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Ausgabe Nr. 15 / Nr. 3 - 2018
Am
8. Februar 2018 veröffentlichte ’Die Zeit’ einen Beitrag von Peter Kümmel
unter dem Titel ’Macht und Scham’.
http://www.zeit.de/2018/07/burgtheater-metoo-matthias-hartmann
In diesem fragt er, warum das
Thema #MeToo erst jetzt auch das Theater erreicht.
Schließlich lebe das Theater vom Unklaren seiner Verhältnisse.
Womöglich werde das Theater gerade deshalb so spät vom #MeToo-Sturm erfasst,
weil es sich in den beklagten Verhältnissen schon lange, mit einer gewissen
Hoffnungslosigkeit, eingerichtet hat.
Anlass für den Artikel war der offene Brief, den 60 Mitarbeiter und
Mitarbeiterinnen des Burgtheaters in Wien publizierten.
https://derstandard.at/2000073542781/Aufschrei-auf-offener-Buehne-Burgtheater-Mitarbeiter-stehen-gegen-Machtmissbrauch-auf
Dass dieser nun zu diesem Zeitpunkt erscheint, sei nur schwer
nachzuvollziehen, wurde doch der damalige Intendant des Burgtheaters – um
den es bei der Klage der Mitarbeiter geht - schon 2014 gekündigt, da man ihm
eine Mitverantwortung für Bilanzfälschungen unterstellte.
Diese Vorwürfe seien nun angeblich nach Vorlage von Gutachten nicht mehr
haltbar, so dass der Eindruck in der Öffentlichkeit entstehe, man müsse
nachlegen.
Auch könnte sein, dass man dem ab 2019 kommenden Intendanten ein Warnsignal
senden müsse, denn ihm gehe ein Ruf wie Donnerhall voraus.
Die Zeit, 8. Februar 2018, Seite 42
Zitat
[…]
Den scharfen Auswahlverfahren, denen Schauspieler
bei der Suche nach Arbeit unterworfen sind, müssten transparente
Findungsprozesse gegenüberstehen, wenn es um die Besetzung von
Intendantenposten geht.
[…]
Zitatende
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Gerade dies - Transparenz und
Fairness - wurden bei der Besetzung von Oper und Schauspiel in Hannover von
der rot-grünen Regierung und deren Mitarbeiter vermieden. Die
HAZ vom
28.01.2017 15:14 Uhr berichtete, Verwaltungsdirektor der Nds.
Staatstheater Hannover GmbH - Jürgen Braasch - zeige sich
“überzeugt, dass die Fachleute im Kulturministerium
– vor allem Annette Schwandner, die Leiterin der Kulturabteilung, und Detlef
Lehmbruck, Referatsleiter für Theater und Musik – über die nötige Kompetenz
für die Auswahl verfügen.“
Edgar Selge gab ein Interview, in welchem er sich
schon 2016 beschwerte:
Der Stern - 26. August 2016 - 14.48 Uhr
Zitat
"[...]
Wenn ich daran denke, dass in meinem Vertrag steht, wie bei allen
anderen Kollegen in Deutschland auch:
"in künstlerischen Fragen ist der Schauspieler weisungsgebunden, dann sehe
ich rot.
[...]"
Zitatende
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Die Initiative 'Art but fair' reklamierte in einem Gespräch mit der
Süddeutschen Zeitung vom 19. August 2016 mehr Rechte für Künstler.
So auch bei der Auswahl von Leitungspersonal von Theatern.
Aber auch die Regelung von Arbeitszeiten, Honoraren und Beschäftigung müssen
mit dem Personal abgestimmt werden.
In einer Studie hat 'Art but fair' festgestellt, dass 35 Prozent der
Befragten Missbrauch durch Vorgesetzte beklagen.
Endlich
sind die Themen 'Machtmissbrauch' und 'Sexuelle Übergriff' erneut in der
Öffentlichkeit angekommen.
In meiner 'Mitteilung an meine Freunde' Nr. 13 vom Januar 2018 wurde der
Intendant als absolutistischer Herrscher behandelt.
Jetzt häufen sich grundsätzliche Meldungen über unerträgliche Zwänge,
denen sich Darsteller unterwerfen müssen.
Hannoversche Allgemeine Zeitung - 13. Februar 2018 - Seite 26
Zitat
"Vorwürfe gegen Regisseur
MeToo in Braunschweig?
Der ehemalige Braunschweiger Operndirektor Philipp Kochheim sieht sich
Vorwürfen der sexuellen Belästigungen ausgesetzt. Wie der
Österreichische Rundfunk berichtet, gab es im Umfeld einer Produktion
des Musicals „Ragtime" an der Oper Graz, die Kochheim im Januar als Gast
inszeniert hat, Beschwerden über den Regisseur.
Vier Frauen gaben an, von Kochheim belästigt worden zu sein, berichtet
der Sender. Der Regisseur habe sie teils mitten in der Nacht auf
sozialen Netzwerken kontaktiert, ihr Aussehen kommentiert und ihnen
Engagements in Aussicht gestellt. Kochheim selbst räumt die
Annäherungsversuche ein, bezeichnete sie aber als Privatangelegenheit,
die nichts mit seiner beruflichen Position zu tun habe.
Nach Bekanntwerden der Vorwürfe gab es am Wochenende auch Reaktionen in
Braunschweig, wo Kochheim - seit 2017 Intendant der Dänischen
Nationaloper in Aarhus - von 2013 bis 2017 Operndirektor war. Bei der
„Braunschweiger Zeitung' ging ein Brief ein, in dem von ähnlichen Fällen
während Kochheims Zeit am Staatstheater die Rede war. Recherchen des
Blattes konnten die Vorwürfe aber nicht erhärten.
Intendantin Dagmar Schlingmann, die seit Sommer in Braunschweig ist und
Kochheim nicht kennt, sagte gestern, sie setzte sich für ein Klima des
Vertrauens an ihrem Haus ein. Ihre Grazer Amtskollegin Nora Schmidt
kündigte derweil an, künftig nicht mehr mit Kochheim zusammenarbeiten zu
wollen."
[...]
Zitatende
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Natürlich
fragen sich 'normale' Bürger, warum junge Menschen Tanz, Gesang und
Schauspiel studieren wollen, und, wenn sie einen Studienplatz erkämpft
haben, jahrelang lernen, Prüfungen machen, dann sich Agenturen vorstellen
müssen, sich gelangweilten Intendanten vorstellen müssen, um, wenn sie sich
ein Engagement erkämpft haben, stehen sie endlich auf der Bühne, liefern das
Erarbeitete ab und oft genug kann das Publikum nichts damit anfangen, weil
die Regie das Werk bis zur Unkenntlichkeit verdreht hat.
Dass sie teilweise unter 'merkwürdigen Arbeitsbedingungen' und nahezu
rechtlos der Regie und der Theaterleitung ausgeliefert sind, erfährt die
Öffentlichkeit nur selten.
Süddeutsche Zeitung - 20. Februar 2018 - Seite 36
Zitat
"Das „System Kuhn"
Vorwürfe gegen den Leiter der Festspiele in Erl
Erl - Regisseur, Dirigent und künstlerischer Leiter, damit vereint
Gustav Kuhn die drei wichtigsten Ämter der Tiroler Festspiele in Erl in
seiner Person. Nun veröffentlichte der österreichische Enthüllungsblog
dietiwag.org eine Reihe anonymer Äußerungen von in Erl beschäftigten
Künstlern, die die schlechten Arbeitsbedingungen und das autoritäre
Verhalten Kuhns anprangern. Der Blogger Markus Wilhelm stellte die
Zitate sowie ebenfalls anonymisierte Passagen aus Arbeitsverträgen am
13. Februar online.
Daraus geht hervor, dass die Künstler zu Dumpinglöhnen beschäftigt und
übliche Arbeitszeiten nicht eingehalten worden sein sollen. Außerdem, so
heißt es in den Einträgen, pflege Kuhn ein autoritäres, unangemessen
angstschürendes, in Einzelfällen zudringliches Verhalten gegenüber den
Künstlern. In Zeiten der „Me Too"-Debatte reagiert die Öffentlichkeit
auf diese Themen sensibel, die österreichische Zeitung 'Der Standard'
hat Wilhelms Veröffentlichungen bereits aufgegriffen.
Zitatende
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Einigen mutigen Filmdarstellerinnen ist zu danken, jetzt Übergriffe von
'Entscheidungsträgern' zu veröffentlichen, denen sich inzwischen zahlreichen
ebenfalls Betroffene in der 'Me Too'-Bewegung anschließen.
Aber prompt regt sich der Widerspruch und fürchtet um die 'Freiheit der
Kunst' prognostiziert einen puritanischen Tugendterror und will nicht
wahrhaben, dass des auch ein zivilisiertes Miteinander gibt, in dem Respekt,
Zuverlässigkeit und Höflichkeit die Regeln sind.
Die meisten von uns haben bisher gut damit gelebt, bis das 'anything goes'
ausbrach.
Einer brachte das Wort das Wort 'Scheiße' so in Mode, dass es auch in
München auf der Bude - bei Richard Wagners Schusterstube - des Penners Hans
Sachs steht, die britische Modeschöpferin Vivian Westwood, als Genie
gepriesen, propagiert als Mode ein Gerümpel aus nicht zusammenpassenden
Fetzen, die jungen Schauspieler nuscheln ihre Texte unverständlich herunter,
weil es cool ist authentisch zu sein.
Man starrt auf das Smartphone, ist vor lauter Bemühung um seine
Individualität gleich grau mit Turnschuhen gekleidet, der Wortschatz ist zu
einigen Likes und Emojies geschrumpft und man sucht das Heil in der
Digitalisierung, was aber nichts anderes ist, als das Bestehende in Zahlen
zu fassen, also nichts als ein Hilfsmittel.
Wichtiger als alles Getöse um Bankengewinne, Schurkereien der
Automobilbosse, alle die Gauner, die sich durch 'legale' Wahlen, zu Herren
der Welt gemacht haben, ist die Stabilität der Vernünftigen. Sie müssen
denen beistehen, die unter einen System von Ausbeutung und Diffamierung
leiden, das seinen Ursprung sowohl sowohl in den patriarchalen Religionen
als auch im gewissenlosen Kapitalismus hat.
Der Spiegel - 10. Februar 2018 - Seite 110
Zitat
'Erweiterte Kampfzone'
[...]
"Wenn es nicht um Moral und Anstand, Pornografie und Jugendschutz geht,
dann um die Frau als Objekt und als Opfer, um die pornografische
Zerstückelung des weiblichen Körpers, um Männerfantasien, um maskulin
dominierte Machtverhältnisse. Aber müsste es nicht mindestens ebenso
laut darum gehen, was Kunst darf und dürfen muss und wer das zu
bestimmen hat? Hat die Kunstfreiheit Grenzen?"
[...]
Zitatende
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Zweifelsohne hat auch die Freiheit der Kunst ihre Grenzen, zumal dann, wenn
die Gelder an Kunstinstitutionen verteilt werden, die dann auch in Honorare
für Regisseure, Bühnen- Kostümbildner und vor allem das Führungspersonal
wahllos verteilt werden.
Hierzu wird auf Heft 2 / 2018 ab Seite .... verwiesen auf denen Beispiele
für die Bezahlung von Intendanten aufgezeigt werden, die dann ihren
Verpflichtungen nicht nachkommen und Steuergelder verplempern.
Kalenderblätter
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’Der zerbrochne Krug’
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am 02. März 1808 uraufgeführt
Am Abend des 02.
März 1808 fällt im Weimarer Hoftheater Heinrich von Kleists populärstes
Werk - 'Der zerbrochne Krug'- durch.
Goethe, damals Intendant des Hoftheaters, hatte das Stück akzeptiert,
jedoch in drei Akte zerteilt und damit die Spannung genommen. Zudem war
dem 'Krug' noch das Stück 'Der Gefangene' vorausgegangen. |
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Aus: 'Goethes Verhältnis zur Romantik' von Hartmut
Fröschle
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Im Jahre
2005 lief 'der Krug' im Velodrom des Theaters Regensburg.
Striche verstümmelten z.B. den Monolog der
Marthe Rull, der die Hinweise auf die Verbindung der Eve zum Richter
Adam über die Frage nach der Pflege von Perlhühnern beinhaltet.
Unter
Kritik_'Der_zerbrochne_Krug'
erschien eine Beschreibung des Eindrucks, den man von dieser
Produktion haben musste.
2009 kam
am Residenztheater in München unter der kaufmännischen Leitung von
Holger von Berg der 'Krug' heraus. Maßgebliche Zeitungen gaben ihre
Meinung kund. Ausschnitte sind unter:
Kritik_'Der_zerbrochne_Krug' -
Bayer._Staatsschauspiel_-_Nachlese
zusammengefasst.
Er gehört einfach ins Repertoire, so auch bei Peymann
Kritik_'Der_zerbrochne_Krug' -
Berliner_Ensemble
- und ebenfalls im
MGT Berlin spielte man Kleist's
Meisterwerk.
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Therese Giehse
...
am 6. März 1898 geboren
Eigentlich hieß sie Therese Gift und wurde als Tochter des jüdischen
Textilkaufmanns Salomon Gift und dessen Frau Gertrude - geb. Heinemann -
am 06. März 1898 in München geboren.
Eine Ausbildung zur Schauspielerin erhielt sie in ihrer Heimatstadt,
ging in ihren Anfängerjahren nach Siegen, Landshut, Breslau - von wo sie
nach München empfohlen, bei Otto Falckenberg an den Kammerspielen ein
Engagement bekam.
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Schon am 6. Dezember 1932 erspielte sie sich an diesem renommierten
Theater einen besonders großen Erfolg. Die Kritik bezeichneten sie als
'Käthe Kollwitz' der Bühne.
Als Otto Falckenberg aus Anlass des 70. Geburtstages von Gerhart
Hauptmann dessen 'Ratten' aufführte, war die Giehse die 'Mutter John'.
Marianne Hoppe die spätere Frau Gründgens war die 'Piperkarcka'.
Im Zuschauerraum saß die geliebte Freundin der Giehse, die geschiedene
Frau Gründgens - Erika Mann.
Anfang 1933 gründete sie gemeinsam mit Erika Mann das Kabarett 'Die
Pfeffermühle', in dessen Programm sie die aktuelle Situation in
Deutschland anprangerte.
Nach der Machübernahme durch die Nazis emigrierte sie, als 'artfremd'
bezeichnet, im März 1933 in die Schweiz.
Mit dem Programm der Pfeffermühle gastierte sie von dort aus mit großem
Erfolg im noch nicht besetzten europäischen Ausland.
1936 heiratete sie den englischen Schriftsteller John Hampson-Simpson,
wodurch sie einen britischen Pass erhielt.
Als Mitglied des Züricher Schauspielhauses spielte sie1941 bei der
Uraufführung die Titelrolle in Brechts 'Mutter Courage' und die
Schmuggleremma in Brechts 'Puntila und sein Knecht Matti', die Claire
Zachanassian im 'Besuch der alten Dame' und die Irrenärztin Mathilde von
Zahnd in 'Die Physiker'.
1949 war sie bei Brecht in Berlin in der Produktion von 'Wassa
Schelesnowa'.
Dort traf sie wieder mit der Hoppe zusammen.
Nach dem Krieg - wieder an den Kammerspielen in München - spielte sie
u.a. in Hauptmanns 'Ratten' und Büchners 'Woyzeck'.
Mit Marianne Hoppe wohnte sie im gleichen Haus in München.
Als Therese Giehse 1975 krank wurde, vermachte sie der Kollegin schöne
alte Möbel aus ihrer Wohnung.
Michael Verhoeven hatte sein Medizinstudium beendet, inszenierte zum
ersten Mal in München und 'die Giehse' assistierte ihm als erfahrene
Kollegin.
Während der Arbeit starb sie.
Paul Verhoeven hielt die Trauerrede und erlitt während derer eine
Herzattacke, die der Sohn nicht behandeln konnte.
Und so starb der Vater während der Trauerfeier für die große Kollegin
Therese Giehse. |
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Moses und Aaron
... am 12. März 1954 in Hamburg uraufgeführt
Eine szenische Aufführung fand in Zürich am 6. Juni 1957 statt. Die
Komposition des Werkes war von Schönberg nicht vollendet worden.
In den zwanziger Jahren hatte Schönberg mit der Rückwendung zum
jüdischen Glauben einen neuen Weg für sich eingeschlagen, war er doch
1892 zum evangelischen Glauben übergetreten. |
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Dies dokumentierte
sich auch in einem von ihm geschaffenen Text für ein Schauspiel 'Der
biblische Weg' und führt zur Textdichtung und zur Komposition von 'Moses
und Aron' in den Jahren 1930 - 32.
Schon 1923 hatte Schönberg sich Kandinsky gegenüber geäußert, dass er
nun endlich kapiert habe, kein Deutscher, kein Europäer, nicht einmal
ein Mensch zu sein - sondern Jude.
1924 starb der Leiter der Meisterklasse für Komposition an der
Preußischen Akademie der Künste in Berlin, Ferruccio Busoni, und
Schönberg übersiedelte nach Berlin, um die Stelle als Nachfolger
anzutreten.
Am 1. März 1933 fielen in einer Sitzung des Präsidiums der Akademie
diskriminierende Äußerungen, gegen die sich Schönberg zur Wehr setzte.
Als Präsident der Akademie antwortete Max von Schillings hierauf am 23.
Mai in einem Schreiben und entließ Schönberg mit Wirkung zum 30. Juni
1933.
Zu dem Zeitpunkt war der bereits mit seiner Familie nach Frankreich
abgereist, von wo er im Herbst zur Erfüllung von Lehraufträgen in die
Vereinigten Staaten von Amerika ging.
Hier konvertierte er zurück zum jüdischen Glauben.
1938 erklärte Reichskultursenator Ziegler die Atonalität, die auf der
Harmonielehre des Juden Schönberg fuße, als ein Produkt des jüdischen
Geistes - wer davon esse, stürbe daran.
'Moses und Aron' fasst Schönbergs frühere Erfahrungen auf dem Gebiet des
Musiktheaters zusammen, wird aber durch die Form weniger mit der Oper in
Verbindung gebracht, sondern mit der eines szenischen Oratoriums.
Hierbei tritt der Chor nicht nur als Beiwerk, sondern als
Handlungsträger auf, er wird dadurch zum Protagonisten.
1959 brachte die damals im Westen Berlins ansässige Städtische Oper in
der Regie von Gustav Rudolf Sellner und der musikalischen Leitung von
Hermann Scherchen das Werk heraus, das eine starke Publikumswirkung
hatte, so dass diese Produktion als Gastspiel 1961 in Paris und Mailand
wie auch 1962 in München und 1966 in Rom gezeigt wurde.
Eine Düsseldorfer Produktion (Dirigent: Günther Wich, Regie:
Georg
Reinhardt) wurde 1968 im Amsterdam, 1969 in Florenz und 1970 in Tokyo
und Osaka und 1971 in Warschau gezeigt.
1970 zeigte Hans-Peter Lehmann das Werk in Nürnberg. Hans Gierster
dirigierte, die Bühneneinrichtung entwarf Rudolf Heinrich, wobei der
Einschluss des 3. Aktes besonders gut gelang und Lehmann einen Weg fand,
den ansonsten statisch auftretenden Chor durch eine dynamische
Bewegungschoreographie aus dem Oratorium in aktives Musiktheater zu
überführen.
1985 inszenierte Hans-Peter Lehmann das Werk an der Staatsoper Hannover.
Mit George-Alexander Albrecht am Pult, in den Bühnenbildern von Ekkehard
Grübler, Choreographie Lothar Höfgen mit Siegfried Härtel und
Hans-Dieter Bader.
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Elisabeth Flickenschildt
.... am 16. März
1905 geboren
'Flicki' - war Frau
Brigitte in der 'Krug'-Verfilmung im Jahr 1937 von Gustav Ucicky, war
die Zachanassian in der 'Alte-Dame'-Inszenierung von Ludwig Cremer, die
am 19. Februar 1959 in der ARD und am 8.1.2011 anlässlich des 90.
Geburtstages von Friedrich Dürrenmatt gezeigt wurde. Sie war die Marthe
Schwerdtlein in der 'Faust'-Verfilmung von Gustav Gründgens.
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Drei Jahre als
Anfängerin in München bei Falckenberg. Sie sollte die Paulina im
'Wintermärchen' spielen - und fand keinen Zugang zur Rolle, zweifelte an
ihrem Talent.
Hatte sie sich dieses
nur eingeredet?
Es kam 1936 - wieder für drei Jahre das Deutsche Theater in Berlin. Sie
war die Olga in 'Drei Schwestern' - unter Gründgens im Schauspielhaus am
Gendarmenmarkt in Berlin.
Dort gleich zu Anfang die 'Quickly' neben Käthe Gold, Marianne Hoppe,
Gustav Knuth - aber sie hatte auch zu spielen die Mutter Wolffen im
'Biberpelz' - und lag schon vom Typ her daneben.
Goebbels sah sie und sie fiel ihm auf im Schauspiel 'Katte' von Hermann
Burte, das er am 1. Dezember 1936 in seinem Tagebuch kommentierte:
"Abends Deutsches Theater 'Katte' von Burte. Das Stück ist ein Attentat
auf die Tränendrüsen. Zu sentimental. [...] Ich lerne Burte kennen.
Keine Leuchte. Ein alemannischer Spießer."
Flicki war auch bei dem von Goebbels nach dem 'Anschluss' finanzierten
Salzburger Festspielen 1938 im 'Egmont' dabei.
Im antibritischen Film 'Der Fuchs von Glenarvon' lobte der
Reichspropagandaminister:
'Sehr gut für unsere Propaganda zu gebrauchen!' und den Hetzfilm 'Ohm
Krüger' fand er '... zum Rasendwerden'.
1942 kam mit ihr der Film 'Der große König' heraus - was kommentiert
wurde mit: 'Am Sieg zweifeln ist Hochverrat'.
Dieser 'Film wurde zum politischen Erziehungsmittel erster Klasse'.
Joseph Goebbels setzte sie auf die Liste der unersetzlichen Schauspieler
des Reichspropagandaministeriums.
Nach dem Krieg von 1947 bis 1954 am Düsseldorfer Schauspielhaus - da war
sie die Klytämnestra in Sartres 'Die Fliegen'.
Neue Stücke wurden gespielt:
'Die Cocktailarty',
'Der Familientag',
'Der Privatsekretär',
'Herrenhaus' -
und dann Hamburg - Gründgens ist auch da wieder ihr Intendant.
Hier 'Sappho' von Durrell und eben Dürrenmatts 'Der Besuch der alten
Dame' wie auch Hamsuns 'Vom Teufel geholt'.
Nach dem Tod von GG drehte sie eine größere Anzahl von Filmen, in denen
sie - meist verhüllt durch ein großes Kopf- und Halstuch -
geheimnisvolle und auch z.T. undurchsichtige Figuren verkörperte.
Sie war interessiert an Geld, von dem sie sich in der Nähe von Hamburg
einen Bauernhof kaufte, nachdem sie den in Bayern aufgegeben hatte.
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-40749060.html
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Margarete
.... am 19. März 1859 uraufgeführt
Obwohl
das Ganze den Franzosen zunächst 'zu deutsch' erschien, setzte die Oper
sich schnell durch und kann bis in die heutige Zeit auf mehr als 3.000
Aufführungen zurückblicken.
Gounod
lernte Goethes 'Faust'-Dichtung bereits um 1828 kennen. Doch erst Carrés
französische Fassung, dem Drame fantastique 'Faust et Marguerite' regte
ihn zu einer Oper angeregt, die schließlich 1856 bis1858 in
Zusammenarbeit mit dem Librettisten Barbier entstand.
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Von der Pariser Opéra wurde das Werk abgelehnt, so dass es schließlich
am Théâtre Lyrique seine Uraufführung erlebte und dort bis 1868 bereits
mehr als 300 mal gespielt wurde.
Die
Erstfassung wurde im Stile der Opéra comique aufgeführt, also mit
gesprochenen Dialogen.
Später wurden diese durch komponierte Rezitative ersetzt. Auch einige
Szenen kamen für die Aufführung an der Pariser Oper noch dazu wie die
Romanze des Siébel, die Arie des Valentin, die Ballettmusik zur
Walpurgisnacht, die Serenade Mephistos.
Die deutsche Erstaufführung am 15. Februar 1861 in Darmstadt, wobei in
Deutschland die 'zu französische Bearbeitung der Goetheschen Dichtung'
auf Widerstand stieß. Man hatte eine fast eins-zu-eins Übernahme des
Originals erwartet und sah sich nun einem Werk gegenüber, das dem
Publikum musikalische Nummern präsentiert, die ihre Wirkung bis heute
nicht verloren haben.
Nach Darmstadt folgten in Deutschland Stuttgart und Dresden und im
Ausland Mailand und London wie später auch New York.
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Arturo Toscanini
... am 25. März 1867 geboren
Nach einem
Cello-Studium und Einsatz im Orchester während einer Süd-Amerika-Tournee
wurde er als 19-Jähriger überraschend gebeten, für den erkrankten
Dirigenten einzuspringen und eine Vorstellung der 'Aida' zu dirigieren.
Nach der Rückkehr nach Italien widmete er sich dem Ausbau seiner
Dirigier-Erfahrungen während mehrerer Theater-Spielzeiten.
In Mailands Teatro Dal Verme dirigierte er 1892 die Uraufführung von
Leoncavallo’s 'Pagliacci'. |
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Drei Jahre später wurde der zum künstlerischen Leiter des Teatro
Regio in Turin ernannt, wo er die Uraufführung von Puccini’s La Boheme,
die erste italienische Aufführung von Wagner’s 'Götterdämmerung' und die
erste lokale Aufführung von 'Tristan und Isolde' dirigierte.
An der Mailänder Scala, an der er von 1898 bis 1903 und von 1906 bis
1908 engagiert war, leitete er die ersten italienischen Aufführungen von
Wagner’s 'Siegfried', Tchaikovsky’s 'Eugene Onegin', Strauss’s 'Salome',
Debussy’s 'Pelléas et Mélisande'.
Er begann sein Engagement in Mailand mit 'Meistersinger' und wurde von
der Öffentlichkeit attackiert, als habe man nicht genügend Opern in
Italien, die man zu einem solchen Anlass aufführen könne. Mascagni,
Puccini kritisierten dieses Wagner-Programm - Heinrich Porges dagegen
fand die Wiedergabe zwar von jugendlichen Urarten durchsetzt, aber mit
optimaler Ausschöpfung der Details.
Eugen d'Albert - auch bei der Meistersinger-Vorstellung an der Scala
zugegen, meinte, Toscanini habe das Werk zu geschwind durchlaufen
lassen.
Das Publikum war begeistert und forderte Dacapos für die Stolzing-Arien.
1899 besuchte Toscanini die Bayreuther Festspiele und erlebte dort die
'Meistersinger' unter Hans Richter. Mit dem auch anwesenden Edward Elgar
diskutierte man Fragen der Werktreue - er habe eingesehen, dass seine
bisherigen Dirigate der Werke Wagners unter zu geringer innerer
Beteiligung gelitten hätten.
Schon in der Mitte der 20-er Jahre war Toscanini mit dem Faschismus in
Italien konfrontiert worden - er verließ Italien und wurde Leiter des
New Yorker Philharmonic Orchestra, reiste mit dem Orchester und wurde
wegen der Qualität seiner Dirigate gerühmt.
1929 gab er einen Empfang im Adlon, zu dem tout Berlin von Eleonora von
Mendelssohn, der Tochter es Bankiers Robert von Mendelssohn, eingeladen
worden war - ausdrücklich unerwünscht waren Personen, die dem Dirigenten
Furtwängler nahe standen. Dieser hatte Toscanini einen 'Pedanten' und
'Schulmeister' genannt.
Als Furtwängler die stellvertretende Leitung der Reichsmusikkammer
niederlegte und ernsthaft erwog, in die USA zu gehen, widersetzte sich
Toscanini diesem Gedanken, als er drohte New York zu verlassen, wenn
Furtwängler als ein den Nationalsozialisten Nahestehender nach Amerika
käme.
1930 leitete er die Vorstellungen von 'Tristan und Isolde' mit Lauritz
Melchior, Nanny Larsen-Todsen, Alexander Kipnis, Rudolf Bockelmann bei
den Bayreuther Festspielen.
Damals war man in Bayreuth noch verbunden mit der Zeit, die von Richard
Wagner herüberreichte, gerade weil am 1. April 1930 Cosima Wagner
hochbetagt und am 4. August 1930 der Sohn Siegfried in der Wagnerstadt
gestorben war - letzterer mitten während der Festspiele.
Es gab am 8. August um 19.30 Uhr eine Trauerfeier im Festspielhaus, in
der Reihenfolge der Programmpunkte erlebten die Trauergäste das
'Siegfriedidyll' unter der Leitung von Arturo Toscanini, Gedenkworte,
gesprochen von Kammersänger Carl Braun, das Vorspiel zu 'Der
Friedensengel', das Zwischenspiel aus 'Der Heidenkönig' beides Werke von
Siegfried Wagner gespielt vom Festspielorchester unter der Leitung von
Karl Elmendorff und abschließend den Trauermarsch aus der
'Götterdämmerung' unter der musikalischen Leitung von Dr. Karl Muck.
Und der duldete als musikalische Bayreuther Institution keinen
Dirigenten neben sich. Doch 1929 bat Siegfried Wagner Arturo Toscanini
in Bayreuth zu dirigieren - den neuen 'Tannhäuser' und eventuell den
'Tristan'.
Und der sagte zu, zum Entsetzten von Karl Muck.
Toscanini dirigierte den 'Tristan' mit italienischer Inspiration, nahm
ihm so die Schwere - der 'Tannhäuser' gelang auch durch die
publikumswirksame Inszenierung von Siegfried Wagner. Es war seine
letzte.
1931 - Muck hatte abgesagt - Furtwängler dirigierte trotz der Aversionen
Toscaninis in Bayreuth - allerdings plante Toscanini, den Vertrag
deswegen zurückzugeben.
Winifred Wagner überredete ihn, doch zu kommen - die Saison wurde aber
vom Engagement Heinz Tietjens belastet, den der Dirigent mit
italienischen Schimpfworten belegte, weil der überall - ohne eine
verbriefte Order zu haben - herumschnüffle.
Nach Hitlers Machtübernahme kam Arturo Toscanini nicht mehr nach
Bayreuth, wo er auch 'Parsifal' dirigieren sollte. Er sagte Hitler in
einem persönlichen Schreiben ab. Statt seiner trat Richard Strauss ans
Pult.
Er dirigierte
auch bei den Salzburger Festspielen. Als sich der Anschluss Österreichs
an das Deutsche Reich abzeichnete, beendete er die Mitarbeit dort.
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Tennessee Williams
... am 26. März 1911 geboren
Er stammte aus
kleinbürgerlichen Verhältnissen, Vater reisender Schuhverkäufer, lebte
in der Kindheit sorgenfrei unter dem Einfluss von Großeltern und Eltern
anfänglich in Columbus/Mississippi, dann in St. Louis/Missouri, als
Heranwachsender sieht er die Probleme in der eigenen Familie mit
Krankheit und Degeneration und er lernt den Unterschied zwischen arm und
reich in seiner unmittelbaren Umgebung kennen.
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Um sein Lebensunterhalt zu verdienen, arbeitet er in einer Schuhfabrik,
beginnt aber schon früh zu schreiben. Er studiert Publizistik und
Theaterwissenschaften von 1929 bis 1932 an der Columbia Universität
Missouri und Washington University, St. Louis.
In dieser Zeit wurde er sich seiner
homosexuellen Neigungen bewusst.
Seine erste
sexuelle Affäre mit einem Mann hatte er in Provincetown, Massachusetts
und mit einer Tänzerin namens Kip Kiernan.
Er trug ein
Foto von dieser Frau für viele Jahre in seiner Brieftasche, versuchte
seine Neigungen gegenüber sich selber und nach außen hin zu kaschieren.
Als
homosexuell geouted wurde Williams von Louis Kronenberger in einem Time
Magazine in den 1950er Jahren.
Während
seiner Zeit in New Orleans traf Williams Frank Merlo und verliebte sich
in ihn, einen in der zweiten Generation sizilianischen Amerikaner, der
in der US Navy im Zweiten Weltkrieg gedient hatte. Dies war seine
einzige dauerhafte Beziehung, die von 1947 bis 1962 dauerte. In
dieser Zeit der Stabilität schuf Williams seine wichtigsten Werke.
Die
persönliche Veranlagung wie auch die Einflüsse seiner Umgebung
übertrugen sich auf seine Werke. Elia Kazan sagte später:
'Alles in
seinem Leben ist in seinen Stücken, und alles in seinen Stücken ist in
seinem Leben.'
Er besuchte
in New York den Dramatic Workshop von Erwin Piscator. Zu den
Mitarbeitern des Workshops gehörten u. a. Carl Zuckmayer, Stella Adler,
Lee Strasberg, Hans José Rehfisch, Kurt Pinthus, Hanns Eisler, Erich
Leinsdorf, George Szell und Jascha Horenstein.
Bekannte
Studenten der Einrichtung waren neben Tennessee Williams, Judith Malina,
Gene Saks, Marlon Brando, Elaine Stritch, Harry Guardino, Tony Curtis,
Harry Belafonte, Bea Arthur, Michael V. Gazzo, Walter Matthau, Ben
Gazzara, Shelley Winters und Rod Steiger.
Der erste
große schriftstellerische Erfolg stellte sich 1940 mit der
'Glasmenagerie' ein.
Zwischen 1948
und 1959 wurden sieben seiner Stücke am Broadway aufgeführt:
Sommer und
Rauch (1948), Die tätowierte Rose (1951), Camino Real (1953), Die Katze
auf dem heißen Blechdach (1955), Orpheus Descending (1957), Garden
District (1958) und Süßer Vogel Jugend (1959).
Bis 1959
erhielt er zwei Pulitzer Preise, drei New York Drama Critics' Circle
Awards, drei Donaldson Awards und einen Tony Award.
Hinzu kamen
neben anderen Schriften und Dichtungen 1958 'Plötzlich letzten Sommer',
1959: 'Period of Adjustment', 1961: 'Die Nacht des Leguan', 1963: 'The
Milk Train Doesn't Stop Here Anymore' (Filmadaption: Brandung, 1968) |
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Heinrich Mann
... am 27.
März 1871 geboren
1905 erschien sein im Jahr davor entstandener Roman 'Professor Unrat
oder das Ende eines Tyrannen', der von der Bevölkerung Lübecks, seiner
Heimatstadt, totgeschwiegen wurde.
Der Eindruck, den die 'Buddenbrooks' seines Bruders Thomas schon 1900 in
der Hansestadt machten, wirkte hier nach und verunglimpfte Heinrich
Manns Erstling mit Weltgeltung. Bereits früher hatte er Novellen und
Essays veröffentlicht, die zum Teil starke antisemitische Züge trugen.
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Ab 1912 arbeitete er an 'Der Untertan', dessen Verbreitung verboten und
erst nach dem Ende des Ersten Weltkrieges in großen Stückzahlen verkauft
wurde.
In beiden Werken - Professor Unrat' und 'Der Untertan' übte Heinrich
Mann Kritik an den Zuständen in der wilhelminischen Zeit, das stets
gebückt sich vorwärts bewegende Bürgertum, die soziale Ungerechtigkeit,
die falsche moralische Entrüstung und der überall spürbare Nationalismus
der Bevölkerung.
Er stand im
Gegensatz zu seinem Bruder Thomas den Kommunisten und Sozialdemokraten
nahe, deren Vereinigung er gemeinsam mit Käthe Kollwitz und Albert
Einstein forderte.
Diese
Kontroverse führte zur Entfremdung der Brüder Mann und erst 1922 konnte
eine Versöhnung herbeigeführt werden.
Unmittelbar
vor dem Reichstagsbrand am 28. Februar 1933 floh er aus Berlin nach
Nizza, später, 1940, weiter mit seiner zweiten Frau Nelly und den
Werfels über die Pyrenäen nach Portugal in die USA.
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Uraufführung von 'Rusalka'
... am
31.3.1901
Nach der
Uraufführung in Prag kam die Oper des Nationalkomponisten Antonin Dvorak
sehr schnell auf die Bühnen des Böhmischen Teils der
Österreich-Ungarischen Monarchie.
Das Ausland zögerte, waren doch der Stoff schon vorher von E.T.A.
Hoffmann mit seiner Undine - Libretto von de la Motte Fouqués - 1816 und
von Lortzing in seiner Undine1845 vertont worden.
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1908 wurde das Werk in
Laibach gespielt, 1929 folgte eine deutschsprachige Aufführung in
Stuttgart.
Dvorak hatte den bösen Menschen die guten Naturgeister des Wassers
gegenübergestellt.
Heutige Meister des deutschen Trash-Theaters bemächtigten sich des
Werkes und lassen in obskursten Bühneneinrichtungen und Kostümen
spielen.
Meist haben diese Inszenierungen eine soziopolitische Basis, deren
Konzept dann mit dem Publikum bei einer Tasse Tee ausdiskutiert werden
solle.
Ein Beispiel ist die
'Rusalka'-Inszenierung an der
Nds. Staatsoper Hannover.
Nds. Staatsoper Hannover
Zitat
Eröffnungspremiere der Spielzeit 2015/16:
Antonín Dvořák:
Rusalka
Antonín Dvořáks Oper »Rusalka«
steht am Beginn der neuen Spielzeit der Staatsoper Hannover. »Rusalka«
ist die Geschichte einer unmöglichen und dennoch bedingungslosen
Liebe zwischen zwei Wesen aus ganz unterschiedlichen, unvereinbaren
Welten. Rusalka muss ein allzu großes Opfer bringen, um mit ihrem
geliebten Prinzen zusammenleben zu können: sie wird zwar von einer
Nixe in eine Frau verwandelt, muss dafür aber verstummen. Schon bald
wendet sich der Prinz einer anderen Frau zu und erkennt zu spät die
aufrichtige Liebe Rusalkas. Mit seinem 1901 uraufgeführten
»Lyrischen Märchen« etabliert Dvorak 35 Jahre nach Smetanas
»Verkaufter Braut« endgültig die tschechische Nationaloper. »Rusalka«
wird in tschechischer Sprache mit deutschen Übertiteln gespielt.
Mit Dietrich W. Hilsdorf inszeniert einer der
bedeutendsten Regisseure erstmals an der Staatsoper Hannover.
Hilsdorf hat mit seinen zahlreichen Arbeiten in Schauspiel, Oper und
Musical seit vielen Jahren Maßstäbe gesetzt. In Frankfurt/M. zum
Schauspieler ausgebildet, ist er seit 1978 als Regisseur tätig und
hat seitdem über 130 Inszenierungen an den großen Bühnen des
deutschsprachigen Raums erarbeitet. Zu seinen Opernschwerpunkten
zählen die Werke Mozarts und Verdis. 2007 wurde ihm der deutsche
Theaterpreis »Faust« verliehen.
Die Bühne hat Dieter
Richter geschaffen, der ebenso wie die Kostümbildnerin
Renate Schmitzer seit vielen Jahren eng mit
Dietrich W. Hilsdorf zusammenarbeitet.
Die Titelpartie interpretiert
die italienische Sopranistin Sara Eterno, die seit
2011 fest zum Ensemble der Staatsoper gehört und zuletzt große
Erfolge als Rosalinde in der »Fledermaus« und als Margherita/Elena
in Boitos »Mefistofele« feierte. Neu im Ensemble ist der koreanische
Tenor Andrea Shin, der den Prinzen singt – mit
einem Ausschnitt aus dieser Rolle konnte er bereits bei den beiden
Eröffnungskonzerten am vergangenen Wochenende begeistern. Als Fremde
Fürstin ist Brigitte Hahn zu erleben, die Rolle der
Hexe übernimmt Khatuna Mikaberidze. Von der Spree
an die Leine zurückgekehrt ist der »Wassermann«-Darsteller
Tobias Schabel, der nun wieder zum Ensemble der Staatsoper
Hannover gehört. Generalmusikdirektorin Karen Kamensek
steht am Pult des Niedersächsischen Staatsorchesters Hannover.
Zitatende |
Kommentar
http://www.telezeitung-online.de/Thema_des_Tages_27._Oktober_2015_%27Rusalka%27.htm
Thema des Tages
27.10.2015
'Rusalka' in
Hannover
War es doch sicherlich
ganz im Sinne der ehemaligen externen Lehrbeauftragten der HMTMH, in
Personalunion mit ehemaliger Präsidentin des RW-Vereins
International und Ehrenvorsitzenden des RW-Vereins Hannover, dass
hier wieder einmal eine 'modische Inszenierung' eines musikalischen
Werkes gezeigt wurde.
Es ist für das allgemeine Publikum äußerst bedauerlich, dass die
Nds. Staatoper dem agierenden Regisseur - woher kommt eigentlich das
eingeschobene 'W' im Namen, das gab's doch früher nicht -
offensichtlich kein Text-Heft der 'Rusalka' zur Verfügung stellen
konnte.
So inszenierte er munter drauflos und stellte auf die Bühne, was ihm
so einfiel.
Bei den Endproben bemerkte er dann auch nicht, dass alles, was da
ablief, nichts mit dem Stück zu tun hatte, was der Text auf der
Übertitelungsanlage vorgab.
Leider versäumte auch Herr Dr. Klügl – in Hannover als
Theaterdirektor für die Oper zuständig - einzugreifen und diese
Übertitel abzuschalten, denn so wurde auch dem Publikum klar, dass
der Regisseur am Stück - hier 'Übergang von der Märchenoper zum
symbolistischen Musikdrama' hin oder her - vorbei tätig war.
Dadurch wurde alles noch deutlicher, dass die Inszenierung - es
stand zwar ein handwerklich hervorragendes Bühnenbild zur Verfügung,
das im ersten und letzten Teil des Stückes einen Leichenschauraum
mit mehreren herumrollbaren Leichentragen und einer mitten auf der
Bühne positionierten Wendeltreppe mit sie ummantelnden vertikalen
Stäben sah - aber den Text des Werkes nicht umsetzte.
Neben der Treppe ein Gebäude, das wie ein Eingang zu einer
U-Bahn-Station mit aufgesetzter voll funktionsfähiger Uhr - wie am
Kröpke in Hannover - aussah.
An dem Zeitmesser ließ sich klar ablesen, dass die Szene an den Mond
um
12 Uhr 15 spielte, um
12 Uhr 20 der Auftritt der Hexe folgte, um
12 Uhr 25 war Rusalka klar, auf was sie sich einließ.
12 Uhr 30 kam der Prinz,
12 Uhr 40 waren sich die beiden soweit einig,
12 Uhr 45 konnte noch von einer Eheschließung ausgegangen werden,
als um
12 Uhr 47 plötzlich Rusalka das Gewehr des eben noch die weiße
Hirschkuh jagenden Prinzen gegen ihn erhob, was der mit der
unausgesprochenen Warnung: 'Schieß nicht, ich bin der Tauber'
abwenden konnte.
Für den Auftritt im zweiten Teil muss - nach Vorgabe der Hexe - die
Sängerin ihre Stimme verlieren und - falls die ganze Sache nicht
klappt - der Geliebte sterben.
In eben dieser zweiten Abteilung sah man einen - auch wieder von den
Werkstätten hervorragend ausgeführten - umgitterten Treppenausgang.
Jemand tritt von rechts mit einem riesigen Geweih am Kopf auf (hat
der sich aus Falstaff oder den 'Lustigen Weibern von Windsor'
verirrt?).
Eine Magd schabt Rüben oder sind es Heringe (?) - man bereitet eine
Festivität vor, die sich dann auch in großem Chorauftritt zeigt.
Da es Rusalka ja
auf Anordnung der Hexe die Stimme verschlug, ist die Sache dann
leider nicht so geworden wie die Sopranistin es sich vorstellte.
Es mischt plötzlich eine schwarz gewandete Dame mit, die sich an den
Prinzen ranschmeißt und die Wassernixe verdrängt. Diese sieht ihre
Felle davon schwimmen und will in ihren Teich, sprich das
Leichenschauhaus, zurück.
Es gelingt durch Umbau auf offener Szene, denn das Bühnenpodium
fährt rauf und runter und schon ist man wieder im Leichenkeller.
Nun hat sie aber die Sache ohne die Hexe entschieden, die das Ende
des Prinzen verlangt, damit Rusalka sich wieder frei im Wasser
tummeln kann.
Der Prinz erscheint, aber Rusalka traut sich nicht, mit dem Messer
auf ihn einzustechen, so küsst Rusalka ihn und das reicht schon,
dass sich der Tenor von sich aus entschließt, auf einer Leichentrage
rechts am Bühnenportal zu sterben.
Die Wassernixe Rusalka sitzt auf einem Stuhl in gebührendem Abstand
vom dann toten Prinzen und wartet darauf, dass endlich vor diesem
obskuren Gemache in einem völlig - auf diese Oper bezogen -
inakzeptablen Bühnenbild, der Vorhang fällt.
Quintessenz:
Der Einführungsvortrag des Chefdramaturgen führt nur zu
Irritationen.
Ersten kann man die Menge der Worte, ohne die Szene gesehen zu
haben, nicht umsetzen.
Zweites werden Hinweise auf das Inszenierungskonzept gegeben - wie
die Geschichte des Golem oder den Entdecker der Syphilis -, die dann
nicht erkennbar werden.
Wer die Vorstellung so - in ihrer Verfälschung des Werkes zu Lasten
des Steuerzahlers - und nur mit Lektüre des heimischen Opernführers
vorbereitet, besucht, erlebt sein blaues Wunder.
Nichts stimmt mit dem übertitelten Text überein. Die Sänger
hantieren da auf der Bühne in einer Szenerie, die im ersten und
letzen Teil vielleicht die U-Bahn-Station am Kröpke nach einem
Unfall der U-Bahn, mit abstellten Opfern zeigt, aber nicht die Oper,
deren Text Dvorak vertonte.
So stellt sich die Frage, ist das Irreführung und damit eine
Straftat?
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Fortsetzung von Seite 14, Heft zwölf,
Ausgabe Dezember 2017
Lohengrin
Die
Quellen -
Literarische und
historische Grundlagen
Ausgabe März 2018
Richard Wagner steht immer wieder in schriftlichem Kontakt zu seiner Umwelt
und stellt seine Gedanken vor.
Auch in Bezug auf den Lohengrin führt er Korrespondenz und so teilte er
seinem Bruder mit, wie er immer wieder Sorge trug, einmal keinen Stoff zur
Vertonung zur Verfügung zu haben und in Bezug auf den Lohengrin sich zwar am
ursprünglichen Werk orientiert habe,
aber “Meine Erfindung u. Gestaltung hat bei dieser
Schöpfung den größten Anteil: das altdeutsche Gedicht, welches uns diese
hochpoetische Sage bewahrt hat, ist das dürftigste und platteste, was in
dieser Art auf uns gekommen ist, und ich fühle mich in der Befriedigung des
Reizes sehr glücklich, die fast ganz unkenntlich gewordene Sage aus dem
Schutt u. Moder der schlechten, prosaischen Behandlung des alten Dichters
erlöst u. durch eigene Erfindung u. Nachgestaltung sie wieder zu ihrem
reichen, hochpoetischen Werte gebracht zu haben.”
(Aus einem Brief
Wagners an seinen Bruder Albert, Marienbad, 4. August 1845, Sämtliche Briefe
1842 – 1849, Leipzig 1970)
Was RW nun mit ‚das dürftigste und platteste’ gemeint hat, ist nicht
festzustellen und es ist kaum vorstellbar, dass er dies nun auf den 'Baierischen
Lohengrin' bezog, den er ja nach Mareinbad als Kur-Lektüre mitgenommen
hatte, der allerdings tatsächlich sehr stark ausholt bei der Beschreibung
von Geschehnissen an den jeweiligen Höfen, der aber dann doch mit der Sage
nach den Brüdern Grimm zur Grundlage Richard Wagner’s Fassung wurde.
RW hält sich nicht
zurück mit Eigenlob. Zweifelsohne hat er die Handlung gestrafft und durch
neue Elemente verdichtet, wozu die Erfindung der Ortrud beiträgt.
Anfänglich wehrte er sich gegen die Arbeit am Lohengrin, obwohl ihn
“diese Erscheinung mich wohl rührte, keineswegs
mich aber zunächst schon bestimmte, diesen Stoff zur Ausführung mir
vorzubehalten.”
Und er geht noch weiter, wenn er sagt, dass “auch
weil die Form, in der Lohengrin mir entgegentrat, einen fast unangenehmen
Eindruck auf mein Gefühl machte” er noch Abstand nahm, sich mit
dem Stoff näher zu befassen.
Selbst wenn ihn die Sorge sehrte, kein Sujet mehr zu haben, das er hätte zur
Vertonung vorsehen zu können, “am allerwenigsten
war es haushälterische Sparsamkeit. die mich etwa vermocht hätte, den
gesammelten Vorrat nicht umkommen zu lassen”.
Suchen wir nach einer Begründung, warum der Stoff so geradezu abstoßend auf
ihn wirkte, so gibt ihn RW in erstaunlich drastischer Weise selber, denn
“Das mittelalterliche Gedicht brachte mir den
Lohengrin in einer zwielichtig mystischen Gestalt zu, die mich mit Mißtrauen
und dem gewissen Widerwillen erfüllte, den wir beim Anblicke der
geschnitzten und bemalten Heiligen an den Heerstraßen und in den Kirchen
katholischer Länder empfinden.”
Es ist zu bedenken, dass dieser Text aus einer Mitteilung an meine Freunde
aus dem Jahr 1851 stammt, er zu diesem Zeitpunkt bereits zwei Jahre im Exil
zugebracht und inzwischen auch die Feuerbach’sche Lehre kennen gelernt
hatte, also er mit einer anderen Überzeugung dem christlichen Glauben
gegenüber stand, als noch zur Zeit der Entstehung des Lohengrin in
unmittelbarer Folge des Tannhäuser mit seinen deutlichen Elementen der
katholischen Kirche und ihrer Heilslehre.
In Bezug auf die Dichtung wird er sehr deutlich, wenn er die Herkunft des
Stoffes für sich darlegt mit “Lohengrin ist kein
eben nur der christlichen Anschauung entwachsenes, sondern ein uralt
menschliches Gedicht; wie es überhaupt ein gründlicher Irrtum unserer
oberflächlichen Betrachtungsweise ist, wenn wir die spezifisch christliche
Anschauung für irgendwie urschöpferisch in ihren Gestaltungen halten. Keiner
der bezeichnendsten und ergreifendsten christlichen Mythen gehört dem
christlichen Geiste, wie wir ihn gewöhnlich fassen, ureigentümlich an: er
hat sie alle aus den rein menschlichen Anschauungen der Vorzeit übernommen
und - nur nach seiner besonderen Eigentümlichkeit gemodelt.”
Hatte er noch beim
Tannhäuser die Grimm’sche Sage übernommen in all ihrer kirchenbezogenen
Deutlichkeit und das Thema noch durch das Auftreten der Elisabeth als Nichte
des thüringischen Landgrafen als ‚Erlöserin’ überhöht, so spricht er sechs
Jahre nach der Uraufführung des Tannhäusers und ein Jahr nach der
Uraufführung des Lohengrin eine andere Sprache und teilt diese Überlegungen
der Welt in der Form mit, dass er nach der ersten Lektüre des Themas in
Paris 1842 und “erst als der unmittelbare Eindruck
dieser Lektüre sich mir verwischt hatte, dann der Grimm’schen
Sagen, wie er aus dem läuternden Forschungen der
neueren Sagenkunde hervorgegangen ist [...] tauchte die Gestalt des
Lohengrin wiederholt und mit wachsender Anziehungskraft vor meiner Seele auf
[...].”
So hatte er für sich in Anspruch genommen, “daß ich
den Lohengrin-Mythos in seinen einfacheren Zügen und zugleich nach seiner
tieferen Bedeutung als eigentliches Gedicht des Volkes kennen lernte,” und
“nachdem ich ihn so als ein edles Gedicht des sehnsüchtigen menschlichen
Verlangens ersehen hatte, das seinen Keim keineswegs nur im christlichen
Übernatürlichkeitshange, sondern in der wahrhaftesten menschlichen Natur
überhaupt hat, ward diese Gestalt mir immer vertrauter; und der Drang,”
das Thema aufzugreifen und zur Dichtung und Vertonung zu führen immer
deutlicher.
RW nimmt gänzlich für sich in Anspruch, den Stoff von allem Ballast einer
kirchen-katholischen Überfrachtung befreit zu haben und
“von dem widerspruchsvollen Wesen dieses
Einflusses sie so zu läutern, daß wir das rein menschliche, ewige Gedicht in
ihnen zu erkennen vermögen, dies war die Aufgabe des neueren Forschers, die
dem Dichter zu vollenden übrigbleiben mußte.”
(Aus: Eine Mitteilung an meine Freunde, 1851,
In Kenntnis der
Situation der Gralsritter legt RW und für die Welt fest, dass
[...] Lohengrin [...] das Weib [...], das an ihn
glaubte, [...] suchte [...] das nicht früge, wer er sei und woher er komme,
sondern ihn liebte, wie er sei und weil er so sei, wie er ihm erschiene. Er
suchte das Weib, dem er sich nicht zu erklären, nicht zu rechtfertigen habe,
sondern das ihn unbedingt liebe. Er mußte deshalb seine höhere Natur
verbergen, denn gerade eben in der Nichtaufdeckung, in der Nichtoffenbarung
dieses höheren - oder richtiger gesagt: erhöhten - Wesens konnte ihm die
einzige Gewähr liegen, daß er nicht nur um dieses Wesens willen bewundert
und angestaunt, oder ihm, als einem Unverstandenen, anbetungsvoll demütig
gehuldigt würde, wo es ihn eben nicht nach Bewunderung und Anbetung, sondern
nach dem einzigen, was ihn aus seiner Einsamkeit erlösen, seine Sehnsucht
stillen konnte: nach Liebe, nach Geliebtsein, nach Verstandensein durch die
Liebe, verlangte. Mit seinem höchsten Sinnen, mit seinem wissendsten
Bewußtsein wollte er nichts anderes werden und sein als voller ganzer; warm
empfindender und warm empfundener Mensch, nicht Gott, d. h. absoluter
Künstler: - So ersehnte er sich das Weib, - das menschliche Herz.”
Oder sieht er in dem
'Unverstandenen, dem anbetungsvoll demüthig gehuldigt würde’ und 'Gott’ sich
selber wegen des Unverständnisses, das das Publikum ihm entgegenbringt oder
das fehlende Verständnis seiner Frau für seinen Weg des Musiktheaters?
Warum nun RW aus einer
Gestalt, die aus einer Bruderschaft wie der Gralsgemeinschaft geradezu
ausbricht, dann zu einem Gott, dem absoluten Künstler hochstilisiert, kann
nur in seinem ausgeprägten Selbstbewusstsein gesucht werden.
Es ist von der
Forschung gerade in dieser Hinsicht immer wieder unternommen worden, den
Bogen vom Gott-Künstler-Richard-Wagner-Lohengrin zu dem Unverständnis seiner
Umwelt ihm gegenüber zu schlagen.
Ob dies sich so
unbedingt aus den Worten der ‚Mitteilung an meine Freunde’ aus dem Jahr 1851
ableiten lässt oder man auch sagen könnte ‚es steht doch deutlich zwischen
den Zeilen’, ist nicht mit absoluter Sicherheit festzulegen.
Dass RW das
überirdische Wesen Lohengrin dann ohnmächtig Ortrud und der Welt aussetzt,
in die dieser sich doch so unbedingt und zu einem Weib wünschte und damit
der Gefahr des Scheiterns aussetzte, ist fast nur unter dem Aspekt der
dramaturgischen Stärkung des theatralischen Ausdrucks zu sehen.
RW braucht
“das Staunen der Gemeinheit, das Geifern des Neides
[was ...] seine Schatten bis in das Herz des liebenden Weibes [wirft];
Zweifel und Eifersucht bezeugen ihm, daß er nicht verstanden, sondern nur
angebetet wurde, und entreißen ihm das Geständnis seiner Göttlichkeit, mit
dem er vernichtet in seine Einsamkeit zurückkehrt. [...] Elsa ist das
Unbewußte, Unwillkürliche, in welchem das bewußte, willkürliche Wesen
Lohengrins sich zu erlösen sehnt; dieses Verlangen ist aber selbst wiederum
das unbewußt Notwendige, Unwillkürliche im Lohengrin, durch das er dem Wesen
Elsas sich verwandt fühlt.”
Die Quellen geben RW
alle dichterische Freiheit und damit die Möglichkeit, den Schluss in ein
Verbleiben Lohengrins in Brabant zu ändern, aber durch das Einfügen der
dramatischen Gestalt der Ortrud mit ihrem Andersdenken schafft er die
Möglichkeit, von der Verstrickung Elsas in den Zwang für Lohengrins Rückkehr
in den Gral abzulenken und die Last des Unglücks von der reinen Frau
abzuleiten und dem gegnerischen Paar aufzubürden.
Und so meint er mit der Aussage, Ortrud sei “ein
Weib, das die Liebe nicht kennt. Hiermit ist alles, und zwar das
Furchtbarste, gesagt. Ihr Wesen ist Politik. Ein politischer Mann ist
widerlich, ein politisches Weib aber grauenhaft: diese Grauenhaftigkeit
hatte ich darzustellen.” grundsätzlich feststellen zu können,
dass damit die Basis für Ortruds Handeln gelegt sei.
Mit dem "ein politischer Mann ist widerlich"
spricht er sich selber die Legitimation ab, in Dresden auf die
Barrikaden gegangen zu sein oder ist die 1852 geäußerte Ansicht die
eines Bekehrten oder gilt es nur Stimmung für eine Amnestie zu machen.
Spricht RW vom
'widerlichen’ politischen Mann, so gibt er an dieser Stelle doch wieder den
Kommentar als politischer Mann ab, wenn er - emotional überzogen - seinen
Nichterfolg bei der Revolution in Dresden eingestehen muss.
Ortrud sah - und dies wird ausführlich an anderer Stelle dargelegt -
genügend Entwicklungen in ihrem Umfeld, wie die Gesellschaft unter dem
Einfluss der Kirche in Westeuropa Schäden anrichtete, die sich heute im 21.
Jahrhundert noch immer unter dem Einfluss der christ-katholischen Kirche in
ihrer ganzen Brutalität auswirken.
“Es
ist eine Liebe in diesem Weibe, die Liebe zur Vergangenheit, zu
untergegangenen Geschlechtern, die entsetzlich wahnsinnige Liebe des
Ahnenstolzes, die sich nur als Haß gegen alles Lebende, wirklich
Existierende äußern kann [...] .”
Die ‚entsetzlich wahnsinnige Liebe zur Vergangenheit’ bedeutet für RW das
Beharren auf alten Regeln nur aus reiner Opposition ohne Ziel.
Ortrud hingegen versucht durch ihre Einflussnahme eben durch das Anrufen
der 'längst verschollenen Götter’ auf Werte
hinzuweisen, die heute nicht mehr personifiziert dargelegt werden, sondern
in entsprechenden politischen Richtungsvorgaben für Umweltschutz, Antworten
auf Frauenfragen, Lösungen von Problemen der Überbevölkerung ihren
Niederschlag finden.
“Nicht Eifersucht auf
Elsa - etwa um Friedrichs willen - bestimmt daher Ortrud, sondern ihre ganze
Leidenschaft enthüllt sich einzig in der Szene des zweiten Aktes, wo sie -
nach Elsas Verschwinden vom Söller - von den Stufen des Münsters aufspringt
und ihre alten, anruft [...] Aber dies ist keine eigensinnige, kränkelnde
Laune bei Ortrud, sondern mit der ganzen Wucht eines - eben nur
verkümmerten, unentwickelten, gegenstandslosen - weiblichen Liebesverlangens
nimmt diese Leidenschaft sie ein: und daher ist sie furchtbar großartig.”
Heute, 150 Jahre nach
der Uraufführung und 155 Jahre nach dem Entstehen der Prosafassung und der
Text-Dichtung ist es unverständlich, dass damals eine Frau abgetan wurde,
weil sie angeblich die Liebe nicht kannte. Und obwohl sie die Liebe nicht
kannte, ist Ortrud bei RW furchtbar großartig. Sein Frauenbild – an anderer
Stelle abgehandelt – sah nur die kränkelnde, sich dem Mann mit unbedingtem
Gehorsam unterordnende Gattin oder
Im Gegensatz dazu die
'femme fatale‘.
Die handelnde Frau ist
bei RW immer die Außenseiterin.
“Jede Äußerung ihres Hohnes, ihrer Tücke muß die ganze Gewalt des
entsetzlichen Wahnsinns durchblicken lassen, der nur durch die Vernichtung
andrer oder durch eigene Vernichtung zu befriedigen ist.”
Somit ist auch
verständlich, warum RW die Rolle in der Vertonung der Text-Dichtung so
angelegt hat.
Sie ist zu besetzen
mit einem kraftvollen Mezzosopran, der über die ausreichende Tief und
Mittellage, aber auch in den dramatischen Höhen-Passagen über die notwendige
Durchschlagskraft verfügt.
Die schauspielerische
Darstellung steht in diesem Zusammenhang mit der Rollen-Interpretation
Richard Wagners, wenn er sagt: “Nicht das mindeste
Kleinliche darf daher in ihrer Darstellung vorkommen; niemals darf sie etwa
nur maliziös oder pikiert erscheinen.”
Die Forschung hat sich bisher mit der Rolle der Ortrud nicht weiter
auseinander gesetzt.
Die Hintergründe ihres Handelns sind auch mit den wenigen Aussagen des
Text-Dichters und Komponisten Richard Wagner - zumal sie zu anderen
Zeitpunkten als während der Entstehung des Werkes in der Zeit vom 11. Juli
1845 bis 28. April 1848 abgegeben wurden - nicht geklärt.
(Wird fortgesetzt)
Die Frauenrollen in der neapolitanischen Oper
Stimmfach und Charakter
Fortsetzung aus Heft 11
/ 2017 – Seite 19
2.3 Die Sängerinnen
Im Jahre 1484 hatte Papst Innozens VIII. seine Hexenbulle erlassen, Heinrich
Istitoris und Jakobus Sprenger als Inquisitoren in Deutschland eingesetzt,
in deren bis ins 18 Jahrhundert wirkendem Buch 'Malleus maleficarum' auch
ein Kapitel über die Frauenstimme nicht fehlen durfte.
"Wie nämlich die Frau von
Natur lügnerisch ist, so auch beim Sprechen. Denn sie sticht und ergötzt
zugleich: daher wird auch ihre Stimme dem Gesange der Sirenen verglichen,
welche durch ihre süße Melodie die Vorübergehenden anlocken und dann töten.
Sie töten, weil sie den Geldbeutel entleeren, die Kräfte rauben und Gott zu
verachten zwingen..."
Es folgen zahlreiche Bibelzitate, u.a. Prediger 7:
"Ich fand das Weib
bitterer als den Tod; sie ist die Schlinge des Jägers; ein Netz ist ihr
Herz; Fesseln sind ihre Hände; wer Gott gefällt, wird sie fliehen; wer aber
ein Sünder ist, wird von ihr gefangen werden."
Es ist bitterer als der Tod, d.h. der Teufel. 1775 war die letzte
Hexenhinrichtung in Deutschland (Kempten).
Immerhin gesteht Immanuel Kant den Frauen eine begrenzte Daseinsberechtigung
zu, denn:
"Das Frauenzimmer hat ein
vorzügliches Gefühl vor das Schöne so ferne es ihnen zukommt, aber vor das
Edle in so weit es am männlichen Geschlechte angetroffen wird. Der Mann
dagegen hat ein entschiedenes Gefühl vor das Edle, was zu seinen
Eigenschaften gehört, vor das Schöne aber, in so ferne es an dem
Frauenzimmer anzutreffen ist. Daraus muß folgen, daß die Zwecke der Natur
darauf gehen, den Mann durch die Geschlechterneigung noch mehr zu veredeln
und das Frauenzimmer durch eben dieselbe noch mehr zu verschönen. Ein
Frauenzimmer ist darüber wenig verlegen, daß sie gewisse hohe Einsichten
nicht besitzt, ... sie ist schön und nimmt ein und das ist genug."
Kant, Immanuel:
'Beobachtungen über das Gefühl des Schönen und Erhabenen'
Werke in 12 Bänden hrsg. von W. Welschedel Bd. II
Frankfurt/M 1960/61
Eine ähnliche Sicht der wegen der 'Natur' ihrer Gattung zu kulturellen
Leistungen nicht fähigen Frau beschreibt J.J. Rousseau:
"Junge Mädchen müssen
sofort an Zwang gewöhnt werden, damit er sie nie etwas kostet; sie müssen
daran gewöhnt werden, alle ihre Launen zu beherrschen, um sie dem Willen der
anderen unterzuordnen. .... Aus diesem gewohnheitsmäßigen Zwang entsteht
eine Gefügigkeit, deren die Frauen ihr ganzes Leben bedürfen, da sie niemals
aufhören, unterworfen zu sein, sei es einem Mann oder dem Urteil der Männer,
und es ihnen nie erlaubt ist, sich über dieses Urteil zu erheben. Die erste
und wichtigste Qualität einer Frau ist die Sanftmut."
Rousseau, Jean Jaques:
'Emile oder über die Erziehung'
Stuttgart 1970
"Sowohl im römischen Recht als auch in den verschiedenen deutschen
Rechtsbüchern, wie dem Sachsenspiegel und Schwabenspiegel, erscheint die
Frau als Eigentum des Mannes, unter der Vormundschaft des Vaters oder eines
Verwandten, und war sie verwitwet, auch unter der Vormundschaft ihres
Sohnes. Sie war nicht rechtsfähig und hatte keine Verfügungsgewalt über ihr
Vermögen. Diese Geschlechtsvormundschaft läßt sich bis ins 19. Jahrhundert
nachweisen, so wurde sie auf dem Gebiet Bayerns erst 1861 aufgehoben."
Aber noch
"dreimal, 1973, 1982 und 1990 verweigerten die Appenzeller Männer den Frauen
standhaft und stur den Zugang zur Landsgemeinde, zur alljährlichen
Volksversammlung, auf der gewählt und über kantonale Angelegenheiten
abgestimmt wird." Getreu ihrem Wahlspruch: "Erst der Mann, dann die Kuh,
dann - mit gebührendem Abstand - die Frau".
(Fredy Steiger In 'Die Zeit' vom 7.12.90)
Ein Terrain aber, das nicht mit der Faust zu erkämpfen war, sondern mit der
Stimme und der Kunst der Verwandlung haben sich die Frauen trotz aller
Anfeindungen schon früh erkämpft und nicht mehr verlassen: die Bühne.
In seinem Essay: 'Die Frau als Schauspielerin' schreibt Julius Bab:
"Es gibt eine Kunst, die
die Frau nicht als gelegentliche Ausnahme, als Helferin, als Kraft zweiten
Ranges beschäftigt, sondern an der von vornherein, in jeder Epoche, bei
jeder Gesellschaftslage, die Frau den vollsten, ebenbürtigen Anteil hat, und
in der mit vollster Ebenbürtigkeit Frauen die höchstmögliche Spitze
erreichen, die Männern zugänglich ist. Diesen ganz einzigen Platz im Umkreis
unserer gesamten Kultur nimmt die Schauspielkunst ein. Hier handelt es sich
nicht um beliebig zahlreiche Einzelausnahmen, nicht um Individuen, die sich
dem Grundsatz von der Aneignung der Frau zum Werkschaffen kraft größerer
Nähe an den männlichen Pol entziehen - hier steht auf bestimmtem Gebiet eine
ganze Gruppe von Frauen als große, als regelmäßige Ausnahme da. Als
Schauspielerin ist die Frau dem Manne seit langem ebenbürtig gewesen, und
die höchsten Werke der Schauspielkunst in unseren Tagen sind vielleicht von
den schönen Händen einer Frau geschaffen.
So lange ist die Schauspielerin dem Schauspieler ebenbürtig, wie es eine
Menschendarstellungskunst im heutigen Sinne überhaupt gibt: d.h. eine
persönliche, geistige und gemütliche Kräfte offenbarende, auf Erlebnis
bestimmter Menschlichkeiten zielende, auf dramatischer Dichtung aufgebauter
Körper-Bewegungskunst .... Wie das echte, im Grundsinne seiner Form
vollkommene, das nur im sprechenden Menschen offenbarte Drama, so ist auch
die Schauspielkunst erst in der Renaissance geboren worden; und fast im
selben Augenblick ist auch die Schauspielerin da. Bei den verschiedenen
Nationen freilich verschieden schnell. Italien hat schon im frühen Barock
(um 1600) in Isabella Andreini ein Stegreifkomödiantin, der Tasso und Ariost
Verse widmen, die der Kardinal Aldobrandini zur Tafel lädt, und die mit
ungeheuerem Erfolg am Hof von Versailles gastiert.
Zwei Generationen später hat die englische und französische Bühne
Schauspielerinnen von persönlicher Physlognomle. Shakespeare hatte für
seine eben erst aus der mittelalterlichen Tradition gelösten Bühne
bekanntlich noch keine weiblichen Darsteller; aber schon Corneille sah all
seine Heldinnen von Aktricen dargestellt.
Bald darauf führt der Magister Velten in Deutschland zuerst bei seiner
Truppe Schauspielerinnen ein und wiederum eine Generation später erhält
Deutschland in der Person der Karoline Neuber die erste bedeutende weibliche
Persönlichkeit seiner Theatergeschichte. Seitdem ist die ebenbürtige
Herrschaft der Frau in der Bühnenkunst nie wieder angefochten worden."
Bab, Julius:
'Die Frau als Schauspielerin'
Berlin 1915, Seite 24 - 26
Auf der Opernbühne setzten sich die Sängerinnen trotz Überlegenheit der
Kastraten im Umfang und der Tonstärke durch Geläufigkeit und Geschmeidigkeit
der Stimme, also mit den Gaben der Natur, durch, und Tosi rühmt:
"wie Frauen, wenn sie
sich bemühen, nach denselben Gesetzen eine Kunst lernen können, wie sie
selbst bei Männern von Ruf und Ansehen selten sind."
Browe, Peter S.J.:
Zur Geschichte der Entmannung
Breslau 1946, Seite 88 - 90
Die Namen der Sängerinnen, die sich neben Kastraten behaupten konnten und
sie allmählich verdrängten, haben bis heute ihren Glanz behalten, sei es
auch nur in Anekdoten, die genüsslich wiederholt werden. Immer aber sollte
man bedenken, in welch feindlichem Klima diese Frauen gearbeitet haben. Aus
der stattlichen Zahl bedeutender Interpretinnen, denen man in den
Hofchroniken begegnet (z.B. Moritz Fürstenau's Geschichte der Musik und des
Theaters am Hofe des Kurfürsten von Sachsen) greife Ich vier
Weltberühmtheiten heraus, deren Lebensläufe uns ein Bild des Musiklebens der
Zeit geben.
2.4 Biographien berühmter Sängerinnen
Marianna Bulgarelli-Benti, Sopran,
genannt 'La Romanina' geb. 1648, gest. 1734,
sang in den damaligen Musikmetropolen, vor allem in Rom, Genua, Neapel und
Venedig. sie trat dort in den für diese Epoche modernen Opern von A.
Scartatti, C.F. Pollarolo, L. Leo, Fr. Gasparini und anderer Meister auf,
als deren Interpretin sie hohes Ansehen genoss.
Eine
schicksalhafte Begegnung ließ sie mit Pietro Metastasio bekannt werden,
dessen künstlerische Fähigkeiten sie erkannte und ihn veranlasste, bei N.
Porpora Gesang und Komposition zu studieren. Auch wies sie ihm den Weg zur
Operndichtung und trat In seinen Stücken auf. 1730 ging sie nach Wien,
konnte dort aber nicht an ihre Erfolge in Italien anknüpfen. So kehrte sie
nach Italien zurück, wo sie sich in Rom zur Ruhe setzte.
2.
Faustina Bordoni-Hasse, Sopran (Mezzo),
geb. etwa 1695, gest. 1781,
stammte aus Venedig und war Schülerin von F. Gasparini und B. Marcello. 1716
hatte sie ein geradezu sensationelles Debüt in der Oper 'Ariodante' von C.F.
Pollarolo In Venedig. Sie entfaltete dann eine brillante Karriere an den
großen italienischen Opernbühnen dieser Epoche und wurde als die neue
Sirene' apostrophiert. 1719 hörte man sie in Venedig zusammen mit Francesca
Cuzzoni und dem Kastraten Bernacchi; 1722 gastierte sie in Neapel und
Florenz, wo man für sie eigens eine Medaille prägte. 1723 triumphierte sie
in München, 1725 in Wien.
Händel holte sie 1726 (für eine Jahresgage von 2500 Pfund Steriing) an die
von ihm geleitete italienische Oper in London, die im King's Theatre am
Haymarket unter dem Namen einer Royal Academy of Music auftrat. Das Debut
als Sängerin am 5.5.1726 in der Uraufführung von Händels 'Allessandro' wurde
ein überwältigender Erfolg für die Sängerin.
Allgemein bewunderte man ihre unfehlbare Gesangstechnik, ihre musikalische
Intelligenz und ihre aparte Bühnenerscheinung. Dies führte zu turbulenten
Auseinandersetzungen mit der bisherigen Primadonna des Ensembles, Francesca
Cuzzoni. Die Handgreiflichkeiten der beiden Kämpferinnen während einer
Aufführung der Oper 'Astianatte' von Bononcini am 6.6.1727 wurde in der
Beggar's Opera, die 1728 herauskam, satirisch in der Szene Polly - Lucy
vorgeführt.
Faustina Bordoni blieb Siegerin in dem Streit und sang in weiteren
Uraufführungen von Händelopern.
11.02.1727 Admeto, Re di Tessaglia,
22.11.1727 Riccardo 1, Re d'lnghilterra,
17.02.1728 Siroe
30.04.1728 Tolomeo.
Nach
dem Zusammenbruch der Academy of Music ging Faustina nach Auftritten in
Paris, Mailand und München wieder nach Venedig zurück. Dort heiratete sie
den deutschen Komponisten Johann Adolf Hasse (1699-1739).
Als
dieser 1731 zum Direktor der Dresdner Hofoper ernannt wurde, ging Faustina
Bordoni als gefeierte Primadonna an diese Bühne. Sie wirkte dort bis zu
Ihrem Rücktritt von ihrer Karriere 1751 mit anhaltendem Ruhm und sang in
zahlreichen Opern, die ihr Gatte für sie schrieb.
1742
sang sie in einer Galavorstellung anläßlich des Staatsbesuches von König
Friedrich II. und seines Bruders, des Prinzen Heinrich in der Oper 'Lucio
Papirio, Dittatore'.
Später gastierte sie auf Einladung des Königs in Berlin in 'Didone
abbandonata' von J.A. Hasse. 1764 sang sie bei den Krönungsfeierlichkeiten
Kaiser Joseph II. in Wien, wo sie von 1760 -1773 lebte und unterrichtete.
Ihre
letzten Lebensjahre verbrachte Faustina in Venedig, wo sie am 4. November
1781 verstarb, ohne daß die Welt, die einst so erfüllt von ihr war, Notiz
davon nahm.
Ihre
Stimme war nach heutigem Begriff ein Mezzosopran im Umfang von d'- a", von
großer Beweglichkeit und Leuchtkraft, dessen Stimmbiographie wir an den für
sie geschriebenen Arien ablesen können. Zudem priesen ihre Zeitgenossen (Oh.
Burney, A. Zeno, P. Metastasio, de Brosses, Scheibe, u.a.) ihre achtbare
Persönlichkeit, ihre Würde, - le sue cortesi e gentili maniere,- die sie
befähigte, die heldenhaften und pathetischen Gestalten ihres Repertoires zu
verkörpern.
Aus
ihrer letzten Opernproduktion in Dresden sei als Beispiel hier die Arie der
Attilia 'Goder con me' aus Attllio Regolo erwähnt.
An
dieser Arie läßt sich - trotz des nicht allzu großen Tonumfangs - die
außerordentliche Beweglichkeit von Faustina Bordonis Stimme ablesen, die sie
in der damaligen musikalischen Welt zur Berühmtheit machten.
3.
Vittoria Tesi-Tramontini, Alt,
geb. 1700 in Florenz, gest. 1775 in Wien,
studierte bei Francesco Redi in Florenz und In Bologna bei Campeggio. 1716
erfolgte Ihr Debut in Parma, 1717 war sie sehr erfolgreich in Bologna,
1718-19 wiederholten sich diese Erfolge bei Auftritten in Venedig, 1719 kam
sie an den Dresdner Hof, von wo sie auch in Polen gastierte. in den
zwanziger Jahren ist sie wieder In Italien anzutreffen. So werden von ihr
1727 glanzvolle Auftritte im Mailand gemeldet. Als das Teatro San Carlo am
4.11.1737 mit 'Achilie in Sirio' von Sarro eröffnet wurde, sang sie darin
eine Hauptrolle. 1739 war sie in Mailand. 1747-50 hatte sie große Erfolge in
Wien, wo sie sich danach als gesuchte Gesangslehrerin betätigte. Der
Komponist und Berliner Hofkapellmeister Johann Joachim Quantz beschreibt
ihre Stimme als
"einen
Contralto von männlicher Kraft"
und
rühmt ihren Vortrag von Musikwerken Händels. Charles Burney berichtet von
ihr
"Durch die Aktion aber die Zuschauer einzunehmen,
schien sie geboren zu sein, absonderlich in Mannsrollen, als welche sie zu
ihrem Vorteil fast am glücklichsten ausführte.'
4.
Francesca Cuzzoni, Sopran,
geb. etwa 1700 in Parma, gest. 1770 in Bologna,
war
die Tochter des Violinisten Angelo Cuzzoni, wurde durch Petrinio Lanzi
ausgebildet und ihr Debut erfolgte 1716 in ihrer Heimatstadt Parma. Nachdem
sie in Bologna und Venedig mit glänzenden Erfolgen aufgetreten war, wurde
sie 1722 durch den Impresario John Heidegger für das nach damaliger
Vorstellung riesige Jahresgehalt von 2000 Pfund Sterling an das King's
Theatre am Londoner Haymarket engagiert. Als sie nicht zeitig dort erschien,
schickte Heidegger ihr seinen zweiten Cembalisten Pier Guiseppe Sandoni
(1680-1748) entgegen, um sie nach London zu bringen. Auf der Reise dorthin
heirateten die beiden. In London setzte sie sich vor allem für das
Opernschaffen Händels ein und wirkte in zahlreichen Uraufführungen mit.
23.01.1723 |
'Ottone, Re di Germania'
als Teofane, |
02.03.172(3?) |
'Giulio Cesare' als
Cleopatra, |
31.10.1724 |
'Tamertano' als Asteria, |
13.02.1725 |
'Rodelinda' in der
Titelrolle, |
05.05.1726 |
'Alessandro' als Lisaura. |
Nach
dem skandalösen Streit mit Faustina Bordoni während der Oper 'Astianatte'
von Bononcini am 6.6.1727 musste sie mit ihrem Mann, von dem sie sich 1737
trennte, London verlassen. Sie ging jetzt nach Venedig, dann nach Wien, kam
aber 1734 nach London zurück, wo sie jetzt im Lincoln's Inn Fields Theatre,
das Händels Gegenspieler Nicola Porpora, mit seiner Truppe bespielte,
auftrat. Sie bleib hier bis 1737, sang um 1740 in der Operntruppe der Brüder
Mingotti in Deutschland, kam 1748 nochmals nach London zurück, fand dort
aber keinen Anklang mehr und mußte 1750 endgültig England verlassen. Sie
verarmte jetzt sehr schnell, wurde in Holland wegen ihrer Schulden ins
Gefängnis gesperrt und mußte schließlich in Bologna als Knopfmacherin ihr
Brot verdienen.
Johann Joachim Quantz beschriebt ihre Stimme, die den Ehrennamen 'Die
goldene Leyer' trug, so:
"Ein reiner, angenehm
klingender Sopran, einen klare Intonation und ein feiner Ausdruck; der
Stimmumfang reicht vom c' bis c".
Der Belcantismo, war also die Frucht einer denkwürdigen Leistung, die
Vokalisten, Instrumentalisten und Komponisten gemeinsam, sich gegenseitig
ergänzend, fördernd und anstachelnd, auf dem Gebiet der Phantasie, der
virtuosen Technik erbrachten. Das italienische 'Melodramma' entwickelte sich
hedonistisch und virtuosistisch, weil es ein Kind seiner Zeit war. Damit
stellte es durchaus nicht ein isoliertes Phänomen dar; die gesamte Musik der
barocken Ara war virtuosistisch und hedonistisch ausgerichtet; sie wollte
die gleichen Emotionen, das gleiche Staunen erwecken, wie die Dichter,
Maler, Bildhauer und Architekten.
Ebenso staunenswert waren die Frauen, die nach strenger Erziehung fähig
waren, erfolgreich Leistungen auf der Bühne zu erbringen, Instrumente zu
beherrschen, zu dichten, zu komponieren und sich der Gelehrsamkeit zu
widmen, fragt doch Christian Franz Paulini in seinem Traktat:
'Das Hoch- und
Wohlgelahrte Teutsche Frauenzimmer' (1705).
"Ob nemlich das Weibliche Geschlecht am Verstand dem Männlichen von Natur
gleich, auch zu Verrichtung Tugendamer Wercke und Thaten ebenso fähig und
geschickt sey."
Die großen Sängerinnen des 18. Jahrhunderts, von denen ich nur einige
erwähnt habe, deren Wirken aber in Hof- und Stadtarchiven nachzulesen ist,
haben sich einen unvergänglichen Platz in der Operngeschichte erkämpft, die
scholastische Weiblichkeitsbestimmung als 'animal imperfectum' (Thomas von
Aquin) überwunden, denn sie wurden als Mitglieder der compagnia anerkannt
und waren Partnerinnen von Autoren und Komponisten.
Da sich aber die Kirche, selbst die Protestantische, noch gegen ihre
Mitwirkung sträubte, schrieb Joh. Mattheson In den 'Critica musica'
(1722-25)
"Es steht nicht zu begreifen, warum man diesem schönen
Geschlechte verbieten will, das Lob Gottes an dem dazu gewidmeten Orte
öffentlich in seinem Munde zu führen. Sagt einer: die Person singt in der
Opera; so singen ja auch Männer allda. Sagt der andere: sie ist zu hübsch;
so müssen nur alle affige Gesichter aus der Kirche bleiben. Sagt der Dritte:
sie singt garzu lieblich; so hat man ja Ursache, Gottes Wunder in der
Menschenstimme zu preisen etc.
Summa, ich bleibe noch wie vor 12 Jahren bei den Worten stehen, daß wir die
Gaben Gottes mit Füßen treten, wenn wir unter nichtigen heuchlerischen
Vorwänden kein Frauenzimmer zur Kirchenmusik lassen und den Gottesdienst
also seines besten Schmuckes berauben."
Mattheson, Johann:
'Der vollkommene Kapellmeister'
Hamburg 1739
Nachdruck, 1954, Kassel, Band 2, Seite 230
(wird fortgesetzt)
Leserbrief
Sehr geehrte Frau Prof. Marie-Louise Gilles,
ich bin seit einiger Zeit Bezieher Ihres Mitteilungen. Ich bin in den 60er
Jahren über eine Anstellung als Beleuchtungstechniker im Opernhaus Hannover
zum Musiktheater gekommen. Mein letzter Besuch im Opernhaus galt "Hänsel und
Gretel“, Ende Dezember 2017. Aber nur, weil die Oper noch in der
Inszenierung von Steffen Tiggleler aufgeführt wurde.
Im Übrigen will ich Ihren Anmerkungen, was die Kritik am Regisseurtheater
betrifft, inhaltlich vollständig zustimmen. Vieles habe ich selber erlebt,
inclusive einer „Abwatschung“ durch Dr. Klügl, bei einer Fragestellung zum
„Freischütz“. Bei ihm treffen offenbar die Eigenschaften „Publikumshasser“
besonders zu. Kann eine Stadt so einen Intendanten (Künstlerisches
Betriebsbüro?) halten, die sich um einen Titel „Kulturhauptstadt" bemüht?
Kulturarbeit kann keine Nische sein, in der dorthin platzierte und bestallte
Leute tun und lassen können, was sie wollen. Schließlich greifen sie oft in
klassische Kunstwerke ein, verzerren sie und reißen sie aus dem Kontext der
Schöpfungszeit, wobei deren Autoren sich oft nicht mehr wehren können.
Ich habe mit meiner Frau und Bekannten lange Jahre ein Abonnement für das
Opernhaus belegt. Nachdem sich immer mehr die Verfremdung klassischer
Opernwerke abgezeichnet hat, haben wir die Abo’s gekündigt. Wobei wir nichts
gegen zeitgenössisches Theater haben, wir haben uns seinerzeit an modernen
Werken erfreut.
Ich schlage deshalb die Entwicklung eines Ethik-Grundsatzes vor, nachdem ein
vorgelegtes (klassisches) Werk prinzipiell nicht aus dem Kontext seiner
Schöpfungszeit verändert werden darf, weil es i.d.R. zu einer Veränderung
der Werkaussage führt. Das soll die Freiheit der Kunst nicht einschränken,
nur einen Bestandsschutz bewirken. Wir schrauben ja auch an einen
Barocktisch keine Gummirollen.
Ihr Journal lese ich mit großem Interesse, insbesondere die Vitae vieler,
mir noch bekannter, Schauspieler, aber auch Ihre Beschreibung der aktuellen
Situation im Musiktheater. Kleine Kritik: Sie schreiben von „Tänzerinnen“
und „Tänzer“. Ich halte das für etwas übertrieben: „Tänzer, die“ umfasst
Personen beiderlei Geschlechts. (—> "Christen" und „Christinnen"?)
Mit freundlichen Grüßen
Bruno Hanne
Nachtrag
Hallo Frau Gilles,
wenn es nützlich ist können die Mail gern als Leserbrief veröffentlichen.
- Auch gekürzt, wenn Sie wollen, das machen ja die Zeitungen auch.- Aber
bitte nicht anonym, wir wollen uns doch nicht auf das Niveau von facebook
begeben.
Ihr Vorschlag, einen Artikel für das Heimatland zu schreiben, ist sehr gut.
Sie erreichen ca. 4000 Leser und vor allem die Generation, die noch im
klassischen Theater schwelgen konnte.
Noch eine Anregung: Ich habe nicht nur Opern sondern auch Sprechtheater auf
der großen Bühne erlebt, z.B. "Die Physiker", "Prinz Friedrich von Homburg",
"Mutter Courage und ihre Kinder", u.v.m. Das waren packende Inszenierungen
in Hannover. Vielleicht könnten Sie die Stückbeschreibungen
(Inszenierungen?) in die „Mitteilungen“ schreiben.
Und „Mutter…“ könnte man, wg. des "runden“ Kriegsendes, mal wieder auf den
Spielplan setzen auch weil es die Situation in den aktuellen Kriegsgebieten
abbildet.
Mit freundlichen Grüßen und in der Hoffnung, dass ich Sie nicht in der
Sonntagsruhe gestört habe.
Bruno Hanne
Stellvertr. Präsident u. Schriftführer Hematbund
Niedersachsen e.V.
„Möge Gott dich vor dieser Oper beschützen“,
schrieb Puccini an seine Freundin Sybil Seligman über seine zweite Oper
Edgar, mit der ihm kein Glück beschieden war. Das Werk war bei der
Uraufführung 1889 an der Scala beim Publikum durchgefallen, woraufhin
Puccini zahlreiche Änderungen vornahm und den vierten Akt strich.
Mehr als 40 Minuten Musik – und zwar die beste des Werks. Gestrichen
aufgrund vermeintlicher Schwächen des Librettos. Das ewige Herumfeilen an
der Partitur verwehrte Edgar schließlich die Aufnahme in den Kanon von
Puccinis All-time-Opera-Hits. Teile des verworfenen vierten Akts verwendet
der Komponist in späteren Instrumental- und Vokalwerken, das Duett Amaro sol
per te m’era il
morire! recycelte er 1900 für seine Oper Tosca. Ist Puccinis Bühnenerstling
Le Villi von 1884 noch deutlich der Romantik verhaftet, hat Edgar bereits
alles, was Puccini später und bis heute zu einem der meistgespielten
Opernkomponisten machte.
Aber das Werk blieb ein „Ladenhüter“, lange Zeit galt der vierte Akt als
verschollen. Erst als sich 2007 die amerikanische Puccini-Expertin Linda B.
Fairtile daran machte, den erhaltenen Klavierauszug zu reorchestrieren,
rückte Simonetta Puccini (1929–2017), die exzentrische Enkelin des
Komponisten, die unversehrte Partitur heraus.
Simonetta, die uneheliche Tochter von Puccinis Sohn Antonio, klagte durch
alle Instanzen, bis sie endlich im Alter von 66 Jahren den Namen „Puccini“
tragen durfte, jahrzehntelang prozessierte sie
um die Villa ihres Großvaters in Torre del Lago.
Im Juni 2008 wurde der vierte Akt von Edgar konzertant unter Riccardo
Chailly beim Puccini-Festival in der Nähe von Lucca wiederaufgeführt. Nicht
die Mailänder Scala, nicht Covent Garden und nicht die MET brachten vier
Wochen später Puccinis „Ur-Edgar“ szenisch heraus, sondern das Teatro Regio
Torino. Unverständlich auch, und ein unglaublicher Glücksfall für
Regensburg, dass sich Berlin, Hamburg und München die Möglichkeit der
deutschen Erstaufführung entgehen ließen.
2016 stand in Dortmund die vieraktige Fassung von Edgar als konzertante
Aufführung auf dem Spielplan.
Ferdinando Fontanas Libretto nach einem Poème dramatique von Alfred de
Musset mag zwar hinreichend absonderlich sein, schlecht ist es nicht.
Liebe, Eifersucht, Rache, Vortäuschung des eigenen Todes, Brandstiftung,
Mord – Fontanas Vorlage hat alles, was das pralle Opernleben braucht,
ausmacht und ist. Seine Rollengestaltung der „maurischen Waisen“ Tigrana ist
unverkennbar inspiriert von Bizets Carmen. Müßig darüber zu spekulieren, ob
Puccinis Oper tatsächlich ungleich erfolgreicher gewesen wäre, wenn sie –
verdientermaßen
und wie Opernenthusiasten nicht müde werden zu beteuern – den Titel Tigrana
erhalten hätte.
Im Mittelpunkt des Stücks, das im Flandern des Jahres 1302 spielt, steht der
dem Alkohol verfallene Edgar, der sich mit dem engen Dorfleben und der
treuen Liebe seiner Verlobten Fidelia nicht zufrieden gibt. Erst flüchtet er
sich mit der Außenseiterin Tigrana in ein ausschweifendes Leben, bald darauf
wendet er sich dem anderen Extrem zu: Er geht zum Militär. Als siegreicher
Held kehrt er in sein Heimatdorf zurück – doch seine einstmals verzweifelte
Suche nach Halt hat sich in zerstörerische Selbstgerechtigkeit gewandelt.
Das Regieteam Hendrik Müller und Marc Weeger, das in der letzten Spielzeit
mit großem Erfolg Moritz Eggerts Oper Freax auf die Bühne gebracht hat,
kehrt ans Theater Regensburg zurück und zeichnet Edgars Transformation vom
Außenseiter zum glühenden Fanatiker in einem dystopischen Zukunftsszenario
nach.
Zur Stückeinführungs-Matinee am Sonntag, 22. April um 11:00 Uhr
im Neuhaussaal ist der Eintritt frei.
Einführung in Werk und Inszenierung finden jeweils 30 Minuten
vor jeder Vorstellung im Foyer Neuhaussaal statt.
Es singen und spielen: Yinjia Gong, Mario Klein, Seymur Karimov / Adam
Kruzel, Anikó Bakonyi, Vera Egorova-Schönhöfer, der Opernchor und der
Cantemus-Kinderchor (Einstudierung Alistair Lilley) sowie das
Philharmonisches Orchester Regensburg.
Die musikalische Leitung hat Tetsuro Ban, es inszeniert Hendrik Müller, für
Bühne und Kostüme zeichnet Marc Weeger verantwortlich.
Edgar
Oper in vier Akten von Giacomo Puccini (1858–1924),
Libretto von Ferdinando Fontana.
Deutsche szenische Erstaufführung der vieraktigen Fassung.
Sa, 28. (Premiere) und Mo, 30. April, 19:30 Uhr
im Theater am Bismarckplatz
Wilfried Minks
…. am 13. Februar 2018 in Berlin gestorben
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“Die Bühnenbilder von Minks in Bremen waren immer Bestandteil der Regie.
Sie nahmen dem Spiel der Schauspieler alle Zufälligkeiten. Einfälle, die
nicht vom Stücktext getragen wurden, gab es hier nie. Die Arrangements,
Worte und Gesten mussten höchst genau sein und hatten auf der nackten
Bühne gegenüber dem jeweiligen Spielgerüst sozusagen den Wahrheitsbeweis
anzutreten. Minks wollte weg vom Kulissenillusionismus, er schuf immer
realistische Räume, auch wenn
es künstliche Raumwelten waren.“
Klaus Völker – Mitglied der Akademie der Künste |
Ja, damals in Bremen!
Ja, ich war dabei!
Sentimentales Getue liegt mir nicht und früher war ja auch nicht alles
besser, aber die Jahre in Bremen bei Intendant Kurt Hübner waren prägend,
unvergesslich.
Wir waren ein Ensemble-Theater im besten Sinne.
Wir kannten unsere Kollegen vom Schauspiel, vom Ballett – besuchten
gegenseitig unsere Vorstellungen, arbeiteten miteinander, profitierten
voneinander.
Das Publikum, die überaus wachen Bremer Bürger, liebten und feierten uns,
luden uns nach Premieren ein oder schrieen Proteste wie “Aufhören“ gegen
missglückte Inszenierungen – wie bei einer ’Frau Luna’ des Regisseurs K.,
der leider nach Frankfurt und Bayreuth ’gehyped’ wurde.
Wieviele Schauspieler hatte Kurt Hübner in Bremen versammelt, die wir heute
als seltene Stars im Fernsehen erleben z.B. Bruno Ganz, die sich heute rar
machen auf den Bühnen, um den Erniedrigungen des Regisseurstheaters zu
entgehen.
Wir, das Opernensemble sangen nicht nur im Theater, wir waren in den großen
Konzerten im Dom dabei z.B. bei einer unvergesslichen
’Glagolytischen
Messe’
von Leos Janáček,
den Passionen und Kantaten, wir
waren bei Radio Bremen mit Klaus Bernbacher dabei und so durfte ich in der
Truppe des Erfinders des ’FLUXUS’ Wolf Vostell, im Funkhaus mit einem Rudel
kanadischer Wölfe heulen, Salatblätter kauen, wobei das Geräusch mit einem
Mikro an meiner Backe aufgenommen wurde. Das alles machte einen Mordsspaß
und schließlich kam noch Stockhausen dazu.
Wir führten unter der Leitung von Klaus Bernbacher ’Gurre-Lieder’ und die
’Erwartung’ von Arnold Schönberg auf.
In diesem Brodeln von Talenten unter den ordnenden Händen des Intendanten
Kurt Hübner und GMD Hans Wallat erlebte ich ’Orpheus und Eurydike’ und den
’Troubadour`im Bühnenbild und in den Kostümen von Wilfried Minks.
Im Rückblick war der ’Orpheus` ein Wunder an ewig gültiger Ästhetik (siehe
Titelbild der Nr. 2 der ’Mitteilungen’) und der ’Troubadour’ eine
phantastische optische Reise durch die Glücks-Phantasien und Ängste der
Figuren.
Das alles hatte Sinn im Dienst des Werkes, und so denke ich gerne an die
Zusammenarbeit mit Wilfried Minks zurück.
ML Gilles
Kommentar
In den 1970er
Jahren schrieb sich die Sopranistin Ileana Cotrubas den Frust von der Seele,
als es mit dem Regisseurstheater anfing.
Sie wurde als Sängerin, die ja angeblich keine Ahnung von Regie hat, in der
Luft zerrissen.
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1973 stieg sie in Wien aus einer
Neueinstudierung der Oper Eugen Onegin aus, 1980 ebenso bei den Proben
zu Don Pasquale an der Metropolitan Opera.1981 drohte sie aus einer
Produktion der Oper La Traviata an der Metropolitan Opera auszusteigen,
weil sie mit der szenischen Neueinrichtung des Regisseurs John Dexter
nicht einverstanden war.
1987 wandte sie sich nach einer
Aufführung der Oper La traviata am Opernhaus Zürich in einer Ansprache
an das Publikum und bat um Nachsicht, dass sie in dieser für sie optisch
unbefriedigenden Inszenierung des Regisseurs Nicolas Joel und des
Bühnenbildners Pet Halmen hatte auftreten müssen.
Quelle: Wikipedia
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Gelegentlich äußert sich heute der Eine oder der Andere, der nicht oder
nicht mehr von Regisseuren oder Intendanten abhängig ist, zur Lage der
Theater. Am 1. März 2018 erschien ein Interview in der Berliner Morgenpost,
in dem René Kollo bekannt gibt, dass er nochmals auf Tournee gehen will.
Das ist der eine Punkt.
Er sagt auch, dass er nicht mehr in die Oper geht, weil er nach zehn Minuten
schon böse sei, weil er gleich sehe, was alles falsch ist. Und wenn er dann
in der Mitte der Reihe sitze, dann könne er ja nicht gleich wieder
rausgehen, zumal alle ihn kennen. Und da gehe er eben gar nicht mehr hin.
Die heutige Regie sei zum größten Teil Unsinn. Es würden nicht die Stücke
inszeniert, sondern der Regisseur inszeniere sich selber und fülle sein
Bankkonto.
Wenn er heute in ’Tristan’ oder in ’Traviata’ gehe, dann habe das, was da
gezeigt werde, meist mit den Werken nichts mehr zu tun.
In Bayreuth habe er ’Rheingold’ gesehen und nach der Vorstellung mit viel
Rotwein zwei Stunden gebraucht, bis er wieder Mensch wurde.
Zitat
“Den
hätte ich umbringen können. So viel Dummheit habe ich in meinem Leben noch
nie gesehen, dazu war es beschissen musiziert. Es war ein furchtbarer
Abend.“
Zitatende
©
heerrufer.de
Schlussbemerkung
Der Krieg
gegen das Publikum wird von den Intendanten und ihren Regie-Lieblingen ohne
Rücksicht
auf Wirtschaftlichkeit und Zerstörung der Kunstform Theater geführt.
Gedrechselte ’Soziologen-Sprech-Artikel’ füllen die Programmhefte der
Schauspieltheater und verbreiten sich epidemisch schleichend auch ins
Musiktheater. In unverschämter Selbstüberschätzung drängen uns Autoren und
Regisseure ihre Kindheitstraumata auf, für die wir sie zwar bedauern, aber
wer will sich in Inszenierungen sich über Ekel-Performances ärgern?
Ist die Oper der Austragungsort ’sozioästhetischer’ Grundsatzfragen?
Ist das Werk, das Textdichter und Komponist mit größter Verantwortung
geschaffen haben, nichts als ein Abbruchgebäude, an dem sich die
Herrschaften per Dekonstruktion und Umfunktionierung, per Verheutigung, per
Herunterbrechen, per Politisierung, per Sexualisierung, per Trivialisierung
auch
noch zu unseren Lasten durch Verschwendung von Steuergeldern zu schaffen
machen?
Oft frage ich mich, wieso dieser plumpe Unfug den meisten Dirigenten
gleichgültig ist. Sie haben den Blick in der Partitur und im Orchester,
schnippen sekundenschnell einen Einsatz zu den Sängern auf
die Bühne, die Musik ist schön, egal ob der Zuschauerraum voll oder leer
ist.
Dass sich Christoph von Dohnanyi in Berlin von einer Neuenfels’schen
Scheußlichkeit distanziert und
die ’Salome’ wegen "Künstlerischer Differenzen" nicht dirigiert, ist ein
mutiger Schritt. Ob der erfahrene alte Herr, der alles in seinem Leben
genossen hat, auch genügend Kollegen aufweckt, ist mehr als wünschenswert.
In einem Aufsatz über ’Parsifal’ von 1983 schreibt mein unvergesslicher
Lehrer an der Folkwanghochschule und späterer Intendant, Günther Roth, für
den die Bühne immer ein Ort der Ästhetischen Inspiration und des Zaubers
war, der uns Mitwirkende und das Publikum über die miese kleine Welt
hinaushob:
“Warum nun gerade Wunder dem Wundertheater Oper nicht anstehen sollen,
sondern sich durch eben dieses Medium ganz selbstverständlich ergeben – ’das
macht den Meistern Pein.“
Unsere heutigen Regisseure würde er wohl nicht mehr mit einem charmanten
Meistersinger-Zitat bedenken, denn sie haben das Publikum so verärgert, dass
die Theater leer sind.
Am 17. Februar 2018 pries die HAZ die Produktion ’Der Freischütz’ in ihrer
Gruppierung ’AboPlus’
an: “Gewinnen Sie Ticket für die Oper ’Freischütz’“.
Trotz aller Bemühungen blieb der dritte Rang an jenem 6. März 2018 wieder
einmal geschlossen. Und dies nicht wie das Nds. Ministerium für Kultur und
Wissenschaft in mehreren Schreiben glauben machen will ’aus künstlerischen
Gründen’, sondern weil das Publikum die ’Freischütz’-Produktion schon seit
2015, ihrem erstmaligem Erscheinen, ablehnt und laut Kassenpersonal kaum
Karten im Falle der Wiederaufnahme abgesetzt werden können.
Der untenstehende Bildschirm-Ausdruck zeigt, wie wenig besucht die Nds.
Staatsoper Hannover am
6. März 2018 anlässlich der Wiederaufnahme des ’Freischütz’ war.
Alles, was farbig – rot, grün, gelb, blau dargestellt ist, zeigt die nicht
verkauften Karten zwei Stunden vor Beginn der Vorstellung am 6. März 2018.
Nur die grau kenntlich gemachten Plätze waren zu dem Zeitpunkt abgesetzt
worden.
Der dritte Rang war von vorn herein geschlossen.
ML Gilles
erscheint als
Printmedium als nichtkommerzielles Beiblatt zu
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