* Impressum *

    


'Eine Mitteilung an meine Freunde'

Ausgabe
Nr. 21
Nr. 10 - 2018


 

 

 

 

 

 

 

 

Auszug aus einem Leserbrief


Zitat

"[...] Die Gespräche hinterher waren eigentlich alle ziemlich niedergeschlagen, alle haben ja keine Verlängerung bekommen, wenn sie nicht schon mehr als 15 Jahre am Haus sind. Es tut mir wirklich leid ums Ensemble, meistens auch völlig unverständlich. [...] Hoffentlich sind die Hannoveraner wenigstens so schlau, dem Haus den Rücken zu kehren und für noch mehr Leerstand zu sorgen. [...]"
Frau R. aus H.


Zitatende

 


Kommentar

Und die Politik reagiert nicht auf diesen Kahlschlag und das völlig asoziale Verhalten jener, deren Vertrag im Hinterzimmer der rot/grünen Regierung ausgekungelt wurde.

Wie schrieb die HAZ am 28.01.2017 zu einer Äußerung des Kaufmännischen Geschäftsführers Jürgen Braasch der
Nds. Staatstheater Hannover GmbH:


Zitat

"Braasch ist zudem überzeugt, dass die Fachleute im Kulturministerium – vor allem Annette Schwandner, die Leiterin der Kulturabteilung, und Detlef Lehmbruck, Referatsleiter für Theater und Musik – über die nötige Kompetenz für die Auswahl verfügen."

Zitatende

 


Die Vergangenheit lieferte hierfür keinen Beweis.


 



3. September 2018



Hannoversche Allgemeine
 


Wenn Politiker sich gerne auf bereits getane Äußerungen berufen, so verweise ich auf meinen Artikel in der Zeitschrift 'Oper und Tanz'.

Ein Bericht über die Premiere einer stimmigen, sehr lebendigen 'Lohengrin'-Produktion in Chemnitz.

Diese Stadt ist zur Zeit im Focus der Aufmerksamkeit und es war beachtenswert, dass sich neben den Vertretern politischer Gruppierungen mit Rock-Bands und Bürgern auch der Intendant eindeutig für den Erhalt von Werten äußerte.
 
Neben dem für uns alle lebensnotwendigen Erhalt des Rechtsstaates, der in Gefahr steht, von mafiösen und patriarchalen Clans ausgehöhlt zu werden, wird gegen unsere große Theater- und Musikkultur, unsere aufgeklärte, humanistische Bildung seit Jahrzehnten ein Guerilla-Krieg geführt, der die Lehrer beschimpft, das gebildete Bürgertum, der Kern unseres Wohlstands, als gestrig und verblödet diffamiert.

Welcher Virus wütet in den Köpfen der Intendanten, die Inszenierungen großer Werke unter dem Vorwand der Jugendförderung völlig unreifen boys uns girls anzuvertrauen, die vielleicht von 'Lehrern' mit den großen Namen infiltriert, deren zum Dogma erhobenen Kampf gegen das Publikum fortführen.
Jeglicher Hohn und Spott, der über vom Publikum geliebten Werken ausgegossen wird - hier in Hannover z.B.: 'Freischütz', 'Verkaufte Braut', 'Aida' - wird von der Theaterleitung als künstlerische Großtat gepriesen. Der Erfolg aber ist, dass das Publikum die Oper Hannover meidet, als Ersatz für Vorstellungen werden Bühnenproben für sinnlose, monströse Aufbauten als Bühnenbilder das Theater blockieren.
Die Folge sind Leertage.
 
Wie eine Wohltat erlebt man den 'Tristan' mit dem Dirigat von Leonard Bernstein im Fernsehen. Ein atmosphärischer Hintergrund, großartige Sänger und Musik von Richard Wagner - alles stimmt!
 
'Don Giovanni' hinter dem Rathaus in Hannover. ein engagierter Dirigent, ein fein differenziertes Orchester, großartige, ihre Partien souverän beherrschende Sänger, ein Sofa, ein Sessel, ein Beistelltisch, ein Umgang um das Orchester, die Darstellung der Beziehungen zueinander, die Musik von Mozart, 44.000 Zuschauer an zwei Abenden, alles stimmt!
 
Was soll also der ganze Krampf, der für einige Wichtigtuer und 'A-dabei'-Prominente um ein Glas Sekt mit dem Intendanten bei der Premierenfeier veranstaltet wird?
  

ML Gilles

Kalenderblätter

   Maria Jeritza
                             ... am 06. Oktober 1887 geboren

Nach Studien von Klavier, Geige, Cello und Harfe widmete sie sich in Brünn und Prag der Ausbildung ihrer Stimme.
 
Das erste Engagement war eine Choristenstelle am Stadttheater in Brünn.
 
1910 sang sie in Olmütz die Elsa im 'Lohengrin'.
1911 folgte an der Volksoper in Wien die Blanchefleur in Wilhelm Kienzls 'Der Kuhreigen'.
1912 folgte das Engagement an die Wiener Hofoper. Dort blieb sie bis 1935 und sang alle großen Frauenrollen ihres Fachs, füllte sie nicht nur sängerisch wie auch darstellerisch.
Tosca - auf dem Boden liegend bei der Arie – damals eine Sensation.
 
Sie kreierte die Ariadne in beiden Fassungen 1912 in Stuttgart und 1916 in Wien.
 
An der dortigen Hofoper sang sie 1919 die Kaiserin in der Uraufführung der 'Frau ohne Schatten'.

1921 dann - nach dem Krieg an der Staatsoper - die Marietta in Korngolds 'Die tote Stadt'. Im selben Jahr und in derselben Rolle mit großem Erfolg an der Metropolitan Oper in New York.

Dort - vom selben Komponisten - 1927 in 'Violanta' und ein Jahr vorher die Turandot.
 
1928 wieder in Wien die Helena in 'Die ägyptische Helena'.
 
Die Jeritza war eine begnadete Sängerin, die sich aus ihrem ersungenen Vermögen mit erheblichen finanziellen Mitteln von Amerika aus sehr für den Wiederaufbau der zerstörten Wiener Staatsoper einsetzte.
 
Noch 1951 sah man sie an der Met als Rosalinde in der 'Fledermaus'.
 
Bis zu ihrem Lebensende 1982 lebte sie in der Nähe von New York.

   Luciano Pavarotti
                     ... am 12. Oktober 1935 geboren

Er war der Vertreter eines klassischen Tenors, der nicht nur Opernfreunde, sondern auch Menschen mit Interesse an der populären Musik begeistern konnte.
Legendär seine Auftritte mit den Kollegen Carreras und Domingo als 'Die drei Tenöre' erstmalig anlässlich der Fußballweltmeisterschaft 1990.
Die Karriere dieses Ausnahmesängers begann 1961 im Theater von Reggio Emilia als Rodolfo, eine Rolle, die sich durch sein gesamtes Sängerleben zog, 1964 in London, dann in Mailand, dann in New York.

Schon 1963 war er in Wien als Herzog im 'Rigoletto' zu hören.

1965 sang er auf Tourneen durch Nordamerika und Australien den Edgardo in der 'Lucia' neben Joan Sutherland, mit der er in langer und enger Freundschaft verbunden blieb.

Im Laufe der Jahre entwickelte sich seine Stimme vom Idomeneo (1982 an der Met) zu einem Spinto-Tenor, der dann auch die schwereren Rollen des italienischen Fachs singen konnte:
Enzo in 'La Gioconda', Otello, Calaf - mit dessen 'Nessun dorma', 'ein Muss' bei Konzerten als Höhepunkt des Abends.

Luciano Pavarotti hatte ein erfülltes Leben wie es kaum einem Sänger beschieden war.

   Catarina Ligendza
                            ... am 18. Oktober 1937 geboren

Text: Deutsche Oper Berlin zum 80. Geburtstag am 18. Oktober 2017
Zitat
„Mild und leise … voll und hehr …“ Catarina Ligendzas Liebestod war sicherlich einer der berückendsten, die man auf einer Opernbühne je zu hören bekam. Überhaupt Wagner: Erst in der vergangenen Spielzeit ging Götz Friedrichs viel geliebte RING-Inszenierung ein letztes Mal über die Bühne der Deutschen Oper Berlin.

Als sich am 6. Oktober 1984 erstmals der Vorhang über dessen zweitem Teil, der WALKÜRE, hob, war es die schwedische Sopranistin, die in der titelgebenden Hauptrolle als Brünnhilde auf der Bühne stand. Drei Jahre lang war sie in der Tetralogie zu erleben und ging 1987, ein Jahr vor ihrem endgültigen, so unerwartet frühen Bühnenabschied, auch mit auf große Tournee nach Tokyo und Yokohama. Als Ensemblemitglied trat sie am Haus in allen großen Rollen ihres Fachs auf: als Primadonna / Ariadne in ARIADNE AUF NAXOS, Leonore in FIDELIO, Senta im FLIEGENDEN HOLLÄNDER, Elsa, Isolde, Elisabeth … die Reihe ließe sich fortführen.
 
Der ausgewiesene Wagner-Schwerpunkt führte sie selbstverständlich auch nach Bayreuth, so etwa 1974 unter Carlos Kleiber, mit dem die Sopranistin eine enge Zusammenarbeit verband. Und auch mit Dirigenten wie Daniel Barenboim, Herbert von Karajan oder Lorin Maazel gestaltete sie eindrückliche Opernabende.
 
Immer mehr dem unmittelbaren Bühnengeschehen als künstlich erzeugten Studio-Aufnahmen verpflichtet, hat Catarina Ligendza nur wenige CDs eingespielt. Umso wertvoller sind die wenigen Opernfilme von Produktionen wie Achim Freyers Stuttgarter FREISCHÜTZ, die das Können dieser einzigartigen Sängerin der Nachwelt zumindest ahnbar machen. Ihre überragende Textdurchdringung, vielschichtige Gestaltung und stimmliche Präsenz machten sie nicht nur für einen Regisseur wie Götz Friedrich zur idealen Interpretin, deren Arbeit an der Deutschen Oper Berlin und international wir bis heute in allerbester Erinnerung bewahren.
Heute wird Catarina Ligendza 80 Jahre alt.  Herzlichen Glückwunsch!

Zitatende

 Wolfgang Brendel
                        ... am 20. Oktober 1947
geboren

'Der Grünäugige'.

Als der 'Holländer' in Leipzig szenisch in den Teich ging und der Kollege absagte, reiste er an und übernahm die Titelrolle.

Da hatte er sich längst die Charakterrollen und die der Helden im Baritonfach ersungen.

Angefangen hatte er mit Mozart in Kaiserlautern.
Guglielmo, Giovanni, Papageno, Graf in 'Nozze', Wolfram.
Aber auch Zar Peter in 'Zar und Zimmermann'.
 
Dann Sachs und Amfortas und im italienischen Fach den Renato im 'Ballo' und Posa im 'Carlo'.
 
Das dann schon international und im Haus am Max-Joseph-Platz in München.
 
Hier war er von 1971 bis 1986 engagiert und sang da auch Mandryka, Kurwenal, Scarpia und den Eisenstein in der 'Fledermaus'.
 
Was er konnte, gibt er in Meisterkursen oder an Hochschulen an junge Sänger weiter.
 

  Tito Gobbi
                     ... am 24. Oktober 1913 geboren

Mit vierundzwanzig Jahren sang er 1937 den Vater Germont in Rom, wo er auch studiert hatte.
Schon fünf Jahre später an der Scala in Mailand, hier war er fast zwanzig Jahre engagiert und war unter anderem Belcore im 'Liebestrank', Doge in ’Simone Boccanegra’, Jago im ’Otello’ und Scarpia in der 'Tosca'.

Seine Stimme von stärkster dramatischer Kraft bewährte sich vor allem in den Partien von Puccini und Verdi.
Hinzu kam seine zwingende Bühnenpräsenz, die ihn die Rollen seines Fachs vollendet darstellen ließ.

Die Auftritte mit der Callas - mit ihr hatte er 1951 zum ersten Mal gesungen - gingen in die Operngeschichte ein, vor allem 1964 sein Scarpia und ihre Tosca in Covent Garden.

Tito Gobbi sang aber auch Mozart.
So ist sein 'Figaro'-Graf und vor allem sein Giovanni unter Furtwängler 1950 beiden Salzburger Festspielen in Erinnerung.

1957 kehrte er mit einem Falstaff nach Salzburg zurück.
Sein Repertoire umfasste an die 100 Partien, wovon die meisten heute noch auf Tonträgern erhältlich sind.

   Lucia Popp
                            … am 12. November 1939 geboren

Schon als Studentin am Konservatorium in Pressburg sang sie am Theater der Stadt.
Mit der Königin in der 'Zauberflöte' begann es dort.

Ein Auftritt an der Wiener Staatsoper mit der Barbarina in 'Nozze' brachte ihr das Engagement an dieses renommierte Haus, an dem sie lange Ensemblemitglied war.

Ab 1967 war sie an der Kölner Oper engagiert, wo sie in den Jahren 1977/78 im legendären Mozart-Zyklus von Jean-Pierre Ponelle die Susanna in 'Nozze', die Despina in 'Cosi', die Ilia in 'Idomeneo', die Zerlina im 'Giovanni' und die Pamina in der 'Zauberflöte' sang.   

1966 debütierte sie in London als Oscar im 'Maskenball'.

Langsam entwickelte sich die Stimme und sie sang dann die lyrischen Partien wie die Sophie im 'Rosenkavalier' und die Arabella.

In München - wo sie lange Zeit an der Bayerischen Staatsoper engagiert war - konnte man sie auch als Elsa im 'Lohengrin' erleben.

Ihr großes Spieltalent brachte sie auch in der Operette voll zur Geltung. Sie sang in der 'Fledermaus' die Rosalinde und anfänglich auch die Adele.

Ihre Stimme ist auf vielen Tonträgern erhalten geblieben.
 

   Leonie Rysanek
                       ... am 14. November 1926 geboren

Der Schrei der Sieglinde in der Bayreuther 'Walküre' machte sie populär.
Wieland Wagner hatte sie für 1951 engagiert und war überzeugt, dass sie mit ihrer einzigartigen, jungen Stimme und ihren darstellerischen Möglichkeiten eine Sensation sein werde.
Recht behielt er. Das galt nicht nur für Bayreuth, sondern auch für die vielen Produktionen, an denen sie beteiligt war.

Angefangen hatte sie schon mitten im Studium in Wien als Agathe im 'Freischütz' in Innsbruck.

Ihr Debüt an der Metropolitan Opera kam 1959 als Lady Macbeth und sie ersetzte Maria Callas, die aus der Produktion ausstieg.
Die Rysanek verabschiedete sich im Januar 1996 von der Met als Gräfin in der 'Pique Dame'.

Während ihrer langen Karriere sang sie 299 Aufführungen von 24 Rollen an der Met. Sie spielte Hauptrollen in den Met-Premieren von 'Macbeth', 'Nabucco', 'Ariadne auf Naxos', 'Die Frau ohne Schatten' und 'Kátja Kabanová'.
Sie wurde eine der hellsten Stars des neuen Operntheaters, des deutschen 'Musikdramas'. Wieland Wagner hat ihre Karriere gemacht, aber vielleicht hat sie als Sängerin von Richard Strauss- Opern den größten Beitrag zur modernen Oper geleistet. Sie war die Kaiserin in 'Die Frau ohne Schatten' und triumphierte als Salome, Elektra, Chrysothemis, Marschallin und Ariadne. Aber die Kaiserin war für sie eine ganz besondere Rolle: Die Oper wurde zu ihrer Zeit ein Teil des regulären Repertoires und sie schuf die Rolle in vielen Opernhäusern, allen voran der Met und der Pariser Oper.

Sie wurde einige Monate nach ihrer Pensionierung Kuratorin der Wiener Festwochen, eine Position, die sie bis zu ihrem Tod in Wien im Alter von 71 Jahren innehatte.
Zwei Tage später, eine Metropolitan Opera Produktion von 'Lohengrin' mit dem kanadischen Sänger Ben Heppner in der Titelrolle, war ihrem Andenken gewidmet. In dieser Oper war sie die Ortrud in der Produktion 1985-86.


 

Zwischenbemerkung

Übermittlung und Botschaft

Um miteinander in Kontakt zu kommen, wenden Tiere und Menschen seit jeher viel Scharfsinn auf.

Ameisen legen Duftspuren, Bienen haben eine Bewegungssprache, um Futter anzuzeigen, Vögel grenzen ihr Revier durch Gesang ab, Katzen und Hunde durch Duftmarken, der homo sapiens durch Schreie, Trommeln, Spiegel- und Rauchsignale, die Schrift wurde erfunden und Meldeläufer und Reiter brachten Botschaften von Ort zu Ort. die Elektrizität ermöglichte Telegrafie, das Telefon, das Fax, die E-Mail, das I-Phone, das World-Wide-Web.

Mit der Digitalisierung soll das alles noch schneller und effektiver werden.

Dabei heißt Digitalisieren nichts weiter, als dass alles Messbare in Zahlen übersetzt wird, wobei im Wort auch das lateinische 'digitus = Finger, Zeiger steckt.

Also fürchten wir uns nicht vor der Digitalisierung, sie ist ein Hilfsmittel, das wir auch nicht überbewerten dürfen, denn schließlich kommt es auf die Inhalte an.

Wenn sie uns aber für Herrschaftszwecke von verbrecherischen Systemen so messbar und durchsichtig macht, dass wir nicht mehr über uns bestimmen können, ist höchste Wachsamkeit geboten.

Vor allem dürfen wir das Gespräch von Mensch zu Mensch und den Reichtum der Nuancen im Tonfall und seine kunstvolle Steigerung, den Gesang nicht vernachlässigen.

Rationale Erfassung durch Digitalisierung auf der einen, brutalisierendes Rock-Gedröhne auf der anderen Seite sind wohl nicht die Kulturfaktoren für ein friedliches Nebeneinander.

'Anything goes' - geht eben nicht!


 

Leserbrief


Zitat

Liebe Frau Prof. Gilles,

zunächst mal danke für die interessanten Berichte, die Sie immer schicken. Ich wollte Ihnen das schon beim Treffen in München sagen, habe Sie dann aber nicht mehr gesehen. Diesmal gab es ja auch Reaktionen aufgrund des AIDA-Berichts. Den fand ich auch ganz großartig, so traurig das Ganze auch ist. Nun habe ich gestern wieder an Sie denken müssen, habe ich mir doch die Zauberflöte von Salzburg angeschaut und vor ein paar Tagen den Lohengrin und bei uns den Parsifal. Zwei davon musikalisch hervorragend, Lohengrin u. Parsifal, und eines m.E. völlig daneben, Zauberflöte.

Der Zauber war da bei mir flöten.

Ein Sarastro, der kein Bass war, eine Königin der Nacht, die die 2. Arie nur mit Mühe stemmte, der Rest farblos und auch vom Orchestergraben für mich nicht überzeugend. Alle 3 Inszenierungen zum Davonlaufen.

Und dann gibt es noch Bravos, weil dort das Publikum zwar in der Mehrzahl viel Geld, aber keine Ahnung hat.

Sie könnten doch mal Opernregie machen oder die Intendanz in Hannover! Man muss Sie nur lassen!

Auf ein Wiedersehen bei der Gottlob Frick Gesellschaft,

einen schönen Sommer und liebe Grüsse

Frau T. aus M.

Zitatende
 


Leserbrief

Antwort vom 7. August 2018


Zitat


Liebe Frau T. aus M.,

vielen Dank für Ihren Bericht und Ihre völlig richtige Einschätzung der drei Neuinszenierungen Zauberflöte, Lohengrin und Parsifal.

Es war dort überall so viel Nichtkönnen am Werk, dass Tausende von wirklichen Opernfreunden in Zukunft immer mehr nur noch Sinfoniekonzerte besuchen, um dem Unfug zu entgehen.

Opernregie habe ich mit Freude und Erfolg gemacht - ganz unterschiedliche Stücke, wurde vom Ensemble des Staatstheaters Oldenburg als Intendantin vorgeschlagen, aber das Ministerium wollte einen Verwaltungsmann.

Dem Theater Hildesheim empfahl mich Götz Friedrich, ich habe den ganzen Weg der Intendanz-Bewerbung durchlaufen, schließlich wollte das Ministerium auch wieder einen Verwaltungsmann.

Glücklicherweise hatte ich meine Professur und viel Arbeit und Freude mit meinen Studenten, die heute alle gestandene Oberstudienräte oder als Professoren in der Lehre und Forschung tätig sind.

Sänger habe ich vor der Solistenlaufbahn gewarnt und so sind sie im Chor in Berlin, in Hamburg in Mainz oder sonst wo.

Dass die 'Mitteilung' auch Ihnen, wie vielen anderen, Freude macht und zu weiterem Nachdenken anregt, freut mich sehr.

Wir sehen uns im Oktober in Ölbronn -

herzliche Grüße

ML Gilles

Zitatende
 


 


Hannoversche Allgemeine

7. September 2018

 



 


E-Mail zum obenstehendem Leserbrief in der HAZ

Zitat
Datum: Heute, 08:37:27 UTC

Von B. aus H. >

An info@marie-louise-gilles.de

Text (1 KB)

Guten Morgen liebe Frau Gilles,

über Ihren Leserbrief in der HAZ habe ich mich gefreut, zumal die wenigsten Menschen wissen, welche Folgen und Konsequenzen ein Intendantenwechsel mit sich bringt. Wo ist der Aufschrei der Künstlergewerkschaft?

Am Donnerstag haben wir die Premiere der Götterdämmerung in Minden erlebt mit einer fulminanten Dara Hobbs als Brünhilde und anderen großartigen Sängern sowie einem überragenden Orchester.

Warum muß man nach Minden fahren, um so ein beglückendes Erlebnis zu haben?

Ein schönes spätsommerliches Wochenende wünscht Ihnen

Ihre Frau B. aus H.

Zitatende

 



 

In der letzen Ausgabe hatten wir auf den Seiten 34 und 35 ein Schreiben an die Nds. Staatsoper veröffentlicht.

Bisher ist keine Antwort seitens der Nds. Staatsoper Hannover eingegangen.

Inzwischen zeigt der Spielplan, dass im September 2018 wieder Leertage dokumentieren, dass eine sinnvolle Planung nicht stattfindet.

 

Belegung Nds. Staatsoper Hannover

 

 

 

 

 

 

 

 

 

2018

Belegung

 

Szene

 

 

Konzert

 

September

 

Nr.

 

Nr.

 

 

Nr.

 

 

 

 

 

 

 

 

01.09.

 

 

 

 

 

Festkonzert

1

02.09.

 

 

 

 

 

Eröffnungskonzert

2

03.09.

leer

1

 

 

 

 

 

04.09.

leer

2

 

 

 

 

 

05.09.

leer

3

 

 

 

 

 

06.09.

leer

4

 

 

 

 

 

07.09.

leer

5

 

 

 

 

 

08.09.

leer

6

 

 

 

 

 

09.09.

leer

7

 

 

 

 

 

10.09.

leer

8

 

 

 

 

 

11.09.

leer

9

 

 

 

 

 

12.09.

leer

10

 

 

 

 

 

13.09.

leer

11

 

 

 

 

 

14.09.

leer

12

 

 

 

 

 

15.09.

 

 

Marilyn

1

 

 

 

16.09.

 

 

Tristan

2

 

 

 

17.09.

leer

13

 

 

 

 

 

18.09.

leer

14

 

 

 

 

 

19.09.

leer

15

 

 

 

 

 

20.09.

 

 

Zauberflöte

3

 

 

 

21.09.

 

 

Marilyn

4

 

 

 

22.09.

 

 

Zauberflöte

5

 

 

 

23.09.

 

 

 

 

 

Sinfoniekonzert

3

24.09.

 

 

 

 

 

Sinfoniekonzert

4

25.09.

leer

16

 

 

 

 

 

26.09.

leer

17

 

 

 

 

 

27.09.

leer

18

 

 

 

 

 

28.09.

 

 

Lady

6

 

 

 

29.09.

 

 

Zauberflöte

7

 

 

 

30.09.

 

 

Tristan

8

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Summen

 

18

 

8

 

 

4

 

 

 

 

 

 

 

 

 

18 x Leerstand

12 Nutzungen incl. 4 Konzerte

 

 

12 x 100 = 1200 : 30 = 40 % Nutzung

 

 

60 % Leerstand

 

Und im Oktober 2018 sieht es nicht viel anders aus:

 

Belegung Nds. Staatsoper Hannover

 

 

 

 

 

 

 

 

 

2018

Belegung

 

Szene

 

 

Konzert

 

Oktober

 

Nr.

 

Nr.

 

 

Nr.

 

 

 

 

 

 

 

 

01.10.

leer

1

 

 

 

 

 

02.10.

leer

2

 

 

 

 

 

03.10.

 

 

Lady

1

 

 

 

04.10.

leer

3

 

 

 

 

 

05. 10.

leer

4

 

 

 

 

 

06. 10.

 

 

Schneewittchen

2

 

 

 

07. 10.

 

 

Tristan

3

 

 

 

08. 10.

leer

5

 

 

 

 

 

09. 10.

 

 

Zauberflöte

4

 

 

 

10. 10.

 

 

Marilyn

5

 

 

 

11. 10.

 

 

Lady

6

 

 

 

12. 10.

 

 

Zauberflöte

7

 

 

 

13. 10.

 

 

Schneewittchen

8

 

 

 

14. 10.

 

 

 

 

 

Sinfoniekonzert

1

15. 10.

 

 

 

 

 

Sinfoniekonzert

2

16. 10.

leer

6

 

 

 

 

 

17. 10.

 

 

Zauberflöte

9

 

 

 

18. 10.

leer

7

 

 

 

 

 

19. 10.

 

 

Zauberflöte

10

 

 

 

20. 10.

 

 

Butterfly

11

 

 

 

21. 10.

 

 

Tristan

12

 

 

 

22. 10.

leer

8

 

 

 

 

 

23. 10.

leer

9

 

 

 

 

 

24. 10.

leer

10

 

 

 

 

 

25. 10.

leer

11

 

 

 

 

 

26. 10.

 

 

Lady

13

 

 

 

27. 10.

 

 

Schneewittchen

14

 

 

 

28. 10.

 

 

Tristan

15

 

 

 

29. 10.

leer

12

 

 

 

 

 

30. 10.

leer

13

 

 

 

 

 

31. 10.

 

 

Marilyn

16

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Summen

 

13

 

16

 

 

2

 

 

 

 

 

 

 

 

 

13 x Leerstand

18 Nutzungen incl. 2 Konzerte

 

 

18 x 100 = 1800 : 31 = 58 % Nutzung

 

 

42 % Leerstand

 


Die Verwaltung des Landes argumentiert, die Hauptbühne und entsprechend der Zuschauerraum des großen Hauses müssten für Proben zu Verfügung stehen, um die Sicherheit auf der Bühne bei den Vorstellungen zu gewährleisten.

Zweifellos besteht Gefährdung der Mitarbeiter aus Technik und Kunst, wenn überdimensionierte, kostenmäßig aus dem Ruder laufende Bühnenbauten - sprich Bühnenbilder - den Bühneraum zustellen und die natürlich zusammenstürzen können, wenn Darsteller auf ihnen gemäß den Weisungen unqualifizierter Regie 'herumhampeln'.

Es stellt sich die Frage, warum bedarf es derartiger Aufbauten, die meist ein Eigenleben führen bzw. mit dem Stück nichts zu tun haben.

Bestes Beispiel: Produktion Hannover 'Der fliegende Holländer'.

Es stellt sich die weitere Frage, warum in Hannover für Millionen Proben- und Werkstatträume zur Verfügung stehen, wenn diese offensichtlich nichts mit den Abmessungen der Hauptbühnen zu tun haben, so dass diese für Proben genutzt werden, statt dass auf ihr allabendlich Vorstellungen vor zahlendem Publikum stattfinden.

Dem Steuerzahler muss dies auffallen und es muss von ihm hinterfragt werden, wer für derartiges Misswirtschaften verantwortlich ist.

Hier zur Erinnerung:

- http://www.telezeitung-
  online.de/Thema_des_Tages_27._Oktober_2015_'Rusalka'.htm

- http://www.telezeitung-
  online.de/Neues_vom_Tage_22._Juli_2014_%27Meistersinger%27.htm

- http://www.telezeitung-
  online.de/Thema_des_Tages_12._Dezember_2015_'Freischuetz'.htm

- http://www.marie-louise-gilles.de/Bericht_-_'Die_verkaufte_Braut'_-
  _Hannover_-_29.10.2016.htm

- http://www.marie-louise-gilles.de/Bericht_%20-_'Falstaff'_-_Nds._Staatsoper_Hannover_-
  12.03.2016.htm

- http://www.telezeitung-
  online.de/Neues_vom_Tage_20._Oktober_2014_%27RW-
  Stipendiaten%27.htm

Bei einer Begehung mit Publikum von Werkstätten der Nds. Staatstheater Hannover GmbH stellte dessen kaufmännischer Leiter, Jürgen Braasch, am 6. Mai 2017 fest, dass er alles mache, was nicht Kunst ist.

Dafür habe er seine Intendanten.

Für den Bühnenbildbau werden nach seiner Aussage pro Jahr:

ca. 75 Tonnen Stahl

ca. 40.000 lfdm Holzlatten

ca. 10.500 qm Plattenwerkstoff

      - ca. 2.500 qm Sperrholz

      - ca. 5.000 qm Multiplex Fichte

      - ca. 3.000 qm Tischlerplatte

verwendet, die bisher in zeitlich veralteten Räumen unter erschwerten Bedingungen verarbeitet werden.

Daher ist eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen notwendig.

Zur Zeit der Präsentation waren 70 Mitarbeiter in den Dekorationswerkstätten beschäftigt:

08 Personen in Werkstattleitung und Konstruktionsbüro  

31 Personen in Tischlerei

11 Personen Schlosserei

14 Personen Malersaal

06 Dekorateure

Material wird verwendet und Personen kommen zum Einsatz, um dreidimensionale Bühnenaufbauten für insgesamt 40 Premieren pro Jahr mit 10 für die Oper, 11 Produktionen im Schauspielhaus, 5 Ballhof, der Rest Cumberland'sche Bühnen und Opernball und Sonderaufgaben zu erstellen.

Diese können aber in den Werkstätten nicht zusammengebaut werden. Hier muss man sich aus Platzgründen auf ein Puzzlespiel mit einer Teil-Erstellung beschränken. Ein probeweiser Zusammenbau des meist riesigen Bühnenaufbaus, sprich Bühnenbilds, ist in den heutigen Räumlichkeiten der Werkstätten nicht möglich. Daher kann eine Montage des Bühnenbilds erst auf den Originalbühnen erfolgen.

Bei diesem Zusammenbau muss sich die Statik des Bühnenbildes als solider Stahl- und Holzbau beweisen. Gänge, Bewegungen, selbst in extremer Form, müssen den Darstellern möglich sein, ohne dass diese Angst haben müssen, das Bühnenbild aus Stahl und Holz bricht unter ihnen zusammen.

Um den Anforderungen des Arbeitsschutzes gerecht zu werden, sind daher neue Werkstätten für die Nds. Staatstheater Hannover GmbH erforderlich. Bereits bestehende Räumlichkeiten in der Bornumer Straße 150 - 154 werden durch Zukauf von Gelände erweitert. Die bisherige Besitzerin Tengelmann gibt die ganze Fläche an das Land Niedersachsen ab, so dass nicht der erste Plan umgesetzt wird, Räumlichkeiten von Tengelmann erstellen zu lassen, um diese dann anzumieten, sondern in eigener Regie und nach eigenen Vorstellungen die Räume für Werkstätten und Proben zu gestalten.

Grundsätzlich stellt sich hier natürlich die Frage, ob es derartiger Bühnenbauten bedarf, um ein Stück effektvoll in Szene zu setzen.

Beispiel hier 'Tartuffe' von Moliere am Schauspiel in Hannover.
 


 

Eine Stahlkonstruktion, zylindrisch gebaut, acht Meter hoch, oben ein Kranz aus Stahl mit Rundum-Vorhangschiene, mit Rundhorizont und innenliegender Drehbühne.

Oder 'Der fliegende Holländer' an der Nds. Staatsoper Hannover .
 


 

Ein dreigeschossiger Bühnenaufbau als Einheitsbühnenbild - also für alle drei Szenen:

Dalands Schiff, Spinnstube und Hafen, der dann mit dem Stück überhaupt nichts zu tun hat, sondern nur Geld in Form von Materialien und Arbeitszeiten kostet.

Erinnert sei an die 'Giovanni'-Produktion des NDR im Park hinter dem Rathaus von Hannover.

Abgesehen vom Bühnenaufbau, bestand die Bühneneinrichtung aus einer Couch und einem Sessel.
 

 

Die eigentliche Vorstellung mit 2.000 Sitzplätzen war nach zwei Stunden ausverkauft, so dass sich der NDR entschloss, auch die Generalprobe für Zuschauer zu öffnen.

Zu dem Publikum vor der Bühne, sammelten sich Tausende im Park. Auf Großbildwänden verfolgten sie das Bühnengeschehen, korrespondierend zu dem, was im Fernsehen zeitversetzt geboten wurde.

Zum fünften Mal ein NDR Open Air - als voller Erfolg.

40.000Menschen besuchten im Jahr 2018 die zwei Vorstellungen dieser Produktion.

Schlussfolgerung:

Es wird grundsätzlich ein viel zu großer Aufwand bei der Gestaltung von Bühnenbildern getrieben.

In Hannover bedeutet dies, dass aufgrund der veralteten Werkstätten, Bühnenbauten in diesen nicht getestet, sondern erst auf der Originalbühne aufgebaut und ausprobiert werden können.

Das hat zur Konsequenz, dass dieses Bühnenbildausprobieren der Nds. Staatstheater GmbH den Spielbetrieb behindert und eine wirtschaftliche Auslastung der Häuser nicht gegeben ist.

Sieht man den Trend in den Theatern, die Bühnenbilder von Kunstmalern erstellen zu lassen, so sind die dreidimensionalen Bühnenbilder 'out'.
 



 

Nach Georg Baselitz als Ausstatter der Münchner Parsifal-Neuinszenierung und nach Neo Rauch als Bühnenbildner des neuen Bayreuther Lohengrin ist mit Lüpertz in Regensburg der dritte namhafte bildende Künstler als Opernausstatter innerhalb weniger Monate in Bayern aktiv. Einst gang und gäbe, dass bildende Künstler selbstverständlich auch für die Bühne arbeiteten, setzt sich diese Praxis nach einer Zeit, in der Kunst vor allem autonom sein wollte, allmählich wieder durch.


 

 
Allerdings wird der Einsatz von Kunstmalern auch kritisch gesehen. In München musste sich Georg Baselitz mit seinem 'Parsifal'-Bühnenbild das Missfallen des Publikums gefallen lassen.


 

Hannoversche Allgemeine

6. September 2018

 

 

Aber natürlich können sich technische Einrichtungen wie Werkstätten nicht an Moden orientieren, sondern müssen möglichst viele - wenn nicht alle - Eventualitäten abdecken.


Tristan und Isolde

Wenn Richard Wagner in seinem 'Tannhäuser' die Minnesänger Wolfram von Eschenbach und Walther von der Vogelweide auftreten lässt, so gehörte eigentlich Gottfried von Straßburg mit auf die Bühne, denn er war Zeitgenosse und schuf einen der wichtigsten Beiträge zu den Liebesgedichten der Zeit um 1250.

Robert Schumann plante 1846 die Komposition einer Oper 'Tristan und Isolde', zu der ihm Robert Reinick das Libretto schrieb, das erst 90 Jahre später in der Zeitschrift 'Die Musik' veröffentlicht wurde. Es ist anzunehmen, dass Richard Wagner auch diese Überlegungen bekannt wurden, da er mit Schumann im Leipziger Engelclub verkehrte und er selber dort 1845 den Text seines 'Lohengrin' den Clubmitgliedern zur Kenntnis brachte.

Auch Karl Ritter, der Sohn seiner Gönnerin Julie Ritter, dachte, nachdem er sich von der Musik abgewandt hatte, 1854 an eine Dramatisierung eines 'Tristan'-Stoffes und teilt dies Richard Wagner mit. Ritter geht aber bei seiner Fassung von allen Äußerlichkeiten des Epos aus, während sich Wagner auf die innere Tragik Tristan / Isolde aus den deutschen Fassungen von Friedrich von der Hagen, herausgegeben 1823 in Breslau und Hermann Kurz aus dem Jahr 1844 stützt.

http://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10109390_00009.html

Die Würdigung dieses Troubadours Gottfried von Straßburg verschiebt Wagner aus der Zeit der Entstehung des 'Tannhäuser', dessen sein erstes Erfassen in das Jahr 1841 zurückreicht und dessen Uraufführung am 19. Oktober 1845 in Dresden stattfand, in seinen 'Tristan', der nach größten technischen, organisatorischen und musikalischen Schwierigkeiten am 10. Juni 1865 in der Bayerischen Hofoper München uraufgeführt wurde.

Aus einen Brief an Mathilde Wesendonck vom 19. Dezember 1859

Zitat
Programmatische Erläuterungen.

I. Tristan und Isolde.

Vorspiel.

Ein altes, unerlöschlich neu sich gestaltendes, in allen Sprachen des mittelalterlichen Europas nachgedichtetes Ur-Liebesgedicht sagt uns von Tristan und Isolde.
Der treue Vasall hatte für seinen König diejenige gefreit, die selbst zu lieben er sich nicht gestehen wollte, Isolden, die ihm als Braut seines Herren folgte, weil sie dem Freier selbst machtlos folgen mußte.
Die auf ihre unterdrückten Rechte eifersüchtige Liebesgöttin rächte sich: den, der Zeitsitte gemäß für den nur durch Politik vermählten Gatten von der vorsorglichen Mutter der Braut bestimmten Liebestrank läßt sie durch ein erfindungsreiches Versehen dem jugendlichen Paare kredenzen, das, durch seinen Genuß in hellen Flammen auflodernd, plötzlich sich gestehen muß, daß nur sie einander gehören.
Nun war des Sehnens, des Verlangens, der Wonne und des Elendes der Liebe kein Ende; Welt, Macht, Ruhm, Ehre, Ritterlichkeit, Treue, Freundschaft - Alles wie wesenloser Traum zerstoben; nur Eines noch lebend: Sehnsucht, Sehnsucht, unstillbares, ewig neu sich gebärendes Verlangen, Dürsten und Schmachten; einzige Erlösung: Tod, Sterben, Untergehen, Nichtmehrerwachen!

Der Musiker, der dieses Thema sich für die Einleitung seines Liebesdramas wählte, konnte, da er sich hier ganz im eigensten, unbeschränktesten Elemente der Musik fühlte, nur dafür besorgt sein, wie er sich beschränkte, da Erschöpfung des Themas unmöglich ist. So ließ er denn nur einmal, aber im lang gegliederten Zuge, das unersättliche Verlangen anschwellen, von dem schüchternsten Bekenntniß, der zartesten Hingezogenheit an, durch banges Seufzen, Hoffen und Zagen, Klagen und Wünschen, Wonnen und Qualen, bis zum mächtigsten Andrang, zur gewaltsamsten Mühe, den Durchbruch zu finden, der dem grenzenlos begehrlichen Herzen den Weg in das Meer unendlicher Liebeswonne eröffne.

Umsonst!
Ohnmächtig sinkt das Herz zurück, um in Sehnsucht zu verschmachten, in Sehnsucht ohne Erreichen, da jedes Erreichen nur wieder neues Sehnen ist, bis im letzten Ermatten dem brechenden Blicke die Ahnung des Erreichens höchster Wonne aufdämmert: es ist die Wonne des Sterbens, des Nichtmehrseins, der letzten Erlösung in jenes wundervolle Reich, von dem wir am fernsten abirren, wenn wir mit stürmischester Gewalt darin
einzudringen uns mühen.
Nennen wir es Tod?
Oder ist es die nächtige Wunderwelt, aus der, wie die Sage uns meldet, ein Epheu und eine Rebe in inniger Umschlingung einst auf Tristan's und Isolde's Grabe emporwuchsen?

Vorspiel und Schluß.
a) Vorspiel (Liebestod).
Tristan führt, als Brautwerber, Isolde seinem Könige und Oheim zu.
Beide lieben sich.
Von der schüchternsten Klage des unstillbaren Verlangens, vom zartesten Erbeben bis zum furchtbaren Ausbruch des Bekenntnisses hoffnungsloser Liebe durchschreitet die Empfindung alle Phasen des sieglosen Kampfes gegen die innere Gluth, bis sie, ohnmächtig in sich zurücksinkend, wie im Tode zu verlöschen scheint.

b) Schlußsatz (Verklärung).
Doch, was das Schicksal für das Leben trennte, lebt nun verklärt im Tode auf; die Pforte der Vereinigung ist geöffnet.
Über Tristan's Leiche gewahrt die sterbende Isolde die seligste Erfüllung des glühenden Sehnens, ewige Vereinigung in ungemessenen Räumen, ohne Schranken, ohne Banden, unzertrennbar!

Zitatende

[Sämtliche Schriften und Dichtungen: Zwölfter Band, S. 612. Digitale Bibliothek Band 107:
Richard Wagner: Werke, Schriften und Briefe, S. 6628 (vgl. Wagner-SuD Bd. 12, S. 345)]
 

Wann Richard Wagner den Stoff für sich zur Verarbeitung aufnahm, ist noch immer nicht endgültig festgestellt, zumal die Herkunft des Stoffes vielfältig ist.

 

Zitat
- keltisch, französisch oder anglonormannischer Urtristan

- ähnliche Motive auch in persischen Sagen

- in zweiten Hälfte des 12. Jh. in Frankreich allgemein bekannt,
  formierte sich zum Roman („Estoire“ > verlorener Tristan
  von Chrétien von Troyes)

- Thomas von Bretagne (1160/65)

- erster dt. Bearbeiter: Eilhart von Oberge (um 1170), nur fragmen-
  tarisch erhalten

- französische Fassung des Bérol (nach 1190)

Zitatende

Universität Leipzig - 8.05.07 - Institut für Germanistik – Tristan: Stoffgeschichte

 

Zu Gottfried von Straßburg 'Tristan' aus dem Jahr 1210 gibt es weitere bekannte Fassungen.


Zitat


- Fortsetzungen Gottfrieds durch
  Ulrich von Türheim (um 1240),
  Heinrich von Freiberg (um 1290)

  und deutscher Prosaroman (2. Hälfte 15. Jh.)

- Hans Sachs (1553) > dramatische Bearbeitung

- französischer Prosaroman (2. Hälfte 13. Jh.) > verband Stoff mit Artus-Stoff

- Stoff verbreitet sich in ganz Europa > 13. bis 15. Jh.: die norwegische
  Tristramssaga,

  das isländische Tristanlied,

  das englische Erzählgedicht Sir Tristrem,

  der französische Prosaroman Tristan en prose

  und italienische Novellen;
- im ausgehenden 18. Jahrhundert setzte mit Neuausgaben der mittelalterlichen
  Tristan-Dichtungen eine Renaissance des Stoffes ein.

Zitatende
Universität Leipzig - Dr. habil. Johannes Endres - Referenten: Michelle Göpner, Michael Siebert

 

Es ist anzunehmen, dass ihm die Gottfried-von-Straßburg-Dichtung schon aus frühester Jugend bekannt war, da er 1830 als 17-Jähriger im Verlag seines Schwagers Brockhaus in Leipzig an der Verfassung dessen Konversationslexikons durch Korrekturlesen beteiligt war.

Nachdem Brockhaus wegen des Abdienens von Schulden Richard Wagners Büchersammlung konfiszierte, schuf der sich eine neue Bibliothek, die von Kurt von Westernhagen erfasst und veröffentlicht wurde. Die Neuausgabe der Zusammenstellung erschien im Jahr 1966.

In ihr befindet sich auch das Gedicht 'König Mark und Isolde' von Julius Mosen, einem Rechtsanwalt, in Dresden zum Bekanntenkreis Richard Wagners gehörend, aus dem Jahr der Publizierung 1842, verlegt bei Cotta, Stuttgart und Tübingen, so dass Richard Wagner auch hier Zugang zum Stoff fand. Bekannt wurde Mosen mit seinem Andreas-Hofer-Gedicht:
"Zu Mantua in Banden ...."

Mit Sicherheit kannte Richard Wagner die Geschichte um einen Liebestrank, die von Gaetano Donizetti in seinem 'L'elisier d'amore' 1832 als Melodramma giocoso im Teatro della Canobbiana in Mailand uraufgeführt wurde und die ab 1841 auf dem Spielplan der Dresdener Hofoper stand.

Da Wagner ab 1842 dort - nach seiner Rückkehr aus Frankreich - als Kapellmeister tätig war, kannte er mit Sicherheit die Textstelle beim Auftritt der Adina:

"Tief von Isoldens Reizen
War Tristans Herz getroffen"


bzw. im Original

"Della crudele Isotta
il bel Tristano ardea,
né fil di speme avea
di possederla un dì."

Als Richard Wagner sich später mit den 'Meistersingern' - die Prosafassung entstand in Marienbad im Juli 1845 parallel zu der des 'Lohengrin' -  intensiv beschäftigte, wurde auch hier im Gespräch Sachs - Eva das Thema Tristan aufgegriffen, als er Sachs sagen lässt:

SACHS
"Mein Kind, von Tristan und Isolde
kenn' ich ein traurig Stück:
Hans Sachs war klug und wollte
nichts von Herrn Markes Glück."

1901 beschäftigte sich Thomas Mann mit dem Thema 'Tristan' und schrieb 1901 eine gleichnamige Novelle, die 1903 in der Sammlung, die auch Tonio Kröger enthält, erschien.

Zitat
Und sie fuhren fort in den trunkenen Gesängen des Mysterienspieles.
Starb je die Liebe?
Tristans Liebe?
Die Liebe deiner und meiner Isolde?
Oh, des Todes Streiche erreichen die Ewige nicht!
Was stürbe wohl ihm, als was uns stört, was die Einigen täuschend entzweit? Durch ein süßes Und verknüpfte sie beide die Liebe ... zerriss es der Tod, wie anders als mit des einen eigenem Leben wäre dem anderen der Tod gegeben? Und ein geheimnisvoller Zwiegesang vereinigte sie in der namenlosen Hoffnung des Liebestodes, des endlos ungetrennten Umfangenseins im Wunderreiche der Nacht.
Süße Nacht!
Ewige Liebesnacht!
Alles umspannendes Land der Seligkeit!
Wer dich ahnend erschaut, wie könnte er ohne Bangen je zum öden Tage zurückerwachen?
Banne du das Bangen, holder Tod!
Löse du nun die Sehnenden ganz von der Not des Erwachens!
0 fassungsloser Sturm der Rhythmen!
O chromatisch empordrängendes Entzücken der metaphysischen Erkenntnis!
Wie sie fassen, wie sie lassen, diese Wonne fern den Trennungsqualen des Lichts? Sanftes Sehnen ohne Trug und Bangen, hehres, leidloses Verlöschen, überseliges Dämmern im Unermesslichen!
Du Isolde, Tristan ich, nicht mehr Tristan, nicht mehr Isolde ---
Plötzlich geschah etwas Erschreckendes.
Die Spielende brach ab und führte ihre Hand über die Augen, um ins Dunkel zu spähen, und Herr Spinell wandte sich rasch auf seinem Sitze herum.
Die Tür dort hinten die zum Korridor führte, hatte sich geöffnet, und herein kam eine finstere Gestalt, gestützt auf den Arm einer zweiten.
Es war ein Gast von 'Einfried', der gleichfalls nicht in der Lage gewesen war, an der Schlittenpartie teilzunehmen, sondern diese Abendstunde zu einem seiner instinktiven und traurigen Rundgänge durch die Anstalt benutzte, es war jene Kranke, die neunzehn Kinder zur Welt gebracht hatte und keines Gedankens mehr fähig war, es war die Pastorin Höhlenrauch am Arme ihrer Pflegerin.
Ohne aufzublicken durchmaß sie mit tappenden, wandernden Schritten den Hintergrund des Gemaches und entschwand durch die entgegengesetzte Tür, - stumm und stier, irrwandelnd und unbewusst. -
Es herrschte Stille.

Zitatende


Auszug aus Thomas Mann - 'Tristan' - Reclam Seite 33 - 34

https://www.ub.uni-bielefeld.de/diglib/seiler/novellen/mann55.htm

Die Lektüre von Schopenhauers 'Die Welt als Wille und Vorstellung' mit dessen Verneinung von Lebensfreude und Lebenslust wie sie sich als Sehnsucht nach der erlösenden Nacht widerspiegeln, zeigen Wagners weiteren Weg zum 'Tristan'-Stoff.
 
Bekannt war ihm mit Sicherheit auch Friedrich von Hardenbergs 'Hymne an die Nacht' von 1797 und das Gedicht 'Tristan' von August von Platen aus dem Jahr 1825.
Wagners persönliche schwierige finanziellen Lage trug zur Entstehung des Werkes bei, denn bei der Besetzung einer Oper mit nur fünf Solisten, wenig Chor und der damit leichteren Aufführungsmöglichkeit durch die Theater, sah er die Möglichkeit, schneller an Geld zu kommen.
 
Alle seine bisherigen Werke für die Opernbühne:
 

'Die Hochzeit' - 1833
'Die Feen' - 1834
'Das Liebesverbot' - 1840
'Rienzi' - 1840
'Der Fliegende Holländer' - 1841
'Tannhäuser' - 1845
'Lohengrin' - 1848
waren 'belastet' durch großen szenischen, solistischen und chorischen Aufwand.
 
Er brauchte als Angebot an die Theater dringend ein Stück, das sich schnell verbreiten konnte, nach seiner Auffassung überall zu spielen war und ihm schnell aus seiner fast immer währenden finanziellen Not half.
 
Dabei saß er gerade am 'Ring des Nibelungen', der mit seinen drei Teilen und einem Vorabend, für die Theater - auch nach eigener Erkenntnis - schwer zu realisieren sein würde.
 
'Das Rheingold' - gedichtet 1852 - komponiert 1854
'Die Walküre' - gedichtet 1852 - komponiert 1854
'Siegfried' – als 'Der junge Siegfried' gedichtet –

komponiert ab 22. September 1856 - unterbrochen am 26. Juni 1857 und
 

An Marie von Sayn-Wittgenstein, Weimar
Zürich, vor 20. VIII. 1857

Zitat
... Ich war im Siegfried bis dahin gekommen, wo dieser den Mime fortgejagt hat und nun mit dem Ausruf: »daß der mein Vater nicht ist, wie fühle ich mich drob so froh« sich dem Genusse der Einsamkeit überläßt.
Bereits hatte ich im Manuskripte von meinem Helden Abschied genommen und jenes weggeschlossen; nach einiger Unterbrechung hatte ich mir eines Morgens schon das Papier zum Konzept für die Tristan-Dichtung zurechtgelegt, als mich plötzlich ein solch sehnsüchtiger Jammer um den Siegfried bewältigte, daß ich ihn wieder hervorholte und mindestens die Vollendung des 2. Aktes beschloß.

Diese ist nun ausgeführt; Fafner ist tot, Mime ist tot und Siegfried ist dem fortflatternden Waldvogel nachgelaufen.

Zitatende

… fortgeführt mit dem zweiten Akt ab 1865, der dritte Akt 1869 vollendet.
Götterdämmerung - aus 'Siegfrieds Tod' entwickelt, der schon 1848 in den Anfängen aus der Zeit in Dresden herrührt, umgestaltet 1852, komponiert 1869 bis 1872.

Die Zeit nach Dresden mit den aus politischen Gründen von der Bevölkerung angezettelten Aufständen, seine Beteiligung als Wachmann auf dem Turm der Kreuzkirche am 5. und 6. Mai 1849, die Flucht über Chemnitz, Weimar und - mit der Hilfe von Franz Liszt über den Bodensee in die Schweiz nach Zürich.

Zunächst wohnte er dort am Rennweg 55, bis seine Frau Minna im September 1849 samt dem ganzen Hausrat und mit Hund und Papagei anreiste.

Nun bezogen die Wagners zunächst eine Parterrewohnung in den hinteren Escher-Häusern am Zeltweg in Hottingen, bis sie – nach zwei Abstechern – im Frühjahr 1853 für rund vier Jahre in den vorderen Escher-Häusern eine Wohnung im zweiten Stock übernahmen.

Hier entstanden „Unter dem härtesten Druck der Nahrungssorgen und in stets sieglosem Kampf gegen die Kälte eines sonnenlosen Parterrestübchens“ (ML) im Spätherbst 1849 die grundlegende Schrift „Das Kunstwerk der Zukunft“ in der erstmals von einem „künstlerischen Gesamtwerk“ die Rede ist, das die „Totalität der Natur“ spiegelt und „alle Gattungen der Kunst zu umfassen hat“.

Seine wirtschaftliche Lage war schwierig.

Immer wieder mussten Freunde und Bekannte aushelfen.

Fortwährend war sein Leben geprägt durch finanzielle Nöte.

Im Januar 1852 lernte er dann in Zürich bei einem Konzert, das er dirigierte, den wohlhabenden Großkaufmann Otto Wesendonck und seine Frau Mathilde, geb. Luckemeyer, kennen, der ihn ab 1853 finanziell großzügig unterstürzte. Das Gartenhaus neben der Wesendonck'schen Villa oberhalb von Zürich stellte er Wagner als Wohnhaus zur Verfügung, der es sein 'Asyl' nannte.

Damit begann ein als sich wichtiger auslösender Faktor für die Arbeit am 'Tristan', die im Laufe der Züricher Zeit zu einem innigen - wohl rein platonischem - Liebesverhältnis sich entwickelnde Bekanntschaft mit Mathilde Wesendonck.

Am 19. Dezember 1856 begann Wagner mit der Konzeption und der Niederschrift der ersten musikalischen Themen zum 'Tristan', den er immer noch für ein einfaches Werk zum Geldverdienen hielt.

Und noch am 28. Juni 1857 teilt er Liszt mit, dass er jetzt den 'Tristan' in kleinen die Aufführung erleichternden Dimensionen ausführen werde. Er hoffe, dass er durch den 'Tristan', der ein durchaus praktikables Opus sei, für einige Zeit "flott" gehalten werde.

Eine Verbindung zum später von ihm geschaffenen ’Parsifal’ sah er anfänglich, als er den, den Gral suchenden Ritter, am Siechbett Tristans erscheinen lassen wollte.

Am 1. Juli 1857 besuchte ihn Eduard Devrient, Intendant der Karlsruher Oper, in Zürich. Er war der Bariton, der 1829 mit Felix Mendelsohn Bartholdy die Matthäuspassion von Johann Sebastian Bach in der Berliner Singakademie nach vielen Jahre des Liegenlassens der Bevölkerung wieder zu Gehör brachte.

Durch anderweitige Auftritte überanstrengte sich Devrient stimmlich, so dass er als Sänger nicht mehr auftreten konnte und sich auf die Theaterleitung, erst in Dresden, dann eben in Karlsruhe konzentrieren musste.

In Zürich sprachen Devrient und Wagner über die Möglichkeiten, den 'Tristan' in Karlsruhe uraufzuführen.

Am 20. August 1957 begann Wagner mit der Niederschrift der Prosafassung des 'Tristan' und arbeitete unmittelbar daran an der Urschrift der Dichtung.

Am 18. September 1857 übergab Wagner an Mathilde Wesendonck die Urschrift des Werkes, von der die Bülows - Hans und Cosima -, die zehn Tage später zu Besuch nach Zürich kamen eine Abschrift nach Berlin mitnahmen. Bülow ahnte nicht, dass er 1865 derjenige sein werde, der das Werk in München der Öffentlichkeit vorstellt.

Auch der Karlsruher Intendant Devrient erhielt eine Abschrift. Als der aber dann diese Texte vom 'Tristan' las, vermerkte er am 28. Dezember 1857 in seinem Tagebuch:

Zitat
"Im Theater das neue Operngedicht Richard Wagners „Tristan und Isolde" gelesen, das ich dem Großherzog übergeben soll.
Das ist wahre Faselei.
Gar keine dramatische Entwicklung, es sind einzelne Momente des Epos dargestellt, die mühsam durch Rekapitulation das Geschehen exponieren müssen. in unerträglich breiter, altdeutsch unverständlicher Behandlung.
Der 3. Akt ganz überflüssig, er könnte der Schluß des zweiten sein. Überhaupt wie dürftig die Handlung, wie unverständlich!
Aber starkes Situationsgefühl ist wieder darin.
Das ist ein gutes dramatisches Element, macht aber noch kein Drama. -
Richard Wagner schreibt, daß er Aussicht auf Begnadigung habe und im Winter herzukommen hoffe.
Das ist auch ein Gespenst, das unserer hinlänglich zerstörten Ruhe droht."
Zitatende

Eduard Devrient - 'Aus seinen Tagebüchern' - Teil 1852 - 1870 


Somit war an eine Aufführung in Karlsruhe nicht mehr zu denken.

 

Die Beziehung zu Mathilde hatte sich in künstlerischer Hinsicht stark entwickelt. Man war sich nahe, sie dichtete, er vertonte die fünf Texte, die als Wesendonck-Lieder mit den Titeln -

Der Engel, (30. November 1857),

Träume, (4./5. Dezember 1857),

Schmerzen, (17. Dezember 1857),

Stehe still, 22. Februar 1858),

Im Treibhaus, (1. Mai 1858)

- in die Musikgeschichte eingingen und von Wagner selber als „Besseres als diese Lieder habe ich nie gemacht, und nur sehr weniges von meinen Werken wird ihnen zur Seite gestellt werden können“ - bezeichnet wurden.

Die persönlichen Schwierigkeiten zwischen Minna Wagner - sie sah in Mathilde eine Konkurrentin, die sich über Kunst und über den 'Tristan' ihrem Manne Richard näherte - eskalierten, als Minna ein Schreiben, das wie üblich per Boten zum Haus Wesendonck geleitet werden sollte, von ihr abgefangen und zum Anlass für heftigste Vorwürfe verwendet wurde.

Zitat
"Am Morgen ward ich wieder vernünftig und konnte herzinnig zu meinem Engel beten, und dieses Gebet ist Liebe!
Liebe!
Tiefste Seelenfreude an dieser Liebe, der Duell meiner Erlösung! -
Nun kam der Tag mit seinem üblen Wetter, die Freude, Dich zu sehen, war mir versagt, die Arbeit ging noch immer nicht.
So war mein ganzer Tag ein Kampf zwischen Mißmut und Sehnsucht nach Dir ......

Sei mir gut, das Wetter scheint mild, heut' komme ich wieder in Deinen Garten, sobald ich Dich sehe.
Ich hoffe Dich einen Augenblick ungestört zu finden.
Nun meine ganze Seele zum Morgengruß!
R. W."
Zitatende

Brief an Mathilde Wesendonck vom 7. April 1858
 


Aufgrund des Eklats, den dieser Vorgang auslöste musste das 'Asyl' aufgegeben werden. Minna löste den Haushalt auf, setzte Annoncen in die Tagszeitung, verkaufte den Hausrat unter großer 'Anteilnahme' der Bevölkerung und kehrte nach Sachsen zurück.

Wagner verließ am 17. August 1858 das Züricher 'Asyl' und reiste nach Venedig, wo er - ohne von Pferdegetrappel oder von den Geräuschen aus der Schmiede gegenüber wie in seiner ersten Wohnung in Zürich gestört zu werden - am 'Tristan' weiterarbeitete.

Am 8. Dezember 1858 vermerkte er im Tagebuch für Mathilde Wesendonck:

Zitat
"Seit gestern beschäftige ich mich wieder mit dem Tristan. Ich bin immer noch im zweiten Akte. Aber - was wird das für Musik! Ich könnte mein ganzes Leben nur noch an dieser Musik arbeiten (...) So etwas habe ich denn doch noch nicht gemacht: aber ich gehe auch ganz in dieser Musik auf; ich will nichts mehr davon hören, wann sie fertig werde. Ich lebe ewig in ihr."
Zitatende

... und am 10. März 1859 schrieb er direkt an sie:

Zitat
"Endlich bin ich gestern mit meinem zweiten Akte, dem großen, Allen so bedenklichen (musikalischen) Problem fertig geworden, und weiß es auf eine Art gelöst, wie noch keines. Es ist der Gipfel meiner bisherigen Kunst."
Zitatende


Am 10. April 1859 teilte er ihr mit:

Zitat
"Der dritte Akt ist begonnen. Mir ist dabei recht deutlich, daß ich nie etwas Neues mehr erfinden werde: jene eine höchste Blütenzeit hat in mir eine solche Fülle von Keimen getrieben, daß ich jetzt nur immer in meinem Vorrat zurückzugreifen habe, um mit leichter Pflege mir die Blume zu erziehen."
Zitatende


Der 'Tristan' lag dann jahrelang unaufgeführt.

Kein Theater traute sich an das Stück.

Auch Wien, das sich anfänglich interessiert zeigte, lehnte nach 77 Klavierproben - innerhalb von zwei Jahren - ab.

Das Werk wurde für unspielbar erklärt.

Nach dieser Entscheidung und auch um der Verhaftung wegen zu hoher privater Schulden zu entgehen, verließ Wagner am 23. März 1864 Wien. Er floh nach Zürich und Mariafeld zu Eliza Wille, die ihn für einige Tage aufnahm - ihr Ehemann hielt sich gerade zu Studien in Istanbul auf - prophezeite ihm eine positive Entwicklung in kürzester Zeit.

Am 28. April 1864, reiste er nach Stuttgart, um sich auf die Schwäbische Alb zurückzuziehen, um in Ruhe und Abgeschiedenheit die 'Meistersinger' fertigzustellen, die er in Biebrich begonnen hatte.

Im Hotel Marquardt in Stuttgart übergab ihm am 3. Mai 1864 Kabinettssekretär Hofrat von Pfistermeister einen Ring und eine Mitteilung des Königs von Bayern. Ludwig II. wünschte ihn zu sehen.

Noch am Abend reisten beide mit der Bahn nach München und am 4. Mai 1864 stand Wagner vor seinem Gönner, der sein Leben bis zum Ende bestimmen würde.

Richard Wagner übertitelt seinen 'Tristan' mit 'Eine Handlung' um innere Bewegungen.

Der Erfolg für die heutige Zeit:
'Action muss her!'

Hieraus leiten dann heutige Regisseure ihre Spielereien ab, die dann zu:

http://www.telezeitung-online.de/Bemerkungen_zu_'Tristan_und_Isolde'_im_'Staatstheater_Braunschweig'.htm

oder zu:

http://www.telezeitung-online.de/Bemerkungen_zu_%27Tristan_und_Isolde%27_29.11.2014_Theater_RBG_final.htm

oder zu:

http://www.telezeitung-online.de/Thema_des_Tages_05._Mai_2016_'Tristan_in_LA'.htm

führen.

Irritationen ergeben sich zusätzlich, wenn behauptet wird, es handle sich auch beim 'Tristan' von Richard Wagner eindeutig um eine Ehebruchgeschichte. Gottfried von Straßburg spricht davon, Isolde habe nachts in den Armen Markes gelegen, um davon abzulenken, tagsüber bei Tristan sein zu können.

Es ist nicht festgelegt, wie viel Zeit zwischen dem ersten und dem zweiten Aufzug vergehen oder auch die Zeitspanne zwischen zweitem und drittem Aufzug ist unbekannt.
Auch ist bei Wagner nicht klar, ob und ab wann Isolde de jure die Gattin von König Marke geworden ist.
Gab es in Richard Wagners 'Tristan' eine 'Heirat' im wahrsten Sinne des Wortes mit einer Brautnacht? Kann es somit einen Ehebruch überhaupt gegeben haben?

Zu behaupten, es sei im 19. Jahrhundert schwierig gewesen, der Bevölkerung Wagners Art von 'Handlung' mit dem Ehebruch näherzubringen, ist heute schwer zu vermitteln. Damals wie heute ist alles möglich, in kürzester Zeit – allerdings damals mehr im Verborgenen.
Somit gab es auch damals Vorgänge, die sich außerhalb des Zugriffs der Öffentlichkeit abspielten.
Man erinnere sich an ’la grand amour’ zwischen Richard Wagner und Cosima von Bülow, die auch noch Folgen in Form der Tochter Isolde von Bülow hatte. Die Vaterschaft Richard Wagners ist heute anerkannt. Im Erbschaftsprozess gegen ihre Mutter (Beidler-Prozess) konnte Isolde die Abstammung von Richard Wagner nicht nachweisen. Cosima bestritt schriftlich wider besseres Wissen Wagners Vaterschaft.

Immerhin war vor 90 Jahren bezogen auf heute alles so ungeheuerlich delikat, so dass Hans von Wolzogen in den Bayreuther Blättern den 'Tristan' als "Wust sinnlich-frivoler Minne-Spielereien" bezeichnen konnte.

Inszenierungen aus 1981 - wie die des BR Fernsehens im Herkulessaal der Residenz im München - zeigten am 18.8., am 25.8. und am 2.9.2018 (es wurde jeweils nur ein Aufzug pro Abend gesendet), dass man 'die Handlung' ohne große Szenerie und Kostümierung zeigen kann, wobei auf diese Weise noch Verfälschungen - wie heute beim Regisseurstheater üblich - vermieden werden.

Beim BR hatte man lediglich vor die große Orgel im Hintergrund der Bühne ein großes Segel gespannt, auf das mal Wolken, mal Bäume projiziert wurden.
 



Screenshot: Quelle: BR Fernsehen

Anders die Produktion im ’Theater für Oberfranken’.
Der erste Aufzug zeigt den Bühnen-Raum mit Baugerüsten vollgestellt, was so natürlich ein stetiges Treppauf / Treppab für die Sänger 'ermöglicht' und eine belebte Inszenierung suggeriert.
Aber was soll das?
Das von den Aussagen her kümmerliche Programmheft gibt für sieben Euro keinerlei Hinweise, was die Szenerie aussagen soll.

Der zweite Aufzug spielt zwischen Fahrradständern, Drehkreuzen, an den Wänden Handtuchhalter und oben links auf dem höchsten Gerüstteil hantieren irgendwelche Leute, die mit Scheinwerfern die Szene mit Tristan und Isolde beleuchten.
Das soll dann die Nacht sein, die das Liebespaar umgibt?

Beim dritten Aufzug ist in Bayreuth die Bühne leer - da kann man nicht viel falsch machen.
Es unterbleibt alles, um dem siechen Tristan beizustehen.

Stattdessen werden dessen Fieberträume in Form von kleinen Häuschen - mal am Boden, mal in der Luft, mal in dieser, mal in jener Ecke - sichtbar, da er überall auf und über der Bühne Isolde zu sehen glaubt. Und die Darstellerinnen dieser Isolden dürfen sich beim Schlussapplaus auch noch verbeugen.
’Bayreuther Kindergarten’.
Zwischendrin spaziert Tristan, der Todkranke, auf der Bühne hin und her.
Alles nur Einbildung?

Am Schluss verweigert Marke der Isolde die Verklärung.
Er schleppt sie in den Bühnenhintergrund.
Das Publikum reagierte und der Tagesspiegel schrieb
:

Zitat
Katharina Wagner wieder ausgebuht

Unmut in Bayreuth. Katharina Wagners Inszenierung von Richard Wagners „Tristan und Isolde“ erntete auch im dritten Jahr Buh-Rufe.

Die Bayreuther Festspiele sind am Mittwochabend mit einer umstrittenen Wiederaufnahme von
Richard Wagners „Tristan und Isolde“ fortgesetzt worden. Die düstere und provokative Inszenierung des Liebesdramas um den Ritter Tristan und seine Geliebte Isolde stammt aus dem Jahre 2015. Regisseurin Katharina Wagner, Chefin auf dem „Grünen Hügel“, erntete auch im dritten Jahr dieser Produktion lautstarke Buh-Rufe.
Zitatende
 



 

 

Bemerkungen eines Vollzahlers zur szenischen Umsetzung von

’Tristan und Isolde’

Besuchte Vorstellungen am 16. September 2018

Ankündigung der Nds. Staatsoper Hannover

Zitat


Tristan und Isolde

Oper von Richard Wagner

Handlung in drei Akten (1856 /57 – 59) nach dem Versroman »Tristan« des Gottfried von Straßburg

Premiere | So 16.09.18 | 17:00 | anschließend Premierenfeier im Foyer | Opernhaus

Fahlheit, ausgewaschene Farben, immer klarer werdende Konturen – das ist das Morgengrauen, der Übergang von Nacht zu Tag, diese zwielichtige Phase des Tages. Doch für Tristan und Isolde, dieses zum Inbegriff tragischer Liebe gewordene Paar, ist das Morgengrauen mehr als nur ein Farbwert. Für sie bedeutet der Tagesanbruch ein Ende der Dunkelheit, in der Umrisse sich auflösen, Körper, Welt und Seelen miteinander verschmelzen. Sie wissen – und das ist das wahre Morgengrauen –, der Tag wird ihnen nur die Qualen der Entsagung bringen, denn in dieser Welt dürfen sie nicht vereint sein. Schließlich ist sie, die irische Prinzessin Isolde, mittlerweile Frau des kornischen Königs Marke; schließlich ist er, Cornwalls edler Ritter Tristan, dessen treuer Lehnsmann.

Doch Tristans nie versiegende Liebe zu Isolde ist wie die nie stillbare Wunde, die ihn einstmals zu Kriegszeiten unter der falschen Identität des Tantris zu Isolde geführt hatte. Nur Isoldes Heilkünste konnten die Wunde versiegeln, doch als sie in Tantris den Feind erkannte, der ihren Verlobten getötet hatte, verzichtete sie aus Mitleid auf Rache an dem hilfesuchenden, wehrlosen Ritter. Seither tobt in Tristan der Kampf zwischen der Treuepflicht gegenüber seinem König und seiner Liebe zu Isolde – der Krieg, den er einst auf dem Felde austrug, lebt nun schmerzhaft in seinem Innersten weiter.

Ausgerechnet er muss Isolde nach Kriegsende zur Hochzeit mit Marke von Irland nach Cornwall überführen, um den Frieden zwischen den beiden lange verfeindeten Völkern zu besiegeln. Kurz vor Ende der Reise jedoch wird die Konfrontation von Tristan mit Isolde unausweichlich: Sie fordert ihn auf, einen vorgeblichen Sühnetrank zu trinken, von dem sie beide denken, es sei ein erlösendes Gift. Der zu erwartende gemeinsame Tod erlaubt es ihnen, sich gegenseitig ihre Gefühle zu offenbaren – doch als sich der Trank als Liebeselixier herausstellt, wandelt sich dieser Moment höchsten Glückes in den Moment der größten Tragik in ihrem Leben: Seither wissen sie, dass diese unerfüllbare Liebe sie bis an das Ende ihrer Tage quälen wird. Nun bleibt ihnen nur noch das Dunkel der Nacht, um sich ihrer Liebe zu vergewissern, sich gemeinsam im Sehnen nach Vereinigung zu verzehren. »Tristan du, / ich Isolde, /nicht mehr Tristan! /Du Isolde, /Tristan ich, /nicht mehr Isolde!«

Handlungsträger sind nicht mehr nur der Librettotext und das Bühnengeschehen, sondern in nie zuvor dagewesenem Maße die Musik, die dem Strom der Gedanken der Figuren folgt und plastisch schildert, was ihnen unsagbar ist. Leitmotive setzt Wagner auf diesen verworrenen Pfaden der Gefühle als »Wegweiser« ein; die Welten von Tag und Nacht erzählen mittels bahnbrechender Harmonik ebenso viel über die Lichtverhältnisse wie über den Leidensdruck und Schmerz der Protagonisten. So wird »Tristan und Isolde«zu einer »der Ursprungsurkunden der musikalischen Moderne« (Carl Dahlhaus), die Zeugnis ablegt vom ewigen Widerstreit zwischen Sehnsucht und Pflichterfüllung, Licht und Dunkel, Liebessehnsucht und Liebesqual, die den Übergangszustand wie das Morgengrauen fliehen und nur im absoluten Zustand des Todesdunkels Erlösung finden.

Leitungsteam

Musikalische Leitung

Ivan Repušić - [wegen Krankheit ersetzt durch Will Humburg (kj)]

Inszenierung

Stephen Langridge

Bühne und Kostüm

Conor Murphy

Licht

Susanne Reinhardt

Choreinstudierung

Lorenzo Da Rio

Dramaturgie

Christopher Baumann


Zitatende 

Am 7. September 2018 fand eine Einführungssoirée zum 'Tristan' in der Nds. Staatsoper Hannover statt, die neben einige Worten des zuständigen Dramaturgen - die nur das brachten, was in jedem Reclam Opernführer auch zu lesen ist -, auch einen Besuch der Orchesterprobe des ersten Aktes beinhaltete.

Hierauf ging eine Mail an die Pressestelle der Nds. Staatsoper Hannover:


Zitat


07.09.2018

Datum

Heute, 06:59:30 UTC

Von

info@marie-louise-gilles.de

An elisabeth.schwarz@staatstheater-hannover.de

Text (1 KB)

Guten Morgen,

bei der gestern als Bühnenorchesterprobe abgehaltenen Veranstaltung handelte es sich in Wirklichkeit um eine Arbeitsprobe.

Die zahlreichen Unsicherheiten bei Solisten und im Orchester gehören nicht vor ein Publikum.

Außerdem wurde wieder einmal ein derart überdimensioniertes Bühnenbild auf der Hauptbühne ausprobiert, da es wie viele andere in den Werkstätten - wie von Herrn Verwaltungsdirektor Braasch in seiner Rede am 6. Mai 2017 ausgeführt – nicht in Gänze aufgebaut werden kann.

Wozu ein solches Monstrum, das die Produktivität der Nds. Staatsoper Hannover unter den gegebenen Umständen einschränkt?

Mit freundlichem Gruß

ML Gilles

Zitatende
 

 

Bemerkungen eines Vollzahlers

'Alles Humbug'

Die freie Auswahl an Plätzen am 16.9.2018 in der dritten Reihe des dritten Rangs:
nur vier Personen.
Die Platzanweiserin meinte, nähme man die Armlehnen an den Sitzen weg, dann könne man sich hinlegen.
Auch sonst in den Rängen viele leere Plätze.
Man hätte wieder einmal den dritten Rang schließen können.
Es bot sich aber den Zuschauern hier die Gelegenheit im Laufe der Veranstaltung mehrere Plätze auszuprobieren, mal in der ersten Reihe, mal in der letzten, seitlich auf dem Einzelplatz oder mal auf der linken Seite in der zweiten Reihe auf dem Ecksitz.

Und am 30.9.2018 die zweite Vorstellung 'Tristan' ersatzlos gestrichen.

Stadt und Land verweigern sich, gehen nicht mehr in die Nds. Staatsoper Hannover, selbst wenn es sich um den Beginn der neuen Saison handelt, will nichts mehr sehen und - nimmt man das Ende des Abends vorweg - dann kann man für Hannoveraner Verhältnisse mit einem äußerst respektablen Buh-Konzert beim Erscheinen der dreier Regietruppe sprechen.
Das Team kann entweder mit den Stück nichts anfangen oder es misstraut Autor und Komponist.

Es wird draufgeklatscht was das Zeug hält, damit geht das Werk unter, aber die Ergänzungen bringen keine Verbesserung. Im Gegenteil, sie führen ein Eigenleben!

Und dann das Orchester.
Wenn schon einer unsensibel herumfuchtelt, die Lautstärke immer mehr ausufern lässt, erinnert man sich an die ersten Takte und sagt sich:
Schon zu laut!
Das mag einmal für Münster ausreichend gewesen sein, dort war dieser Maestro GMD, für Hannover jedenfalls ist das nicht überzeugend.
Unter GMD Repušić wäre da musikalisch etwas anderes herausgekommen. Aber der war ja krank.

Der Vorhang öffnet sich, Stille, Gaze behindert die Sicht.
Isolde von rechts. Dann eine Truppe von Statisten als Sicherheitspersonal verkleidet, die links im Off verschwinden.
Isolde setzt sich auf einen Stuhl, der links auf einem indirekt beleuchtetem Rondell - sieht aus wie ein etwas erhobener, illuminierter 'Tortenboden' - steht.
Dort verbringt sie das Vorspiel.
Quer über die mit weißen Brettern ausgelegte Bühne eine Röhre, darin ein mannshohes Loch.
Darüber über die ganze Breite der Bühne in Übermannshöhe ein Geländer.

Während des Vorspiels - Isolde links in gelben Mantel gehüllt - hantieren zwei 'weißgetünchte Figuren' in dem Loch in der Röhre.

Hat man ein Programmheft nicht gekauft, weiß man nicht, was das soll, was das mit dem Stück zu tun hat.

Wohlgemerkt man hat kein Programmheft und kann nicht nachlesen, was Mr. Philip Langridge als Regisseur meint. Es kann sein, dass diese Vorgehensweise für Göteborg reicht, wo er zur Zeit Intendant ist, oder für Glyndebourne, wo er Hausherr werden soll, langt, für Hannover jedenfalls nicht.

Das Vorspiel 'macht Fortschritte', Isolde weiterhin links, 'die Weißgetünchten' - noch immer Bodenübungen im Zeitlupentempo im Loch der Röhre. Was die Verrenkungen allerdings sollen, ist nicht zu verstehen. Sagt doch die Musik alles und das Gehampel nichts.

Das Licht im Loch des Tunnels verlischt und damit sind auch die beiden 'Weißgetünchten' nicht mehr zu sehen.
Isolde allein links auf dem Stuhl auf dem indirekt erleuchteten 'Tortenboden'.

Die Gaze wird hochgezogen, von rechts schreitet wer heran, es kann nur Brangäne sein, aber in der Inszenierung könnte auch die Kaiserin von China auftreten.
Wer weiß das schon so genau?
Die Dame, hochgestöckelt, in langem Abendkleid bleibt am Loch in der Röhre stehen.
Was mag sie wollen?

Von links jemand, der ein Fähnchen an einem langen Stock vor sich herträgt, am linken Portal verharrt er. Er lümmelt dort lässig für

ERSTE SZENE
STIMME EINES JUNGEN SEEMANNS
Westwärts
schweift der Blick
:

Da entflammt er mit einem Feuerzeug das Fähnchen, das hell auflodert und sofort verlischt.
Isolde ist ganz geblendet von dem 'Gegokel', sie beruhigt sich aber schnell wieder.

Der Lümmel greift hinter das Portal und holt von dort eine von der Requisite dankenswerterweise rechtzeitig positionierten langen Stab - wieder mit einer Fahne - die der Lümmel entrollt - es handelt sich um den Union Jack.
Der Fahnenträger schreitet in die Mitte der Bühne und entwickelt sich zum Fahnenschwenker auf das
Wehe, wehe, du Wind! 
... du wilde, minnige Maid!

steckt er den Fahnenmast in ein Loch im Boden des 'Tortenbodens' und geht keck nach rechts - im Vorbeigehen die Hand an die Mütze tippend - ab.

ISOLDE
jäh auffahrend
Wer wagt mich zu höhnen?
sie zieht den Fahnenmast aus dem Loch im Boden
Brangäne, du?
Sag --- wo sind wir?


Brangäne kommt gemütlichen Schrittes von rechts, setzt sich auf den Rand des 'Tortenbodens' - dessen indirekte Beleuchtung übrigens inzwischen erloschen ist und gibt die vage Positionsbestimmung mit
Blaue Streifen
steigen im Osten auf

Auf das
Nimmermehr!
Nicht heut noch morgen!

schmeißt Isolde die Fahne mit dem Mast nach links, wo sie polternd zu Boden fällt.
Brangäne hat sich vor Schreck erhoben und geht rechts auf und ab, wendet sich dann dem 'Tortenboden' zu und setzt sich auf den Stuhl, nachdem sich Isolde zu Boden gelassen hat.

Bei Isoldes
Luft! Luft!
Mir erstickt das Herz!

erscheint oben an der Reling ein Matrose, der mit einem Ball in seinen Händen spielt.
Es ist kein einfacher Matrose, sonder der junge Seemann, der Fahnenzündler von soeben, der für die

ZWEITE SZENE
noch einmal behauptet, dass der Wind frisch der Heimat zuweht und indem er den Ball hochhält, seit er sich auf das nächste Fußballmatch zu freuen.
Anders kann man den dubiosen Regieeinfall nicht deuten.

Zum
Weh, ach wehe, mein Kind!
haben sich oben auf der Brücke von links jemand mit weißer Kapitänsmütze und von rechts einer von der Mannschaft genähert.
Sie verharren in der Mitte und blicken nach hinten auf die sich hoch in den Bühnenhimmel aufwölbende Verbretterung des Bühnenbodens - soll wohl die Weite des Meeres andeuten - nachdem der rechts Stehende dem Matrosen den Ball abgenommen hat. Der geht nach rechts ab und der von der Mannschaft legt den Ball auf den Boden der Brücke.
Keiner weiß warum.

Brangäne
Soll ich ihn bitten,
dich zu grüssen?

drauf geht sie nach rechts ab.

Kurwenal, der zweite oben auf der Brücke, beobachtet das, indem er sich weit über die Reling lehnt. Er meint
Hab acht, Tristan!
Botschaft von Isolde


Brangäne ist auf dem Oberdeck angekommen und es entwickelt sich das Gespräch zwischen ihr und dem mit der weißen Kapitänsmütze, Herrn Tristan.
Kurwenal schaut weiter nach hinten auf die weite Wasserwüste, dann dreht er sich um und mischt sich ein
Darf ich die Antwort sagen?
[...]
Sein Haupt doch hängt
im Irenland,
als Zins gezahlt
von Engeland:
Hei! Unser Held Tristan,
wie der Zins zahlen kann!
«

Dabei spielt er mit dem Ball, den der Steuermann zurückließ und den er soeben vom Boden aufhob.

Der Chor unsichtbar hinter dem Tunnel, wirft Bälle in die Luft und jauchzt
Hei! Unser Held Tristan,
wie der Zins zahlen kann!


Brangäne die Reling entlang nach rechts ab und so ist sie rechtzeitig für die

DRITTE SZENE

zum
Weh, ach wehe!
Dies zu dulden!

wieder zurück auf der Hauptbühne.

Für die große Erzählung
Wie lachend sie
mir Lieder singen,
wohl könnt' auch ich erwidern

stehen die beiden Männer an der Reling und schauen teilnahmslos nach hinten aufs Meer.

Isolde und Brangäne im Gespräch auf und neben dem 'Tortenboden', der sich merklich auf leisen Rädern nach rechts bewegt.
Was soll das?
Der Zuschauer wird damit abgelenkt von der schweren Szene und von Isoldes beiden hohen Tönen beim
mit ihr gab er es preis!
und beim
mir lacht das Abenteuer (hier nicht ausgehalten, sondern wie ein Juchzer behandelt)

Bei Isoldes
Den Schrein dort bring mir her!
wird das Loch im Tunnel illuminiert und zum
Für Weh und Wunden
Balsam hier
erscheint rechts in der Röhre (der 'Tortenboden' ist mit Isolde unmittelbar von der Öffnung in der Röhre angekommen) 'der Weißgetünchte' und bald darauf von links 'die Weißgetünchte'.

Bei Brangänes
Für Weh und Wunden
Balsam hier;
für böse Gifte
Gegengift
reicht ihr 'der Weißgetünchte' ein Glas, das sie auf den Boden stellt
und zu Isoldes
Den hehrsten Trank,
ich halt' ihn hier
reicht die in der Röhre links erschienene 'Weißgetünchte' der Isolde ein Wasserglas (wahrscheinlich aus Kostengründen echtes 'Senfglas')

Brangäne nimmt Isolde das Glas ab und stellte es zu dem, das sie auf dem Boden gab.

SCHIFFSVOLK
von außen und unsichtbar für das Publikum
Ho! He! Ha! He!
Am Untermast
die Segel ein!
Ho! He! Ha! He!


VIERTE SZENE
KURWENAL
Auf! Auf! Ihr Frauen!

Auf der Brücke 'macht einer Männchen' vor dem Kapitän.
Kurwenal geht nach links und hebt die britische Fahne auf, die von Isolde vordem auf den Boden geschmettert wurde.
Dann hört er sich Isoldes Wunsch an
Herrn Tristan bringe
meinen Gruss
und meld ihm, was ich sage.


Mit dem
Sicher wisst,
das sag' ich ihm;
nun harrt, wie er mich hört!
geht Kurwenal nach links ab und die beiden Frauen widmen sich Isoldes
Nun leb wohl, Brangäne!
Grüss mir die Welt,
grüsse mir Vater und Mutter!


KURWENAL
Herr Tristan!


Der 'Tortenboden' ist für die
FÜNFTE SZENE
auf seiner Fahrt unmittelbar vor dem Loch in der Röhre angekommen.

Das Gespräch endet mit
TRISTAN
Wo sind wir?

ISOLDE
Hart am Ziel!  

Brangäne vertauscht die beiden am Boden stehenden Gläser

Tristan
Wohl kenn' ich Irlands
Königin
und ihrer Künste
Wunderkraft
sind beide durch das Loch in der Röhre in diese zurückgetreten, dann Tristans
Vergessens güt'ger Trank,
dich trink' ich sonder Wank!


Er setzt an und trinkt

ISOLDE
Betrug auch hier?
Mein die Hälfte!

und da sinken sie nieder auf dem ''Tortenboden', berühren sich zaghaft mit den Händen.
Der Zauber wirkt.

Dann auf der Brücke, winkend in den Hintergrund
ALLE MÄNNER
Heil! Heil! Heil!
König Marke Heil!
Heil dem König!

Brangäne erscheint mit dem Morgenrock, den Isolde ja schon am Anfang des Aktes trug, von rechts.
Kurwenal von links mit der Botschaft
Heil Tristan,
glücklicher Held!


Marke zwängt sich von hinten durch die Stäbe der Reling, weil sich das Absperrgitter am 16. September 2018  nicht öffnen lässt.
Durch diese beherzte, von der Regie nicht vorgegebene Aktion, ereicht er oben auf dem Quergang an der Reling entlang rechtzeitig die Mitte der Bühne, um die Huldigungen entgegenzunehmen und entsprechend königlich zu winken.

Der Vorhang fällt schnell.

Zweiter Aufzug
Erste Szene
Die Bühne vom Orchestergraben an bis nach hinten in die Bühnentiefe und von dort weiter nach oben in den Schnürboden verlaufend die weiße Holzbeplankung.
Völlig unnötig dieser Aufwand für ein Bühnenbild.

Aus dem Schnürboden herunter hängt ein Abschnitt eines Rohres, schräg angeschnitten oberhalb eines Whirlpools ohne Wasser. Dafür am Rand des Pools Becher mit brennenden Kerzen ringsherum.
Rechts nahe dem Portal der bekannte 'Tortenboden' auf ihm ein typisches Krankenhausbett.

Rechts an der Wand, hoch über dem Bühnenboden weit auskragend ein Austritt, ein Balkon.

Gespräch Isolde / Brangäne

ISOLDE
Hörst du sie noch?
Mir schwand schon fern der Klang.


bis zu ihrem
Zur Warte du:
dort wache treu!
Die Leuchte,
und wär's meines Lebens Licht ---
lachend
sie zu löschen zag' ich nicht!


wird das Stück gespielt, würde da nicht 'der 'Weißgetünchte' im Slow-Motion-Tempo auf der Bühne herumtigern und die Szene stören.
Dann wird auch noch 'die Weißgetünchte' aus der Röhre kopfüber an einem Seil heruntergelassen und in dem Pool, der keinen Boden hat, versenkt.

'Der Weißgetünchte' steigt ihr nach - und das Publikum fragt höchst befremdet:

Was soll das?
Wird hier Reklame für einen Auftritt am Trapez in einem Zirkus gemacht?

Dann Auftritt für die
ZWEITE SZENE

TRISTAN
Isolde! Geliebte!

ISOLDE
Tristan! Geliebter!

Für die Gestaltung gibt der Regisseur das rechts auf dem fahrbaren 'Tortenboden' stehende Bett zum Bespielen frei, so kann Isolde mal drauf sitzen oder aber auch sich der Länge lang draufstellen. Gelegentlich hockt sie sich auf drauf, während Tristan unter ihr auf dem Rand des 'Tortenboden' sitzt.

Tristan geht zum Pool und nimmt die Kerzen dort vom Rand und stellt sie - nach vorne rechts verlaufend - auf den Bühnenboden. Während Isolde neben dem am Boden liegenden Schwert verharrt.

Für das
O sink hernieder

sitzt Tristan auf dem Bett, Isolde kniet hinter ihm.

Beim Ruf
Einsam wachend
wandert Brangäne hinten von links nach rechts über die Bühne, hat damit die Möglichkeit ohne Behinderung durch irgendwelche störende Ecken die schwierigen Phrasen ungehindert aussingen zu können.
Tristan legt zwischendurch schon mal sein Jackett auf den Rand des Pools und krempelt sich die Ärmel rauf, während Isolde den gelben Morgenmantel ablegt, ihn einfach zu Boden fallen lässt.
Dann stehen beide am Pool und bemalen sich ihre Gesichter und die Arme mit weißer Farbe, den sie einem Napf entnehmen, der am Rand des Pools steht.
Zum
Nie erwachen!
zieht Isolde bei ihrem
Doch der Tag
muss Tristan wecken?

ein Leintuch vom Bett, geht links ans Portal, legt das Tuch dort auf den Boden aus und setzt sich drauf. Doch dann besinnt sie sich, erhebt sich und geht zum Pool, zu Tristan, der dort sein
der Liebe lasse,
wie wäre seinen Streichen
die Liebe selbst zu erreichen

singt.
Aber nein, sie bleibt nicht bei ihm, sondert wandert um ihn herum wieder zum Bett auf der rechten Seite.
Er folgt ihr und zieht sich beim
Dies süsse Wörtlein: und,
Isoldes gelben, langen Morgenrock an und sie, nicht müßig, zieht sich Tristans Kapitänsjoppe über. (Wer hat nicht gerne mal vier Streifen am Ärmel?)
Isolde begibt sich nach Brangänes erneutem Ruf links auf das von ihr ausgebreitete Tuch. Tristan bleibt während der ganzen langen schweren 'Ewig'-Schraube am Pool stehen und stürzt erst für die

DRITTE SZENE
bei Kurwenals
Rette dich, Tristan!
zu Isolde links ans Portal.
Dann von rechts hinten Statisten mit Gewehren, Melot und dann Marke.
War vorher Dämmerlicht, wird plötzlich am 16.9.2018 die volle Bühnenbeleuchtung eingeschaltet - wohl ein Fehler des Inspizienten, der eine Stimmung nicht rechtzeitig durchsagte.

Ansprache Marke
Tatest du's wirklich? [...]
Den unerforschlich tief
geheimnisvollen Grund,
wer macht der Welt ihn kund?

Marke geht in den Bühnenhintergrund, hält sich am Bett fest, während Tristan sein
O König, das
kann ich dir nicht sagen

als Antwort gibt.

Tristan setzt sich rechts auf den Boden neben das seit dem ersten Aufzug dort liegenden Schwert für sein
Wohin nun Tristan scheidet,
willst du, Isold', ihm folgen?


Isolde antwortet ihm, noch immer links am Portal stehend
Als für ein fremdes Land
der Freund sie einstens warb
dann zu Tristan nach rechts hinübergehend, von wo sie fluchtartig bei
MELOT
Verräter! Ha!
wieder nach links an das Portal eilt.

Tristan eilt mit dem Schwert beim
aus Eifer verriet
mich der Freund
dem König, den ich verriet!

nach hinten.

Neben ihm die beiden 'Weißgetünchten'. Sie mit einer Waschschüssel in den Händen unten, er auf dem Balkon.

Zum
Wehr dich, Melot!
hält Tristan ihm das Schwert hin, watscht ihm eine, Melot zieht das Schwert an Tristans Körper vorbei.
Tristan stürzt aufs Bett, Melot wankt nach vorne, sinkt gebrochen ob seiner Tat auf den Boden.

Der Vorhang fällt schnell.

DRITTER AUFZUG
ERSTE SZENE

Die Bühne - wie schon vorher, ganz in weiß - ein Lager von ausgedienten Möbeln. Bettgestelle, Matratzen, umgefallene Stehlampen.
Rechts hinten - nun liegend - die angeschnittene Röhre, auch in ihr Lattenroste, Betteile - 'Graffel'.
Vor der Röhre ein Bett, wohl das aus dem zweiten Aufzug. Auf ihr liegend, Tristan.

Links hinten der Rest einer Landungsbrücke. Drei Leute wimmeln um Tristan herum. Die nehmen dann hinter der Landungsbrücke Platz.
Diese herunterkommend, der junge Seemann für das
Kurwenal! He!
Rechts vorne, neben dem Bettgestell, Kurwenal, nach hinten gehend für das
Erwachte er,
wär's doch nur,
um für immer zu verscheiden

Der in seiner Haltung aufsässige Hirt wird die Landungsbrücke hinauf abgeschoben.

Dessen Kommentar, ohne sich groß umzublicken und zu orientieren:
Öd und leer das Meer!

Kurwenal
Süsses Leben,
meinem Tristan neu gegeben!

Ein Sanitäter kommt ans Bett, geht wieder.

Tristan erhebt sich für das
Wo ich erwacht ---
weilt' ich nicht;
doch, wo ich weilte,
das kann ich dir nicht sagen

steigt in die Röhre, beschaut sich den dort lagernden Sperrmüll, steigt wieder heraus.
Links diskutiert schone eine Weile Kurwenal mit einem zum Stück nicht gehörenden Menschen.

Beim
Wie schwand mir seine Ahnung?
Sehnsücht'ge Mahnung

hat er den links liegenden wohl bekannten 'Tortenboden' - hier nun nicht indirekt illuminiert -  erreicht für das
Welches Sehnen!
Welches Bangen!

[...]
Das Licht --- wann löscht es aus?
Er geht nach rechts über die Bühne für das
Wann wird es Nacht im Haus?

erschöpft sinkt er zu Boden.

Statisten waren zum 'Weißgetünchten' geeilt, der - kaum war Tristan aus dem Bett aufgestanden - sich dort
breitmachte und nun herumhampelnd einen Fiebrigen mimt.
 

Kurwenal dort am Bett des 'Weißgetünchten' spricht ihn an
du sollst sie sehen
hier und heut


Tristan stürzt quer über die Bühne für das
Isolde kommt!
Isolde naht!

O Treue! Hehre,
holde Treue

und weiter
Mein Kurwenal,
du trauter Freund!

[...]
Dort streicht es am Riff!
Siehst du es nicht?


Kurwenal eilt die Landungsbrücke hinauf
(Das Englischhorn erklingt.)
Noch ist kein Schiff zu sehn!

Tristan
Muss ich dich so verstehn,
du alte ernste Weise

[...] (er wirft den 'Weißgetünchten' aus seinem Bett)
verflucht sei, furchtbarer Trank!
(beutelt ihn)
Verflucht, wer dich gebraut!

Kurwenal ist hinzugekommen, beugt sich über zu Boden gesunkenen
Mein Herre Tristan!
Schrecklicher Zauber!
O Wonne! Nein!
Er regt sich, er lebt!
Die Sanitätsstatisten sind herbeigeeilt, richten Tristan auf ...

TRISTAN
Das Schiff? Siehst du's noch nicht?

KURWENAL
Das Schiff? Gewiss,
es naht noch heut;
es kann nicht lang mehr säumen.


... und legen Tristan auf sein Lager und gehen dann nach rechts hinten ab..

Unheildrohend naht von links unaufhörlich 'die Weißgetünchte' die Landebrücke hinunter, rechts der aus dem Bett geworfene 'Weißgetünchte' sich langsam unaufhörlich rückwärts nach links bewegend.

Tristan
Wie sie selig,
hehr und milde

[...] 'Die Weißgetünchte' nähert sich Tristans Lager, dann biegt sie nach links ab in Richtung 'Tortenboden', an dem 'der Weißgetünchte' schon angekommen ist. Umschlungen stehen die beiden Angemalten da rum, auch noch weiß angestrahlt und stören.

Tristan
Das Schiff? Das Schiff?
Isoldens Schiff?
Du musst es sehen!
Musst es sehen!
Das Schiff? Sähst du's noch nicht?


Kurwenal oben auf der Landungsbrücke
O Wonne! Freude!
Ha! Das Schiff!
Von Norden seh' ich's nahen.

ZWEITE SZENE
TRISTAN
O diese Sonne!
[...]
'
Die Weißgetünchte' schlurft nach links, 'der Weißgetünchte' nach rechts - und beide sind wieder nichts als im Weg.
Vergeh' die Welt
meiner jauchzenden Eil'!
Tristan bricht vorne rechts zusammen.

Die Landungsbrücke herunter Isolde und Kurwenal.
ISOLDE
Tristan! Geliebter!
Sie eilt zu ihm, richtet ihn auf.

TRISTAN
Isolde!

'
Die Weißgetünchte' hebt die Arme und schleicht zur Mitte der Bühne.

ISOLDE
Ha! Ich bin's, ich bin's,
süssester Freund!

[...]
Horch! Er wacht!
Geliebter!

Sie legt sich neben Tristan - Kopf an Kopf.


DRITTE SZENE
Kurwenal die ganze Zeit wartend am Fuß der Landungsbrücke verblieben.

HIRT
Kurwenal! Hör!
Ein zweites Schiff.

Der Sanitäter-Statist eilt von rechts kommend die Landungsbrücke hinauf.
Die beiden anderen Statisten kommen von rechts herbeigeeilt, schleppen Bettgestell und sonstiges herumliegendes Zeug herbei und bauen am Fuß der Landungsbrücke eine Barrikade, die aber gleich von den Mannen des Marke - von oben die Landungsbrücke hinunterteilend - beiseite geschoben wird.

Brangäne auf der Landungsbrücke
Isolde! Herrin!
Kurwenal zu ihr gewandt
Was suchst du hier?

Melot die Brücke herunter.
Kurwenal sticht ihn nieder.
Heiahaha! Dem Tag,
an dem ich dich treffe!


MARKE
die Landungsbrücke heruntereilend
Zurück! Wahnsinniger!

Jemand schießt - Kurwenal stürzt zu Boden.

MARKE
O Trug und Wahn!
Tristan, wo bist du?


KURWENAL
Da liegt er ---
hier --- wo ich --- liege.


Brangäne stöckelt ungerührt an dem Elend vorbei.

MARKE
Tot denn alles!
Alles tot!

[...] kniet neben Tristan ...
Die Ernte mehrt' ich dem Tod,
der Wahn häufte die Not.
...
und zieht sich dann in den Bühnenhintergrund zurück, setzt sich auf den 'Tortenboden'.

ISOLDE
Mild und leise
wie er lächelt,
wie das Auge
hold er öffnet
[...]
ertrinken,
versinken ---
unbewusst ---
höchste Lust!

Die 'Weißgetünchte' schleicht an Isolde in den Bühnenhintergrund - sie stört wieder, aber hier glücklicherweise zum letzten Mal.

Der Vorhang fällt langsam

Fazit:

'Toll' welche Spielmöglichkeiten da eingeräumt werden.
Derartige Mätzchen mögen in Zukunft für Glyndebourne, wohin der Regisseur ja bekannterweise, wenn er Göteborg verlassen hat, als Theaterdirektor ausweicht, ausreichen, für Hannover jedenfalls nicht.

Der Regisseur traut - es sein nochmals gesagt - ganz offensichtlich weder dem Text noch der Musik - und auch den Darstellern nicht.
Als könnten die rollengemäß nicht agieren.
Da müssen - abgesehen von den Kosten - noch diese zwei 'Weißgetünchten' auf der Bühne herumschlurfen als sei es das Telemann Stück 'Pimpinone'. Schon vor Jahrzehnten ergänzte Günther Roth an der Folkwanghochschule für Studenten aus drei Sparten das Stück. Da war es angebracht, aber hier in Hannover beim 'Tristan' - ein einziger Ärger und völlig daneben.
Die beiden sind hier überflüssig 'wie der Dreck zu Pfingsten'.

Es bleibt dem Besucher nichts übrig, als Hohn und Spott auszugießen über das, was hier gezeigt wird.
Das gilt schon lange für die völlig danebengegangen Produktionen an diesem Haus.
Ob 'Ring', ob 'Meistersinger', ob 'Giovanni', ob 'Traviata', ob 'Rusalka', ob 'Fledermaus', ob 'Freischütz', ob 'Verkaufte Braut', ob 'Holländer' - um nur einige zu nennen.

So wie der von Herr Dr. Klügl zweimal engagierte Herr Voges die 'Aida' szenisch in den Dreck zieht, so urteilt der Vollzahler bei den Eintrittskarten und der Steuerzahler und empört sich über das Gemurkse des Regisseurs Langridge beim 'Tristan' in Hannover.

©heerrufer.de

 

Schlussbemerkung

Man kann nur staunen, wie viel Leute, die die Oper verabscheuen, ungeheuer viel Geld damit verdienen, dass sie auf Symposien sitzen und im Soziologen-Schnack (diesen treffenden Ausdruck lernte ich von meinen Studenten) darüber palavern, wie dieser scheißbürgerlichen, altbackenen Theaterform Oper mit politisch relevanten, performativen, optisch additiven, akustisch augmentativen Mitteln eine Ende bereitet werden kann, damit stattdessen die Oper durch das intellektuell vermauschelte merkantile Entertainment zur Freude der Massen und damit des Staatssäckels Freude hinweggefegt wird.

Berichte über diese Symposien füllen dicke Bücher, die hoffnungsfrohe Titel wie 'Die Zukunft der Oper' oder bedeutungsschwere wie 'Warum Oper?' tragen.

Mühevoll, von Phasen des Erschöpfungsschlafs unterbrochen, kämpft man sich durch die Texte, wacht erfreut auf, wenn zwischen all' den unerträglichen Phrasen eine vernünftige Praktikerin wie Vera Nemirowa etwas Brauchbares sagt und man fragt sich:

"Was habe ich in den vielen Jahren praktischer, erfolgreicher, vom Publikum mit vollen Theatern belohnter Arbeit falsch gemacht?"

Ich habe wie unzählige Kollegen in meist freudiger Zusammenarbeit mit Kapellmeistern und Regisseuren die Figuren meines Fachs nach dem Willen der Komponisten und Textdichter auf die Bühne gebracht - und das ganz ohne Soziologen-Schnack.

Aufmärsche und Proteste in Ost und West lassen uns fragen: "Was ist uns wichtig?"

Die Sicherheit?

Die Gesundheit?

Der Frieden?

Der Freundeskreis?

Die Rente?

Die Kultur?

Die Sprache?

Pöbeln mit Fäkalausdrücken oder intellektuelles Gefasel mit unverständlichen Termini ist modern.

Das Benehmen?

Rempeln, schubsen, vordrängen, treten, prügeln, anbrüllen - sind üblich.

Die Kleidung?

Graue Schmuddelfetzen, zerrissene Jeans, dreckige Latschen sind hip.

Das Essen?

Fettiges und süßes Fastfood 'to go' wandert überall und kleckert auf Straßen und Sitze.

Als Gegenwelt könnte es noch Orte der Besinnung, der Schönheit, des guten Benehmens, der eleganten Kleidung, der kostbaren Stimmen geben:

Unsere Opernhäuser.

Wir, die Steuerzahler, haben in stummer Resignation zugelassen, dass, gestützt von den lauten Publikationen tendenziöser Zeitschriften sich eine Theater-Unkultur ausbreiten konnte. Diese mit wissenschaftlichen Phrasen zu untermauern, werden Kongresse und Workshops mit unseren Geldern veranstaltet.

Hinter die Gründe der Misere zu kommen, die das Publikum zu Resignation und Fernbleiben veranlassen, daran sollen Sie teilhaben, an den selbstverliebten Begründungen der Regisseure, die Werke der Musikliteratur als Abbruchmaterial zum Aufbau ihrer Allmacht in unsern steuergeldfinanzierten Opernhäusern nutzen, wobei Unkenntnis und Desinteresse der zuständigen Ministerien ihnen den Weg bereiten.

Es ist allerdings gewiss, dass man nicht argumentieren kann, früher sei alles besser gewesen.

Aber jeder klarsichtige Musikfreund erkennt, dass Werte verloren gegangen sind und weiter verloren gehen.

Eine Opernaufführung besteht auch heute

- aus dem Text

- aus der Musik

- aus den Sängern  

- aus dem Orchester

und einer Bühne, auf der das Stück dem Publikum dargeboten wird.
 

Die in den meisten Fällen gezeigte Behandlung der Werke wird in Bürgerversammlungen

kritisiert, wobei

- die allgemeine Gleichgültigkeit,

- die verringerte Schulbildung - siehe Beitrag des BR-Fernsehens mit dem Titel:

  "Abschluss 'ja', Bildung 'nein'!"

- die Verrohung,

- der Verlust der Werte

als Grund angegeben wird.

Gelegentlich erreicht diese Einsicht auch Politiker.

Wir, die Opernfreunde, sind die von Ministerpräsident Weil beschriebene "aktive Zivilgesellschaft, in der die Bürger die Werte verteidigen, für die wir mit großer Mehrheit stehen."

Manchmal titelt auch ein Kritiker deutlich - so am 4. September 2018 - wie hier über eine Produktion am Nds. Staatsschauspiel Hannover.

 

Hannoversche Allgemeine

5. September 2018


 


Zitat

"Nathan"? Zum Kotzen!"

Von Lessing bleibt nur di8e Ringparabel - der Rest von 'Natahn' im
Ballhof ist ein Theaterprojekt von Oliver Frljic


Zitatende

 

 


Zum allerletzten Schluss – ’das Allerletzte!’

Um den Horizont zu erweitern und zu erleben, was das progressive Regisseurstheater, das mit dem Schauspiel der Nds. Staatstheater mit seinen Produktionen ’Medea’ und ’Die Edda’ für den ’Faust 2018’ nominiert ist, leistet, besuchte ich die in Hannover auf die Bühne gebrachte ’Edda’.

Trotz Nominierung - Veranstalter des Deutschen Theaterpreises DER FAUST sind der Deutsche Bühnenverein, die Bundesländer, die Kulturstiftung der Länder und die Deutsche Akademie der Darstellenden Künste - war der Besuch der Vorstellung am 28. September 2018 kläglich, der Rang geschlossen, im Parkett verteilten sich die Zuschauer großzügig.

Die ersten Minuten – die Bühne in Dunst und Schnee – mit schemenhaften Gestalten der Nornen waren dem sagenhaften Thema angemessen und vermittelten Atmosphäre.
Dann aber brach das Chaos des Regisseurstheaters aus, das Gedröhne, die völlig offene Bühne mit aller Technik, die – zum Beispiel mit dem Hochziehen des Eschestammes – Zeit schindet und davon ablenkt, dass dem Regisseur zur stückgemäßen Personenführung nichts einfällt, außer unablässigem Hinfallen, Aufstehen, Brüllen der Darsteller, ekelhaften Kostümen, alberner Wortspiele, über die das unwissende Publikum aus Verlegenheit lacht, was dann von der Theaterleitung als Erfolg verbucht wird.

Tiere werden nicht so behandelt. Die armen Kollegen!
Unvorteilhafte Präsentation des eigenen Talents, blaue Flecke, verbrüllte Stimmen – eine einzige Quälerei.
Und dann stehen noch Kündigungen an, die das asoziale Verhalten der Theaterleitungen beim anstehenden Intendantenwechsel mit Billigung der Politik – im Falle Niedersachsen des CDU-Politologen Björn Thümler, Nds. Minister für Wissenschaft und Kultur - dokumentieren.

ML Gilles

 

 

Außenwerbung
Nds. Staatsschauspiel Hannover
Screenshot -
Foto:
Katrin Ribbe

 

 

Impressum

'Eine Mitteilung an meine Freunde'

erscheint als nichtkommerzielles Beiblatt zu

Kulturjournal.de

- ausgezeichnet mit dem Kulturförderpreis der Stadt Regensburg -

kulturjournal - Holzländestraße 6 - 93047 Regensburg

Ersterscheinung der Ausgabe Regensburg am 27.07.2007

Erscheinungsweise: kulturjournal-regensburg zehn Mal pro Jahr von Februar bis August und Oktober bis Dezember

Ausgabe des Beiblattes als ’Mitteilung an meine Freunde’ – gewöhnlich zum Anfang eines Monats

Verteilung Regensburg: Direktversand, Hotels, Theater, Galerien, Veranstaltungsorte, Tourist-Info, Bahnhöfe

 

Verteilung Hannover u.a.:
Direktversand an ausgewählte Leserschaft wie Mitglieder der Bürgerinitiative Opernintendanz

Niedersächsischer Landesrechnungshof,
Niedersächsische Landesregierung,

Politische Parteien im Nds. Landtag,

Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover,
Bund der Steuerzahler,

Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger,
Richard-Wagner-Vereine,

Feuilletons von Tageszeitungen

RA Frank Wahner, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Hannover

Wir verstehen diese Besprechungen und Kommentare nicht als Kritik um der Kritik willen, sondern als Hinweis auf - nach unserer Auffassung - Geglücktes oder Misslungenes. Neben Sachaussagen enthalten diese Texte auch Überspitztes und Satire. Hierfür nehmen wir den Kunstvorbehalt nach Artikel 5, Grundgesetz, in Anspruch.

Wir benutzen Informationen, hauptsächlich aus eigenen Unterlagen, aus dem Internet u.a. Veröffentlichungen des Deutschen Historischen Museums, der Preußen-Chronik, Wikipedia u.ä..

Texte werden paraphrasiert wiedergegeben oder als Zitate kenntlich gemacht.

Bilderquellen: Maria Jeritza (Wikipedia), Luciano Pavarotti (DECCA Plattencover), Catarina Ligendza (Nordbayerischer Kurier), Lucia Popp (EMI Plattencover), Leonie Rysanek (Mytho Plattencover), Klaus Kusenberg (kulturjournal), Tito Gobbi, Bühnenmodelle Tartuffe / Holländer (kulturjournal)