori."

Pegolesis Ruhm beginnt also nicht erst mit der berühmt gewordenen Wiederauffüh­rung der 'Serva padrona' in Paris a, 1. August 1752, die den 'Buffonistenstreit' auslöste. Die Pergolesibegeisterung der Enzyklopädisten machte Pergolesi zum Modekomponisten."
Hucke, Helmut – Die neapolitanische Tradition in der Oper in: MGG Bd. 13, S. 1053 - 1054


Die ungebrochene Vitalität des 'Stabat mater', das zum Lieblingsrepertoire von Mädchen- und Frauenchören gehört und dessen Arien jede junge Sängerin liebt, dazu die ununterbrochene Reihe von Aufführungen der 'Serva padrona' bis in unsere Tage sollten dazu anregen, die 'Olimpiade' oder den 'Frate 'nnamorato' aus dem Schlaf zu wecken, denn

"Viele von Pergolesis Werken sind mit einer Begeisterung geschrieben hinter der mehr steht, als nur ein paar eitle Sänger, die ihre Technik herausstellen wollten. Vielleicht ist es nicht unmöglich, etwas von jener Faszination zurückzuholen, die wirkliche Kunst für Künstler und Publikum bedeutet hat.”
Strohm, Reinhard – Die italienische Oper im 18. Jahrhundert, Wilhelmshaven 1979, Seite 218
 

La Serva padrona       Neapel

1733

Rom

1738

Parma

1738

 

1739

Bologna

1738

Lucca

1740

Venedig

1740

 

1741

 

1742

 

1745

Florenz

1742

Padua

1747

Reggio

1748

Graz

1749

Intermezzi zu Hasses 'Demetrio'        
Dresden

08.02.1740

Hamburg

31.10.1743

 

1744-1746

Wien

15.10.1746

Augsburg

1746

Potsdam

15.03.1748

Leipzig

21.05.1748

Hannover

03.09.1753

Riga

1777


sowie z.B. in: Copenhagen, London, Barcelona, Nürnberg, Berlin, Schwetzingen, Paris, Lübeck, Braunschweig, Frankfurt, Danzig, Lüttich, Dijon, Mainz, Bamberg, Edinburgh, York, Dublin, Maastricht, Gotha, Kremsmünster.

(wird fortgesetzt)

 

Zitat
Hofstetter im Konflikt mit Orchester und Vorstand

Gießen: GMD Hofstetter unter Beschuss

Gießen, 20.04.2018. Michael Hofstetter, Generalmusikdirektor des Gießener Stadttheaters, steht massiv in der Kritik. Einem Bericht der Gießener Allgemeinen Zeitung zufolge soll der Dirigent während der Hauptprobe zu „La Forza del Destinov“ von Giuseppe Verdi nach Ende der Pause versucht haben, eine Inspizientin zu schlagen. Hofstetter habe ihre Arbeit als zu langsam empfunden, offenbar waren die Musiker nicht schnell genug wieder zur Probe erschienen. Rund hundert Musiker seien Zeugen des Vorfalls geworden. In einer anderen Probe habe er wutentbrannt mit einem Mikrofon geworfen, das um ein Haar einen Bratschisten traf.

In der Folge habe das Orchester dem Generalmusikdirektor eine mehrseitige Liste mit weiteren Verfehlungen geschickt, darunter Wutausbrüche, Unverschämtheiten oder auch Kritik aufgrund Unkenntnis der Stücke. Einhergehend forderte man Hofstetter dazu auf, sich zu ändern. Hofstetter dagegen verteidigte sein Verhalten. Er sei der Auffassung, sein Verhältnis zu der Inspizientin habe sich verbessert, genauso würden seine Ausbrüche die Proben beschleunigen. Ferner betonte er, dass das Orchester mit ihm zusammen zu brillanten Leistungen fähig sei.

Die Theaterleitung hat die zuständige Landrätin und die Oberbürgermeisterin der Stadt über die Vorfälle informiert, das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst wurde ebenfalls in Kenntnis gesetzt.

Michael Hofstetter wurde 1961 in München geboren. Dort studierte er am Richard-Strauss-Konservatorium und arbeitete danach an den Theatern Wiesbaden und Gießen sowie an der Universität Mainz als Dozent für Alte Musik und Orchesterleitung. Zurzeit ist er neben seiner Arbeit in Gießen auch noch als Chefdirigent des recreation – großes Orchester Graz und des styriarte Festspiel-Orchesters tätig. Hofstetter ist Preisträger der Robert-Stolz-Medaille (Gold) und des Horst-Stein-Preises.

https://magazin.klassik.com/news/teaser.cfm?ID=14140&nachricht=Gie%C3%9Fen:%20GMD%20Hofstetter%20unter%20Beschuss

 


 

 

 


BURNING ISSUES

 

Treffen der Theaterfrauen

Theatermacherinnen wollen besser behandelt und bezahlt werden. Um darüber zu reden, wie das erreicht werden kann, trafen sich über 350 Frauen am 11. April in den Kammerspielen des Theaters Bonn.

Die Bonner Schauspieldirektorin Nicola Bramkamp und die Schauspielerin Lisa Jopt vom ’ensemble-netzwerk’ zielten mit dem Treffen vor allem auf ein Zeichen, dass sich auch das Theater Entwicklungen zukünftig nicht mehr verschließt, die auch in der übrigen Gesellschaft auf der Agenda stehen - wie etwa die gleiche Bezahlung von Männern und Frauen, Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder nach mehr Frauen in Führungspositionen. Das Treffen sollte einer Bestandsaufnahme dienen und die Teilnehmerinnen wollten debattieren, wie die Realität aussieht.
Ob es zum Beispiel mehr Förderung von Theatermacherinnen, ihrer Arbeit und ihren Themen geben müsse? Mehr Parität in den verschiedenen Berufsgruppen?

An diesen Punkten bestehen große Defizite, wie zuletzt die Studie des Kulturrats zu Frauen in Kultur und Medien (Bühnengenossenschaft 8-9/16) gezeigt hatte. Die so genannte Gender Pay Gap liegt im Kultur- und Medienbereich bei über 20 Prozent Gleichzeitig wird mit steigenden Hierarchiestufen die Zahl der Frauen immer geringer. „Das muss sich ändern!', fanden die beiden Initiatorinnen. Forderungen liegen auf dem Tisch. Nun gelte es, für einen „Paradigmenwechsel" zu kämpfen. Bramkamp berichtet, dass bei ihrem Amtsantritt vor fünf Jahren Frauen grundsätzlich schlechter bezahlt wurden als Männer: Fast 1000 Euro Unterschied bei einer 40-jährigen Schauspielerin im Vergleich zu einem gleichaltrigen Mann. Bramkamp hat das geändert, allerdings um den Preis, dass sie eine Stelle abbauen musste. Denn mehr Geld gab es natürlich nicht.

Durch die Me Too-Debatte und den offenen Brief des Wiener Burgtheater-Ensembles zum Thema Machtmissbrauch von Intendanten (Bühnengenossenschaft 3/18) hat ihr Anliegen noch einmal an Fahrt aufgenommen.

Bisher stammen 70 Prozent der Regiearbeiten von Männern und nur 20 Prozent der Intendanzen sind von Frauen besetzt - Argumente für eine Quote, wie die Regisseurinnen Angelika Zacek und France Damian vom Verein Pro Quote Bühne (Bühnengenossenschaft 11/17) sie vertreten.

Sie fordern eine 50-Prozent-Quote in allen Bereichen: Männergagen für alle, paritätische Besetzung von Kommissionen: Alles Wege hin zu einem Theater, das Gleichberechtigung lebt und Rollenbilder hinterfragt „Unsere Bewegung ist nicht mehr aufzuhalten', ruft France Damian.

Zur Konferenz waren nur Frauen zugelassen. Sie wollten ohne Männer diskutieren, denn, so Bramkamp, Frauen würden dann anders reden. Die Konferenz richte sich aber nicht gegen Männer. Es sei jetzt aber an der Zeit, sich untereinander zu organisieren und stärker für die gemeinsamen Forderungen zu kämpfen.

Das Ganze sei im Übrigen, sagt die Bonner Schauspielchefin dem ’Deutschlandfunk’, „nicht nur eine politische Debatte, sondern auch eine ästhetische.“ Man müsse bei der Auswahl der Stücke anfangen. Shakespeares Richard III könne auch mal von einer Frau gespielt werden. Was auf der Bühne gelte, das sei auch dahinter immer noch eine archaische Kultur: Kostüm und Maske seien Frauenbereiche, Intendanz, Regie und Bühne Männerdomäne. Ein Bühnenbildner bekäme 2/3 mehr Gage als eine Kostümbildnerin, das entspräche nicht dem Arbeitsaufwand.

Am radikalsten will demnächst die Regisseurin Anna Bergmann am Badischen Staatstheater Karlsruhe eine Frauenquote umsetzen. Als Schauspieldirektorin wird sie dort ausschließlich mit weiblichen Regiekräften arbeiten.

Nach Diskussionen forderten die Teilnehmerinnen die Ahndung von Machtmissbrauch und sexuellen Übergriffen sowie die Reform von „vorherrschend patriarchal orientierten Führungsstrukturen“ und wünschten sich mehr Diversität, lnklusion und Solidarität.

Als konkrete Maßnahmen sind „Vernetzung zum Thema Jobangebote und Gagenverhandlungen, das Hinwirken auf die Veränderung des Stücke-Kanons hin zu mehr Geschlechtergleichheit und Diversität, die finanzielle Beteiligung an Kinderbetreuungskosten durch den Arbeitgeber, die vermehrte Nutzung von bereits bestehenden Instrumenten der Interessenvertretung wie Gleichstellungsbeauftragte, Personalräte, Betriebsräte und Ensemblesprecher/innen" geplant.



UND ICH MITTENDRIN

350 kreative Frauen füllten den Zuschauerraum im Theater Bonn, weit über 100 Frauen standen noch auf Wartelisten!

Alle waren gekommen:

die Erfolgreichen, die es nach ganz oben geschafft haben - ja, die gibt es

die nicht ganz so Erfolgreichen, die in der mittleren Führungsebene hängen
bleiben, ohne die das Theater einpacken könnte - ja, davon gibt es ganz viele

die Abgehängten, die durch das Rost gefallen sind und von Hartz4 leben - ja
auch die

die Jungen, die Alten; die Großen, die Kleinen, die Dünnen, die Dicken –
eben Frauen.

Der Saal vibrierte vor Frauenpower. Dies war kein Emanzen-Kongress, sondern - wie Lisa Jopt sagte - eine Menschenkonferenz für Teamgeist und Vielfalt und das fühlte jeder, der im Raum war. Und jeder fühlte, dass es so nicht weitergehen kann und wir einen Paradigmenwechsel brauchen. 100 Jahre Frauenwahlrecht, 70 Jahre Grundgesetz und 35 Jahre Diskussion über Gleichberechtigung haben im Grundsatz nicht viel verändert:
Frauen kämpfen immer noch für alles, was für Männer selbstverständlich ist. Woher kommt der Mythos, dass zum Beispiel das Geschlecht einen signifikanten Unterschied in der Bezahlung von Arbeitsleistung rechtfertigt?
Oder dass Kunst immer über die Kräfte .gehen muss oder Stress die künstlerische Qualität hebt?
Oder alte Männer im Theater als interessant gelten, alte Frauen keine Rollen mehr bekommen?
Lebt das Theater von einem Jungfräulichkeitswahn? Diese und viele andere Fragen wurden mit Inbrunst, Offenheit und Respekt voreinander diskutiert.

Zum Schluss gab: es eine einheitliche Meinung: die Rolle der Frau und die Zukunft unserer Arbeitswelt funktioniert nach dem Prinzip der kommunizierenden Röhren.

Und: “Es genügt uns nicht die Hälfte vom verschimmelten Kuchen.
WIR WOLLEN EINEN ANDEREN!”
Mit dieser Botschaft bebte der Saa
l.

UND ICH MITFENDRIN!
Sabine Nolde, stv. GDBA-Vorsitzende Stellvertretende Vorsitzende der GDBA

 

 

Auszug aus derm Fachblatt der Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger Nr. 4/18
 


 



Zurück in die Zukunft

Von der Gambenbewegung zur Historischen Aufführungspraxis und über die Verdienste der Alten Musik

Führte 1910 Dirigent Felix Mottl Bachs Kantaten mit mehr als 2000 Sängern auf, so standen Bach bei der Uraufführung gerade einmal 24 Knabenstimmen zur Verfügung.

Verlangte Wilhelm Furtwängler 1950 für eine Einspielung von Bachs 3. Brandenburgischem Konzert noch 80 Musiker, so kommen Dirigenten heute mit elf Instrumentalisten aus. Die Historische Aufführungspraxis, die Annäherung an eine vom Komponisten beabsichtigte Klangvorstellung, ist im heutigen Konzertbetrieb – und nicht nur bei Alter Musik – weitgehend Standard.

Der musikgeschichtliche Stilwandel hin zu Transparenz und Klarheit, zum Wissen um Inhalte und Abläufe, vollzog sich nur allmählich und gegen viele Widerstände. Dass heute auch kleinste Bühnen Opern in Originalsprache herausbringen, dass das Transponieren, neu arrangieren und instrumentieren von Werken der Musikgeschichte im professionellen Konzertbusiness tabu ist, das man wieder im Stehen musiziert, ist das Verdienst vieler Kämpfer und historisches Klangbild.
 

Wie alles (wieder) begann

Als Felix Mendelssohn-Bartholdy 1829 Johann Sebastian Bachs Matthäus-Passion wiederaufführte, galt das Werk in seiner Urgestalt den Hörern als nicht zumutbar.

Jahre nach Bachs Tod hatten sich Musizierweise, Instrumentenbau und Orchesterzusammensetzungen radikal weiterentwickelt, respektive verändert. Bachs Oeuvre wurde nach dessen Tod 1750 zwar studiert, aber nicht mehr aufgeführt. Um 1800 bildete sich ein bürgerlicher Konzertbetrieb heraus, der vorklassische Musik außer Acht ließ und sich auf neue Kompositionen konzentrierte, ja geradezu stürzte. Im Zuge der langsam einsetzenden Bach-Renaissance, interpretierte man Werke des Barock wie selbstverständlich in klassischer oder romantischer Spieltechnik.

Dazu wurden die Originalpartituren nicht selten rigoros überarbeitet. Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts setzte allmählich ein Umdenken ein und man unternahm erste Versuche einer werkgetreuen Interpretation.

1901 gründete sich unter der Präsidentschaft von Camille Saint-Saens in Frankreich die „Societé de concerts des instruments anciens“. (Konzertgesellschaft für historische Instrumente) mit dem Ziel, Musik des 17. und 18. Jahrhunderts auf Originalinstrumenten wieder zu beleben. Mit Erfolg, eine intensive Erforschung der barocken Musikliteratur setzte ein.

Eugene Arnold Dolmetsch (1858–1940), Franzose mit Schweizer Wurzeln, war ab 1917 in England als Musiker und Instrumentenbauer tätig. Er machte die Blockflöte wieder (bis heute) populär und gründete 1925 in Surrey ein Festival für alte Kammermusik, in dem Musik für Lauten, Blockflöten, Gamben und Cembali einer Hörerschaft des 20. Jahrhunderts erschlossen wurde.

In Deutschland war der Cellist Christian Dobereiner (* 2. April 1874 in Wunsiedel; † 14. Januar 1961 in München) ein Pionier der historischen Aufführungspraxis. Als Leiter der 1905 in München gegründeten „Deutschen Vereinigung für alte Musik“ veranstaltete er Konzerte, in denen historische Instrumente wie Gambe, Baryton, Viola d‘amore und Cembalo vorgestellt wurden. Man spielte auf historischen Instrumenten und „stilechten Neukonstruktionen“ und – in Rokokokostümen.

Lautenlehrerin Olga Schwind (1887–1979) begann alte Folianten, Tabulaturen und handschriftliche Notenpergamente zu studieren und anhand von Bildern und anderen Zeitzeugnissen die Bedienung vorindustrieller Instrumente zu entschlüsseln.

Unter Zuarbeit von Handwerkern ließ sie alte Instrumente wie Harfe, Portativ und Leier nachbauen. 1939 ging sie ins Exil in die Schweiz, von wo aus sie ausgedehnte Tourneen unternahm und alte Musik in Zelten gleichermaßen aufführte wie vor Papst Pius XII. in Rom.

Ein Motor der historischen Aufführungspraxis war auch der aus Basel stammende Cellist, Gambist, Musikpädagoge und Dirigent August Wenzinger (1905–1996), der 1930 im privaten Kreis des Hagener Industriellen und Amateurgeigers Hans Eberhard Hoesch die so genannte Kabeler Kammermusik gründete, eine Gruppe von Musikern, die auf historischen Instrumenten spielte. Auf Druck der Nationalsozialisten wurde das Ensemble aufgelöst. Wenzinger besorgte eine an barocker Spielweise orientierte Ausgabe von Johann Sebastian Bachs Suiten für Violoncello solo sowie Unterrichtswerke mit Gambenübungen.

Ab 1924 war Hans Grischkat in Reutlingen als Exeget historischen Notenmaterials aktiv, er setzte bei Aufführungen von Claudio Monteverdis Marienvesper und den großen Passionen Bachs historisches Instrumentarium ein, ließ sein Sängerensemble, den Schwäbischen Singkreis, schlank und weitgehend ohne Vibrato intonieren und er spielte die Werke ungekürzt.

Weitere Impulse kamen von der aus Polen stammenden Pianistin Wanda Landowska (1879–1959), die sich bei Werken entsprechender Epochen für die Wiederverwendung des Cembalos anstelle von Hammerklavier oder Konzertflügel einsetzte.

Musikwissenschaftler Willibald Gurlitt (1889–1963) führte in den 1920er-Jahren vor großem Publikum mittelalterliche Musik auf. Als Protagonist der „Orgelbewegung“ ließ er in der Aula der Uni Freiburg die so genannte Praetorius-Orgel errichten, die Rekonstruktion eines Instruments von 1619 nach Plänen von Michael Praetorius. Gurlitt galt im Dritten Reich als „jüdisch versippt“ und wurde 1937 seines Amtes enthoben. Er durfte nicht mehr publizieren, wurde aus allen Gremien ausgeschlossen und von der Gestapo überwacht, seinen Kindern wurde der Schulbesuch verwehrt.

Back to the Roots

Gab es im Musikleben nach Bach einen gravierenden Traditionsbruch – der Musikbetrieb ging zunehmend von Adelshofen und Kirchen über in bürgerliche Trägerschaft, ein verfeinerter Instrumentenbau erlaubte eine neue Art des Musizierens, so verhinderten die Nationalsozialisten, dass sich nach viel versprechenden Anfängen und Ansätzen die Historische Aufführungspraxis nachhaltig durchsetzen konnte. Wuchtig sollten die Orchesterapparate sein, martialisch besetzt die Bläsergruppen. Als Ideal galten die riesig besetzten Werke Anton Bruckners und Richard Wagners. Es war also ein Leichtes, Darmsaiten, Gamben und Naturtrompeten zu übertönen.

Großen Einfluss auf die „Gambenbewegung“ der 1920er-Jahre, die Anfänge der Historischen Aufführungspraxis, übten die Wandervögel aus. Diese Bewegung von Schülern und Studenten aus meist bürgerlichem Hause, wollte sich in einer Phase fortschreitender Industrialisierung, angeregt durch Ideale der Romantik und inspiriert von der Philosophie Martin Heideggers, von den engen Vorgaben des gesellschaftlichen Umfelds lösen. Man verstand sich als Antipode zu studentischen Burschenschaften, Frauen und Männer waren bei den Wandervögeln gleichberechtigt, Homosexualität akzeptiert, man lebte vegetarisch, pflegte eine neue Garten- und die Freikörperkultur, Eigenständigkeit, Kreativität und Fantasie standen über Disziplin, Härte und Besitzstreben. Die spätere Hippiekultur in den USA und die Gründung von Kibbuzim in Israel haben ihre Wurzeln in der Wandervogelbewegung, sie berufen sich ausdrücklich auf die Ideale dieser spezifische alternativen Lebensform deutscher Jugendlicher zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

Die Wandervögel beförderten zudem ein Musikleben, an dem alle teilhaben sollten. Anstatt nur zuzuhören, sollte gemeinsam musiziert werden. Unter anderem mit der preiswerten Blockflöte, die in den 1920er-Jahren Wandervögel aus England mitgebracht hatten und die sogleich zu einem Volksinstrument wurde. Instrumental-oder Musikunterricht konnte sich im ausgehenden Kaiserreich und in der Weimarer Republik kaum jemand leisten, Musiklehrer an Schulen waren die Ausnahme. Und man sammelte altes Liedgut, man lauschte in den Dörfern den Frauen, den Bauern, Wirten, Jägern und Handwerkern alte Weisen ab und man wurde in Bibliotheken fündig, wo Lieder der Renaissance und des Barock abgeschrieben und für Mandoline gesetzt wurden. Oder für Gitarrenlaute, die damals äußerst populäre Klampfe in Lautenform. Gamben- und Wandervogel-Bewegung verstanden sich als Protest gegen das künstlerische Establishment, gegen geschmäcklerischen Virtuosenkult, gegen orchestralen Plüsch und Pomp des 19. Jahrhunderts und gegen bourgeoise aufgerüschte Musiksalons.

1933 war Schluss mit der Freiheit.
Stattdessen:
Schikanen, Verbote, Zwangseingliederung in die Hitlerjugend. Nicht nur die Wandervogel und Pfadfinderbewegung, Edelweispiraten und Swing-Jugend werden von den totalitären Machthabern verboten, auch das Bemühen um eine Historische Aufführungspraxis findet sein jähes Ende. Die Reichskulturkammer (RKK) unter Joseph Goebbels „reguliert“ Musikmarkt und Konzertbetrieb.

Die Mühe, historisches Notenmaterial wieder urbar zu machen, gilt nichts, dafür wird hohles Pathos verordnet und ein Repertoire, das von lächerlichen Machwerken bestimmt ist. Paul Hoffers Kantate Olympischer Schwur, Franz Schmidts Deutsche Auferstehung oder Gottfried Müllers unerträgliche Kantate Führerworte mögen als Beispiele hierfür genügen.
 

Verkrustungen brechen auf

Der tiefgreifende Interpretationswandel hin zu einer objektiv-reflektierten Wiedergabe Alter Musik ließ auch nach dem Zweiten Weltkrieg auf sich warten. Zu groß waren die Widerstände der Gralshüter des Musikwesens, mit Ablehnung und Unverständnis reagierte das Publikum. Das spatromantische Klangideal wollte man nicht gegen einen vermeintlich spröden und dünnen Sound und gegen angeblich streng akademisch durchdeklinierte Partituren eintauschen.

Zudem hielt (und hält sich bis heute) beharrlich das törichte Vorurteil, Alte Musik sei zu wenig anspruchsvoll und eher dem Bereich der Popularmusik zuzuordnen. Blockflöte, Laute oder Gambe seien allenfalls zum häuslichen Musizieren geeignet, nicht aber für den professionellen Konzertbetrieb.

Vorreiter der Originalklang-Szene, sofern sie die Katastrophe des Dritten Reichs überlebt hatten, kämpften nach dem Krieg wieder und weiter für ein authentisches Klangbild. Am 18. September 1954 wurde erstmals ein Konzert auf Originalinstrumenten live vom Kölner Funkhaus übertragen. Die Cappella Coloniensis spielte unter der Leitung des oben bereits erwähnten August Wenzinger ein Bach-Programm.

Der Einzug der historischen Aufführungspraxis in die Konzertsäle begann. Auf Initiative des Komponisten Paul Hindemith fand in den 1950er-Jahren eine erste öffentliche Aufführung der Solo-Sonaten und -Partiten Bachs mit dem Geiger Eduard Melkus in Osterreich statt. Melkus gehörte zum Musikerkreis um den Cellisten und späteren Dirigenten Nikolaus Harnoncourt und seiner Frau Alice. Aus dieser Gruppe formierte sich der Concentus Musicus Wien, der ab 1957 mit seinen Bach-Interpretationen für Aufsehen sorgte.

Harnoncourts Verdienst kann man nicht hoch genug werten. Untersuchte man bis Ende der 1970er-Jahre fast ausschließlich Musik der Renaissance, des Barock und des Rokoko auf eine historische Aufführungspraxis hin, so interpretierte Harnoncourt auch nach und nach das klassische und romantische Repertoire im Originalklang. In den 1970er-Jahren waren es Reinhard Goebel und die Musica Antiqua Köln, ab 1982 auch die Akademie für Alte Musik aus (Ost-)Berlin, die immer mehr Hörerschichten für die historische Aufführungspraxis und ein großes wiederentdecktes Repertoire begeisterten.
Nicht zu vergessen die Impulse, die Musiker und Ensembles aus Großbritannien, Belgien und den Niederlanden gaben, wo die Musiktradition eine andere war als in Deutschland, und wo das Musizieren auf Originalinstrumenten als weniger exotisch galt. Inzwischen wendet sich die historische Aufführungspraxis auch der Spätromantik und Moderne zu. Die Differenz zwischen dem frühen 20. Jahrhundert und der Gegenwart ist in Instrumentarium und Spielweise bereits so erheblich, dass immer häufiger auch die Werke von Wagner und Verdi, Maurice Ravel und Claude Debussy „informiert“ gespielt werden.

Belächelt, als vorübergehende Modeerscheinung und museales Gebaren abgetan, setzt sich um die Jahrtausendwende endgültig und auf breiter Front das Bemühen um authentisches Musizieren durch. Konkret heißt das unter anderem, dass wieder häufiger „tiefer gestimmt“ interpretiert wird, bei einem Kammerton a1 von 432 Hertz. Obwohl 1939 der Standard-Kammerton bei 440 Hz auf internationaler Ebene beschlossen worden war, „schraubten“ viele Orchesterleiter die Stimmung immer höher, um einen vermeintlich brillanteren Orchesterklang zu erzielen. Auch Besetzungsfragen, ob Partien mit Knabenstimme, Countertenor oder Altus zu bestreiten sind, werden heute intensiv diskutiert.


Regensburgs Rolle

Trends, Entwicklungen und Ensembles – die Tage Alter Musik Regensburg sind seit Anbeginn Schaufenster und Plattform der Alte-Musik-Szene und inzwischen von weltweiter Bedeutung. Sie bündeln konzentriert das Bemühen internationaler Solisten und Orchestern um eine historische Aufführungspraxis, von Beginn an waren die wichtigen Protagonisten der Originalklang-Bewegung zu Gast.

Was an Forschungsarbeiten geleistet wurde, wird in Regensburg hörbar.

Das Festival Tage Alter Musik Regensburg wurde 1984 von den drei Regensburgern Stephan Schmid, Ludwig Hartmann und Christof Hartmann gegründet. Alle drei erfuhren ihre gymnasiale Ausbildung bei den Regensburger Domspatzen und kamen sehr früh mit der historischen Aufführungspraxis in Berührung.

1983 planten sie noch während ihrer Studienzeit das erste Festival, das im Mai 1984 an drei Tagen mit fünf Konzerten und einem Workshop über die Buhne ging. 1987 verließ Christof Hartmann die Festivalleitung, seit 1998 arbeitet Paul Holzgartner als Geschäftsführer für das Festival. Das Motto der Tage Alter Musik: „Musik vom Mittelalter bis zur Romantik an historischen Stätten der 2000-jährigen Weltkulturerbe-Stadt Regensburg in historischer Aufführungspraxis“.
Das Ziel, aufregende und innovative Konzerterlebnisse zu präsentieren, verbunden mit einem komplexen und differenzierten Verständnis von Musik, dabei aber emotional-ästhetische Unterhaltung auf höchstem Niveau zu bieten, haben die Tage Alter Musik erreicht.
Sie sind damit zum Alte-Musik-Festival Nummer eins in Deutschland geworden. Für Musiker und Ensembles kommt es inzwischen einem Ritterschlag gleich, beim Festival in Regensburg zu gastieren. Immer gefolgt von einem Tross Konzertveranstalter, Labelchefs, Fachjournalisten, Musik-Scouts und Fans des authentischen Musizierens. Mit der Folge, dass an Pfingsten alle Hotels Regensburgs komplett ausgebucht sind.
 


 



Schlussbemerkung

Brauchen wir Schönheit?

“Ich kann es kaum erwarten
die erste Blum im Garten …“


so heißt es im Lied von Franz Schubert.

In den Fitness-Centern strampeln, stemmen und rennen die Leute, um gesund und schön in den Sommer zu starten.

Die Märkte sind voller Pflanzen für Balkone und Gärten und über die Schmetterlingsausstellung von Hannover- Herrenhausen konnten sich in vier Wochen knapp 90.000 Besucher freuen.
Vom 26. Januar bis zum 2. April war das Tropenschauhaus mit den Faltern stets gut besucht, allein zum Osterendspurt kamen fast 11.000 Menschen.

Warum erschafft die Natur die Anmut einer Katze, die Majestät eines Pferdes, die silbernen Schuppen der Fische, den Duft des Flieders, der Rose, des Veilchens?

Warum genießen wir den Geschmack eines Apfels, einer Himbeere, einer Ananas?

Warum lässt uns der Duft eines Steaks auf dem Grill den Mund wässern, ein Tanzrhythmus die Füße zucken, der Wohllaut einer schönen Stimme, eines Chorwerkes, der Zauber eines Orchesterstückes glücklich sein?

Selbstverständlich weiß jeder vernünftige Mensch, dass er wie jedes Tier den Gesetzen der Arterhaltung und Territorialsicherung unterworfen ist.
“Nur in dem ’Wie’
da liegt der ganze Unterschied“

sagt die Marschallin im ’Rosenkavalier’.

Und dieses ’Wie’ haben wir uns nehmen lassen von Kulturverwaltungsmitarbeitern, die darauf bedacht sind, sich ohne aufzufallen hierarchich von Stufe zu Stufe hinaufzubewegen.

Auch ist man nach Wahlen immer von der Genialität der Minister wieder tief berührt, die von einem Ressort zum anderen hüpfen, wobei Politologen und Juristen ja offensichtlich wahre Alleskönner sind.

Unsereiner käme nicht auf die Idee beim Zahnarzt Brötchen kaufen zu wollen.
Aber unsere hochbezahlten Intendanten, die von Kulturverwaltungsmitarbeitern auf geheimnisvolle Weise zur Leitung eines Theaters ausersehen werden und die im Zirkel ’Deutscher Bühnenverein’ zusammengeschlossen sind, wählen nach geschmacklicher oder hormoneller Präferenz Spielleiter aus, die das unwissende, auch inzwischen verbildete oder gequälte Publikum mit Inszenierungen konfrontieren, die mit Schönheit offensichtlich nichts mehr zu tun haben wollen.

Bei der Einführung zu Hannovers Neuinszenierung der ’Aida’ saßen die beiden Welten – Musik und Schauspiel – zwar nebeneinander, aber was haben eine gepflegte, hübsche Korrepetitorin, ein strahlender, von Musik durchglühter, attraktiver Dirigent mit einer ’finster-schwarzlappig-gekleideten’ Kostümbildnerin und einem Sprechteaterregisseur im schauspieltypischen Casual-Look zu tun, der das als Erkenntnis verkündet, was jedem Anfänger im szenischen Unterricht abtrainiert wird:

“… bleib in der Rolle, sei nicht privat!“

und der Giuseppe Verdi für so dumm hält, dass er nicht weiß, wann er eine zärtliche, duftige Musik schreibt oder mit hohlem Pomp den Staatsapparat charakterisiert – miteinander zu tun:
Nichts!

Eine dem Hause Oper Hannover sehr verbundene Dame meinte:
“Als ich das Bild von dem Regisseur in der Zeitung sah, habe ich meine ’Aida’-Premierenkarten verschenkt.“

Gegen die Verrohung in der Kunst und des Lebens brauchen wir Wahrheit und mit den heutigen technischen Mitteln eine zeitgemäße Ästhetik. Mit Schönheit gegenhalten, damit Arbeit und Geld rechtmäßig angelegt sind und nicht wie heute in den Theatern vergeudet werden.

Nachtrag

Am 3. Mai 2018 berichteten verschiedene Printmedien, dass die Staatsanwaltschaft in Düsseldorf Ermittlungen gegen die beiden Rapper Farid Bang und Kollegah wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung aufgenommen habe.
Nun würden die Texte der Rapper auf ihre strafrechtliche Relevanz überprüft.

Bernd Weikl wollte 2014 bei eben dieser Staatsanwaltschaft Anzeige wegen der ’Tannhäuser’-Inszenierung in Düsseldorf erstatten, in der das Tragen von SS-Uniformen , Hakenkreuzen, das Vergasen und Erschießen von jüdischen Mitbürgern sowie weitere Misshandlungen, Vergewaltigungen gezeigt wurden.

Die Annahme der Anzeige und die Verfolgung der Angelegenheit in strafrechtlicher Hinsicht wurden seitens der Behörde abgelehnt.

ML Gilles

Impressum

 


erscheint als nichtkommerzielles Beiblatt zu

- ausgezeichnet mit dem Kulturförderpreis der Stadt Regensburg -

kulturjournal - Holzländestraße 6 - 93047 Regensburg
Ersterscheinung der Ausgabe Regensburg am 27.07.2007

Erscheinungsweise: kulturjournal-regensburg zehn Mal pro Jahr von Februar bis August und Oktober bis Dezember

Ausgabe des Beiblattes als ’Mitteilung an meine Freunde’ – in loser Reihenfolge,
gewöhnlich zum Anfang eines Monats

Titelbild:
Birgit Nilsson – Coverfoto der Biographie im Krüger-Verlag

Verteilung Regensburg: Direktversand, Hotels, Theater, Galerien, Veranstaltungsorte, Tourist-Info, Bahnhöfe
Verteilung Hannover u.a. :
Mitglieder der Bürgerinitiative Opernintendanz
Niedersächsische Landesregierung, Politische Parteien im Nds. Landtag
Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover, Bund der Steuerzahler,
Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger, Richard-Wagner-Vereine
Feuilletons von Tageszeitungen
Direktversand an ausgewählte Leserschaft
RA Frank Wahner, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Hannover

Wir verstehen diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der Kritik willen, sondern als Hinweis auf - nach unserer Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes. Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und Satire. Hierfür nehmen wir den Kunstvorbehalt nach Artikel 5, Grundgesetz, in Anspruch.

Wir benutzen Informationen, hauptsächlich aus eigenen Unterlagen, aus dem Internet u.a. Veröffentlichungen des Deutschen Historischen Museums, der Preußen-Chronik, Wikipedia u.ä..

Texte werden paraphrasiert wiedergegeben oder als Zitate kenntlich gemacht.
Veröffentlicht auch unter: http://www.bi-opernintendanz.de/